Vettel vs. Verstappen: Rennunfall oder Harakiri?
Sebastian Vettel
Es war wie immer nach einer Kollision: Zwei Fahrer, zwei Meinungen. Max Verstappen hatte kein Verständnis für den Überholversuch von Sebastian Vettel in der Anfangsphase des 17. Saisonrennens in Suzuka. Er sah sich im Recht.
Im Recht sah sich auch Vettel, der wetterte, Verstappen habe die Tür zugemacht. Er hat mich gesehen und hat auch seine Linie verteidigt, aber innen war Platz. Dann hat er mir aber keinen Platz gelassen. Dass er weitergefahren ist, ist nicht richtig und dass ich derjenige bin, der sich dreht, ist nicht verdient», wetterte der Deutsche: «Es ist bei ihm immer wieder ein Problem. Auch bei Kimi hält er dagegen, wo man nicht mehr dagegen halten sollte.»
Für die Stewards war die Sache relativ schnell klar: Keine Strafe, Rennunfall.
Rennleiter Charlie Whiting: «Seb hat innen ein Manöver versucht, das man machen kann. Er war halb daneben, Max hat dann eingelenkt. So etwas sehen wir ganz oft. Die Kommissare geben normalerweise keine Strafen, wenn sie sich nicht sicher sind, dass ein Fahrer die Hauptschuld trägt. Die Meinungen gehen auseinander, ob die Schuld wirklich gleich verteilt ist. Es war sicher nicht ein Fahrer der Hauptschuldige.»
Wie sehen es denn die Teamchefs?
«Für mich war es ein Rennunfall. Das Manöver kam ein bisschen spät und war offensichtlich zu ungestüm. Bei Max weiß man ja, dass er keinen Zentimeter lässt», sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner: «Das wird wahrscheinlich leider das Ende seiner WM sein. Ich bezweifle aber, dass Max sich heute Freunde in Italien gemacht hat.»
Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene meint ebenfalls: «Wenn wir da über einen Rennunfall reden, ist es in Ordnung für mich.»
RTL-Experte Christian Danner sieht die Schuld ebenfalls eher bei Vettel. «Wie Vettel sagte: Max lässt keinen Platz. Aber das weiß ich vorher. Und wenn ich vorher weiß, dass er da keinen Platz lässt, darf ich es auch nicht versuchen. Das war ein bisschen „wishful thinking“. Er hast sich gewünscht, dass es gut geht, obwohl er wusste, dass es nicht gut gehen wird. Aus Verzweiflung heraus, denn es ging um eine der letzten Chancen. Dann probiert man es halt.»
Mika Häkkinen gab Vettel Recht. «Er musste es versuchen. Sonst wären die Mercedes weg gewesen. In seiner Situation muss er jedes Risiko gehen. Ich kann Seb verstehen.» Ex-Weltmeister Damon Hill erklärte: «Falscher Ort, falsche Zeit. Vettels Motor hat mehr Power, er hat DRS, und er weiß, dass Max eine Fünfsekunden-Strafe bekommt. Da muss er taktischer fahren. Für mich war es eine Verzweiflungstat.»
Kritik an Verstappen gab es aber für sein Manöver gegen Vettels Teamkollegen Kimi Räikkönen. Der Niederländer schoss nach einem Ausritt neben der Strecke wieder auf die Piste zurück und drängte dabei Räikkönen in die Wiese. Dafür kassierte der Niederländer eine Fünf-Sekunden-Strafe, die er (oh Wunder) nicht nachvollziehen konnte. Als «lächerlich» und «dumm» bezeichnete er die Strafe.
«Ich bin ein Verstappen-Fan und finde es toll, wie er immer kämpft. Aber in dem Fall muss er einsehen: Wenn er mal Weltmejster werden will, kann er sich solche Aktionen sparen», sagte Danner.
Horner findet die Strafe «ein bisschen hart» und meinte: «Max hat natürlich einen Fehler gemacht. Er hat die Reifen blockiert und ist von der Strecke gekommen. Und als er wieder rauf wollte, ist hm einfach der Platz ausgegangen. Wie soll man da aus dem Weg gehen?»
Jacques Villeneuve meinte: «Da gehört Verstappen mal richtig bestraft. Er hat Kimi das kaputtgemacht. Fünf Sekunden dafür sind viel zu wenig.»