Esteban Ocon: Mercedes und Renault vergessen Zoff
Toto Wolff, Cyril Abiteboul und Esteban Ocon in Singapur 2016
Die Teamchefs Toto Wolff (Mercedes) und Cyril Abiteboul (Renault) waren sich im Frühsommer 2018 einig: Der junge Esteban Ocon sollte als Leihgabe zwei Jahre lang in Gelb fahren und dann die Möglichkeit erhalten, zu Mercedes-Benz zurückzukehren. Dann ging alles schief. Denn es passierte etwas, womit fast keiner im Fahrerlager gerechnet hatte: Daniel Ricciardo hatte keine Lust mehr auf Red Bull Racing und unterzeichnete bei Renault, als Stallgefährte von Nico Hülkenberg. Damit war Ocons Weg zu Renault verbaut.
Der nächste Stolperstein für Ocon: Lawrence Stroll kaufte mit einer Gruppe weiterer Investoren Force India, das Team heisst heute Racing Point. Logisch, dass der Milliardär seinen Sohn Lance dort unterbringen wollte. Damit fiel Esteban zwischen Stuhl und Bank. 2019 verbrachte Ocon als Reservist von Mercedes.
Toto Wolff war verärgert und maulte: «Ich mag Cyril. Aber wenn er ein Gentleman mit Handschlagqualität werden will, muss er erst wieder zu einem Gentleman werden. Wir sehen uns alle Optionen an. Esteban ist ein Thema, weil er einer der vielversprechendsten jungen Fahrer ist. Er verdient es, Formel 1 zu fahren.»
Wolff und Abiteboul rauften sich zusammen, Ocon fährt doch noch Renault, einfach mit einem Jahr Verspätung. Er sitzt 2020 und 2021 im französischen Werksrenner, das Band zu Mercedes ist nur noch lose.
Toto Wolff sagt vor dem Singapur-GP: «Wir haben nie den Glauben verloren, dass wir für Esteban eine Lösung finden. Natürlich waren wir damals nicht erfreut, wie sich das alles entwickelt hat, und da rutscht einem halt die eine oder andere Bemerkung heraus. Aber dann muss man nach vorne blicken. So läuft das in diesem Geschäft – es wird mit harten Bandagen gekämpft, aber danach muss man vergeben können. Letztlich habe ich den Respekt vor Cyril oder Renault nie verloren.»
Abiteboul zeigt Reue: «Natürlich war mir nicht wohl dabei, wie sich die Dinge im vergangenen Jahr entwickelt haben. Es war damals weniger eine Entscheidung gegen Ocon als vielmehr für Ricciardo. Ich möchte nicht auf Details eingehen, aber das ist von unseren zwei Firmen nicht ideal gehandhabt worden. In diesem Jahr lief das besser: Wir waren beiderseits sehr offen darüber, was wir planen und an welche zeitlichen Abläufe wir uns halten. Die Verhandlungen waren durchsichtig und hatten nur ein Ziel – dass Esteban wieder Grand-Prix-Fahrer wird. Ich bin froh, dass wir das gemeinsam geschafft haben.»