Ferrari: Leclerc für Räikkönen, Sauber mit Giovinazzi
Antonio Giovinazzi in Le Mans
Als Kimi Räikkönen 2012 in die Formel 1 zurückkehrte, wurde er gefragt, warum er bei Lotus nur einen Einjahresvertrag unterzeichnet habe. Seine Antwort: «Wer weiss, wie lange ich noch Formel 1 fahren werde und wer mich überhaupt will.» Inzwischen haben wir Frühstommer 2018 und Kimi ist noch immer da. Die Frage ist: Wie lange noch?
Sky-GP-Experte Martin Brundle: «Ferrari muss sich Sorgen machen um Kimi Räikkönen. Ich weiss, wie beliebt der Finne ist. Aber nach wie in Kanada eine halbe Minute hinter Vettel ins Ziel zu kommen, mit dem gleichen Auto, das kann man nicht ignorieren. Aus meiner Sicht hat Kimi das Ende seines Weges erreicht. Er zeigt ab und an fabelhaften Speed, aber er kann Höchstleistung nicht mehr konstant abrufen. Und er unterstützt Vettel zu wenig. Der Markentitel ist Ferrari sehr wichtig. Wenn sie den holen wollen, brauchen sie im kommenden Jahr einen Fahrer wie Charles Leclerc.»
«Der Monegasse ist aus dem richtigen Holz geschnitzt. Er fährt über den Möglichkeiten seines Sauber-Renners, so wie das früher Senna im Toleman tat oder Alonso im Minardi. Es hat mich tief beeindruckt, wie unberührt Leclerc in Spanien war, mit Alonso im Nacken. Er hat eine grosse Zukunft in diesem Sport, auch wenn er nicht unbedingt wie ein Racer aussieht, eher wie ein verwunderter Harry Potter.»
Ende 2018 wird nur Michael Schumacher mehr Grands Prix für Ferrari bestritten haben als Kimi. Ein weiterer Einjahres-Vertrag für Kimi wäre ein Ja zur Stabilität und ein Nein zum Risiko. Die Fraktion in Maranello, die dafür gewesen ist, der Jugend endlich eine Chance zu geben (Charles Leclerc oder Antonio Giovinazzi), diese Fraktion hat sich vor einem Jahr nicht durchsetzen können. Dieses Mal ist es anders: Denn inzwischen beweist Leclerc im Sauber, dass er zu Grossem bereit ist.
Bemerkenswert bei Ferrari: Vor und nach Felipe Massa 2006 (der Brasilianer war damals 24 Jahre jung) hat Ferrari in der Formel-1-Neuzeit immer auf erfahrene Piloten gesetzt, nie auf die Jugend. Es wurden als Stammfahrer stets Fahrer unter Vertrag genommen, die mindestens schon einen Podestplatz errungen hatten oder bereits GP-Sieger und Weltmeister waren. Die Denke dabei: Nur zwei bewährte GP-Sieger bringen Ferrari in die Lage, ein Wörtchen um den Konstrukteurs-Pokal mitreden zu lassen.
Falls Ferrari wirklich Charles Leclerc aus dem Sauber holt und 2019 in den zweiten Werkswagen setzt, ist sein Nachfolger programmiert: der 24jährige Italiener Antonio Giovinazzi, derzeit dritter Mann bei Ferrari.
Ferrari-Star Sebastian Vettel unterstreicht immer wieder, welch elementare Rolle Giovinazzi im Werk spiele – wenn er parallel zum Renn-Team vor Ort zuhause im Simulator Daten sammelt. Die italienischen Techniker loben seinen Fleiss und seine präzisen Angaben.
Dennoch ist Giovinazzi in der Ferrari-Hackordnung von Leclerc überholt worden. Weil einerseits Charles so gut gefahren ist und weil andererseits Antonio seine Chance bei Sauber nicht nutzen konnte: Gutes Rennen Anfang 2017 in Australien (Zwölfter), dann Schrott in Shanghai, Giovinazzi war für den verletzten Pascal Wehrlein eingesprungen.
Versuche von Ferrari, den jungen Giovinazzi für 2018 in einen Haas-Renner zu bringen, waren gescheitert: Romain Grosjean und Kevin Magnussen haben kugelsichere Verträge. Seither ist viel passiert: Der Däne Magnussen ist sehr guter WM-Zehnter, nur sieben Zähler hinter dem siebtplatzierten Nico Hülkenberg; Romain Grosjean hingegen steht mit dem starken Hass-Renner nach neun Rennen ohne Punkte da. Seine Zukunft im US-amerikanischen Team ist ungewiss.