Hans-Joachim Stuck: «Das war eine einzige Tragödie»
Beim Start kam es zu einer Massenkarambolage
Als wäre es ein schlechtes Filmdrehbuch: Zwei Teamkollegen sind Konkurrenten um den WM-Titel, der eine gewinnt, der andere stirbt in einem Unfalldrama. Und das alles in einem Riesenchaos.
Leider kein schlechter Film, sondern Realität, zwei Mal, in Monza. 1961 Phil Hill (Champion) gegen seinen Ferrari-Teamkollegen Wolfgang von Trips (tödlich verunglückt und mit ihm 13 Zuschauer), vor 40 Jahren – am 10. September 1978 – Mario Andretti gegen Ronnie Peterson.
Obwohl der Schwede, damals 34, in der WM nur mit zwölf Punkten hinter seinem Lotus-Kollegen Andretti an zweiter Stelle lag und damit selbst noch hätte den Titel holen können, akzeptierte er die Stallorder zugunsten des Amerikaners. Er hatte einen Nummer-2-Vertrag bei Colin Chapman unterschrieben.
Nach einem schweren Trainingsunfall (Bremsdefekt) musste Peterson vom neuen 79er in den alten Lotus 78 umsteigen. Beim Start kam es zu einer Massenkarambolage: Nachwuchsfahrer Ricardo Patrese fuhr innen, musste sich vor der ersten Kurve ins Feld einordnen, wo ihm aber James Hunt keinen Platz liess. Die beiden touchierten und trafen Peterson, dessen Wagen auseinanderbrach und in Flammen aufging. Hunt und Clay Regazzoni zogen ihn aus dem Wrack. Acht weitere Fahrer konnten nicht mehr ausweichen, der Italiener Vittorio Brambilla wurde von einem Rad am Kopf getroffen – und überlebte.
Peterson, der keine Brandwunden erlitten hatte, wurden in der Nacht an den Beinen operiert – und verstarb dabei an einer Embolie.
Unmittelbarer Augenzeuge des Unfalls war Hans-Joachim Stuck (Shadow). Er erzählt: «Ronnie war auf der Anreise nach Monza am Mittwoch davor mit seiner Barbro mein Gast in Garmisch. An den Unfall selbst kann ich mich kaum erinnern. Ich weiss noch, wie ich neben ihm und Brambilla im Streckenkrankenhaus lag und dachte, Vittorio würde es nicht schaffen. Aber Ronnie schien nicht so schwer verletzt, trotz offener Beine. Ich wurde abends entlassen. Am nächsten Morgen traf ich im Hotel Fossati Barbro, die mir weinend entgegenkam, und sagte, ’der Ronnie ist tot’. Ich konnte es nicht fassen.»
Auch Stuck bezeichnet den zehnfachen GP-Sieger (den letzten gewann er 1978 auf dem Österreichring) nicht nur als einen der Letzten aus der Gentleman-Generation, sondern auch als «grosses Vorbild»: «Wir fuhren ja nicht nur gegeneinander in der Formel 1, sondern waren bei BMW unter Jochen Neerpasch Teamkameraden im Tourenwagen.»
Das Rennen wurde nach einem weiteren Zwischenfall von Jody Scheckter erst gegen 18 Uhr gestartet. Weil Andretti und Gilles Villeneuve wegen Frühstarts eine Zeitstrafe bekamen, hiess der Sieger nach verkürzter Distanz Niki Lauda im Brabham-Alfa – Petersons March-Kollege 1971/72. Es war der bisher letzte Sieg von Alfa Romeo in der Formel 1.