MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Michael Schumacher: Harte Schale, butterweicher Kern

Von Mathias Brunner
​Am 3. Januar ist die deutsche Rennlegende Michael Schumacher 50 Jahre alt geworden. Als Ferrari-Star wurde ihm in England das Etikett Roboter verpasst. Nichts könnte von der Wahrheit weiter entfernt sein.

Ich musste immer wieder ein wenig schmunzeln über die leicht verzweifelten Versuche der englischen Klatschpresse, Michael Schumacher zum Bösewicht der Bösewichter zu stempeln. Gewiss, der Deutsche konnte auf der Piste die Ellbogen sehr weit ausfahren und sich in Bereiche vorwagen, die für andere Piloten tabu waren. Aber dieses Bild des ewig hässlichen Deutschen, möglicherweise auf dem Nährboden eines gestörten Verhältnisses zwischen zwei Nationen geboren, das passte im Kern nicht zu Michael Schumacher. Denn für den siebenfachen Weltmeister galt: Harte Schale des Racers, aber innen drin, im privaten Kreis bei Familie, Freunden und Mitarbeitern, da war Schumi butterweich.

Michael Schumacher ist am 3. Januar 50 Jahre alt geworden. Zuhause in der Schweiz kämpft er sich nach seinem Skiunfall vom Dezember 2013 ins normale Leben zurück. Ferrari hat ihm zu Ehren im Firmenmuseum eine grosse Ausstellung eröffnet, aus der ganzen Welt rieselten Glückwünsche und warme Worte herab. Die Fans haben Schumacher nicht vergessen, ich finde das bewegend.

Aber ich habe mich oft gefragt, ob Schumacher während seiner Rennkarriere nicht verkannt wurde. In der ersten Phase seiner Formel-1-Karriere floh er aus Unsicherheit in Phrasen, die ihm Marketing-Spezialisten eingetrichtert hatten. Er wirkte bisweilen künstlich bis arrogant, aber das war er nicht. Er musste früh lernen, dass einem das Wort sehr schnell im Mund verdreht werden kann. Also lieber nichts Kontroverses sagen. Mit der Zeit und mehr Erfolg wurde er gegen aussen selbstbewusster.

Fitness-Fanatiker Schumacher stieg nach einem Rennen aus, als hätte er um die Ecke rasch frische Croissants geholt. Seine Gegner sahen aus, als kämen sie aus der Sauna. Das hat das Bild vom Fahr-Roboter verfestigt. Zumal Schumacher in der Lage war, scheinbar mühelos auf höchstem Niveau eine atemberaubend schnelle Runde nach der anderen zu fahren, wie ein menschliches Metronom. Wer Schumacher kannte, der konnte über das Etikett Roboter nur müde lächeln: Ganz im Gegenteil war der 91fache GP-Sieger grossherzig und einfühlsam.

Nur wenige Menschen kennen Schumacher so gut wie die frühere Journalistin Sabine Kehm. Sie arbeitet seit rund zwanzig Jahren an seiner Seite, zunächst als Pressesprecherin, dann als Managerin. In einem Podcast der offiziellen Formel-1-Seite sagt sie: «Michael war immer eine warmherzige Person. Aber er wollte gegen aussen nicht so wahrgenommen werden. Er hatte das Gefühl, dass ihm das etwas an Konkurrenzfähigkeit nehmen würde, jedenfalls was die Einschätzung der Öffentlichkeit angeht.»

Sabine Kehm erzählt, was mir viele Ferrari-Mitarbeiter damals verraten hatten. Es war Schumacher wichtig, die Namen seiner Mitarbeiter zu kennen, ihre Geburtstage nicht zu vergessen, an Weihnachten eine kleine Aufmerksamkeit zu verschenken. Es war auch Schumi, der einen Ferrari-Angestellten zur Seite nehmen und ein paar tröstende Worte spenden konnte, im Wissen, dass vielleicht der Haussegen schief hängt oder jemand erkrankt ist. Sabine Kehm: «Michael wusste, dass er von den Menschen sehr viel verlangte. Aber es war ihm wichtig, den Mitarbeitern etwas zurückzugeben, sie für ihre aufopfernde Arbeit zu belohnen.»

Das erzeugte ein Klima, wie es nur ganz wenige Rennfahrer schaffen konnten: Die Menschen waren dazu bereit, die Ärmel noch höher zu krempeln, um Schumacher das bestmögliche Auto hinzustellen. Sie wussten: Im Cockpit sitzt ein Mann, der alles gibt. Also wollten auch sie alles geben.

Michael Schumacher ist Familienmensch durch und durch. Sabine Kehm: «Corinna und er sind das perfekte Paar, auch heute noch. Wenn er nach Hause kam und die Kinder kamen angerannt, dann war die Formel 1 ganz, ganz weit weg. Michael brauchte diese Privatsphäre. Seine Familie gab ihm die Energie, um die eigene Batterie wieder aufzuladen. Er hat diese zwei Leben sehr konsequent getrennt.»

Viele Menschen verändern sich mit Erfolg, Ruhm, Geld. Nicht so Michael Schumacher. Sabine Kehm: «Michael ist tief in der Familie verwurzelt. Und er hat es geschafft, Freundschaften aus der Kindheit bis heute zu bewahren. Er hat einen Kreis von sehr engen Freunden zu behalten.»

Menschen, die dabei halfen, die Dinge in der korrekten Perspektive zu sehen in dieser bisweilen verrückten, kleinen Welt namens Formel 1, Menschen, die Schumi nicht mögen, weil er der erfolgreichste Rennfahrer ist, sondern weil er Michael ist.

Letztlich gab es zwei Menschen: Den Rennfahrer Schumacher und den Privatmenschen Michael. Sabine Kehm: «Ich fand den Unterschied zwischen diesen beiden Seiten extrem. Er war wie zwei verschiedene Persönlichkeiten. Klar wollte er das so. Er wollte eine öffentliche Person als Rennfahrer sein. Er hatte aber auch ein sehr starkes Gefühl für Privatsphäre, die er brauchte, neue Energie zu tanken.»

«Er war privat wirklich eine völlig andere Person, locker, überhaupt nicht methodisch wie als Formel-1-Rennfahrer. Er genoss sein Leben, er liebte es, Spass zu haben und mit seinen Freunden etwas zu unternehmen.»

«Nach seinem Rücktritt sagte Michael: “Weil Corinna sich so sehr in den Dienst meiner Leidenschaft gestellt hat, will ich ihr etwas zurückgeben und ihr jetzt meine Zeit widmen.” Und das hat er auch getan.»

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