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Bernie Ecclestone: «Lasst die komplexe Technik weg»

Von Gerhard Kuntschik
Nur noch Zaungast in der Formel 1: Bernie Ecclestone

Nur noch Zaungast in der Formel 1: Bernie Ecclestone

Der frühere GP-Zirkusdirektor Bernie Ecclestone sprach in Spielberg mit SPEEDWEEK.com über die Regeln für 2021, die aktuelle Reifendiskussion und die Aussicht auf den nächsten Schumacher in der Formel 1.

Seit 2017 ist der langjährige Formel-1-Chef Bernie Ecclestone (88) «nur» noch Zuschauer, nachdem Liberty Media die Vermarktung übernahm. Doch der Brite kommt weiter zu einzelnen Rennen, schaut die anderen im TV an.

Und er ist Österreich-Freund: «Solange es hier einen Grand Prix gibt, bin ich da», sagte er im Interview mit SPEEDWEEK.com. Wohl einzigartig: Das Projekt Spielberg stellt dem Baumeister der modernen Königsklasse weiterhin ein eigenes Büro zur Verfügung.

Willkommen zurück, Bernie. Gefällt Dir die aktuelle Formel 1?

Ich mag die Marke weiterhin, ja. Ich rege mich aber wie viele andere auch auf, weil die Rennen nicht mehr so gut sind. Es ist kein Rennfahren mehr. Die Entwicklung verlief langsam, seit vielen Jahren. Verzweifelt wäre das falsche Wort für Veränderungen, die dringend notwendig wären, aber irgendwer müsste sie umsetzen. Und zwar schnell. Es ist für mich so wie mit einem alten Haus. Man kauft, renoviert es, macht es super. Und irgendwann hat es seinen Charakter verloren, ist es zu super. Nein, klinisch. Und das trifft jetzt auf die Formel 1 zu.

Welche Regeln würdest Du für 2021 und später festlegen?

Die ganze Formel 1 muss verändert werden, das ist das Problem. Nicht stückweise, es braucht einen großen Wechsel. Veränderung ist nicht immer gut, sie muss gut werden.

Was hältst Du von der aktuellen Reifendiskussion?

Keiner versteht, was hier geschieht. Nicht nur die Zuschauer, auch die Teams und Fahrer rätseln. Jetzt sprechen alle davon, dass die Reifen Rennen fahren. Wozu? Wieso? Wir sind an einem kritischen Punkt, wenn man über die spricht und nicht über den Champion. Teams sollten sich zusammensetzen und eine Entscheidung herbeiführen.

Auch der Hybridantrieb wird kritisiert...

Wir sind mit dem Motor gefangen, weil so viel investiert wurde. Es ist ein Ding, ist es gut für die F1? Vermutlich nicht. Der Motor sollte nur das Auto antreiben, nicht dazu führen, dass man die Serie nicht mehr versteht. Telemetrie, Aerodynamik, Reifen – das ist kein Rennsport mehr. Wir kommen alle in einem Auto zum Rennen. In dem sollte man darüber reden, wer gewinnen wird, nicht darüber, warum alles so schlecht geworden ist. Es ist ein Rennen, lasst die komplexe Technik weg.

Sollte Spielberg nach 2020 im Kalender bleiben?

Es wäre völlig dumm, würde man Spielberg verlieren. Es sollte 20 Rennen pro Jahr geben, daran halte ich fest. Nicht mehr, nicht weniger.

Wenn Du an Niki Lauda denkst, was fällt Dir ein?

Ich erinnere mich an alles, was mit ihm zu tun hat. Alles! Ich habe das Gefühl, wenn ich mich hier umschaue, dass er noch unter uns ist. Jeder liebte ihn. Ich will nicht glauben, dass er nicht mehr da ist. Niki war speziell, für jeden. Niemand kann sich über ihn beschweren, jeder liebte ihn.

Was denkst Du über Mercedes-Boss Toto Wolff?

Totos Position ist gut, er macht alles für Mercedes, hat gute Leute um sich, er macht einen tollen Job. Aber ob er einmal für Liberty Media arbeiten sollte? Keine Ahnung. Abwarten.

Wird die Formel E einmal eine Konkurrenz?

Wir werden irgendwann E-Autos auf der Strasse haben, egal was alle anderen jetzt glauben. Die Serie ist gut, wird sich weiter verändern. Und mit ihr ändert sich auch das Verhalten auf der Strasse und natürlich der Hersteller.

Verfolgst Du die Formel 1 weiter regelmässig? Und wo hältst Du Dich meistens auf?

Ich sehe jedes Rennen noch im TV, schalte nicht ab wenn es mir nicht gefällt. Ich habe hier noch gute Freunde, manche rufen an, fragen nach meiner Meinung. Ich habe aber auch viele Aufgaben in Brasilien, eine Kaffeebar. Mir wird nicht fad. Die meiste Zeit lebe ich aber, neben Brasilien und London, in der Schweiz.

Nächstes Jahr ist der 50. Todestag von Jochen Rindt...

2020 sind es 50 Jahre? Das darf doch nicht wahr sein! Ich treffe Nina (Rindt) noch hin und wieder, sie will nächste Woche nach London kommen.

Sehen wir bald wieder einen Schumacher in der Formel 1?

Ein Sieger in einem Ferrari wäre fantastisch für die Formel 1, ein Schumacher noch mehr. Das wäre der neue Superstar, und dann interessiert die Formel 1 wieder alle. Auch in Deutschland!

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