Dr. Helmut Marko über Mini-GP 2020: «Absurd»
Dr. Helmut Marko
Formel-1-CEO Chase Carey will den Grand-Prix-Sport aufpeppen, umgesetzt wird das von Sportchef Ross Brawn. Auf dem Tisch liegt dabei unter Anderem folgendes Vorgehen: Bei Rennen, die sich in den vergangenen Jahren als spannungsarm erwiesen haben (Barcelona oder Le Castellet, um zwei Beispiele zu nennen), soll am Samstag ein Minirennen über 100 Kilometer stattfinden, das entspricht einem Drittel der normalen Renndistanz. Die Aufstellung für den Mini-GP würde nach umgekehrtem WM-Stand erfolgen. Das Ergebnis aus dem Mini-GP ergäbe dann die Aufstellung für Sonntag.
Die Denke von Brawn & Co.: Ein WM-Leader Hamilton würde es im Mini-GP kaum bis an die Spitze schaffen, also müssten er und andere Spitzenfahrer sich am Sonntag weiter vorkämpfen. Das alles erzeugt Action.
Ferrari-Star Sebastian Vettel hat vor kurzem in einem Wort festgehalten, was er von solchen Plänen hält: «Bullshit.»
Sein früherer Wegbegleiter, Red-Bull-Chefberater Dr. Helmut Marko, ist von solch künstlichen Eingriffen ebenfalls wenig angetan. In der jüngsten Sendung «Sport und Talk aus dem Hangar-7» von ServusTV sagt der Le-Mans-Sieger von 1971: «Diese Pläne sind absurd. Wenn das auf Strecken wie Monte Carlo, Singapur oder Barcelona gemacht wird, auf Strecken, wo der Überholen ganz schwierig oder gar unmöglich ist, dann brauchst du die Reihe gar nicht umzudrehen, weil sich ohnehin nichts ändern wird.»
Marko findet den Denkansatz von «Formula One Management» falsch. «Unser Sport sollte sich vielmehr ein Beispiel an Fussball oder Tennis nehmen. Da haben sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen dreissig, vierzig oder fünfzig Jahren grundlegend nicht geändert. Der Zuschauer muss verstehen, nach welchen Regeln ein Grand Prix durchgeführt wird. Und am Ende sollte der beste Mann gewinnen, es sollte keine künstlichen Eingriffe geben. Wir haben bereits den verstellbaren Heckflügel, das so genannte ‚drag reduction system’, DRS, und andere Mittel, um die Spannung zu erhöhen.»
«Was wir vielmehr tun müssten: Ein Reglement so zu formulieren, dass die Chancengleichheit erhöht wird. Vor allem muss die Wichtigkeit der Aerodynamik verringert werden. Das Fahren hinter einem Gegner ist so schwierig geworden, dass wegen der ganzen Luftwirbel nicht nur der Anpressdruck verringert wird, sondern auch die Reifen überhitzen. Sie verlieren ihre Haftung, der Fahrer rutscht noch mehr, ein Teufelskreis. Dort müssen wir den Hebel ansetzen. Heute sind gewisse Rennen monoton, weil das Überholen so schwierig ist.»
Max Verstappen hat die Grossen Preise von Österreich und Deutschland für Red Bull Racing-Honda gewinnen können. Dr. Marko: «Ich habe vor der Saison mal beiläufig angekündigt, dass wir fünf Rennen gewinnen werden. Ich bin noch immer davon überzeut, dass wir das schaffen können.»