Ralf Schumacher: «Vettel ist den Nummer-1-Status los»
In 180 Grands Prix hat Ralf Schumacher fast alles gesehen im Grand-Prix-Sport. Der WM-Vierte von 2001 und 2002 arbeitet heute für die deutsche Sky und beobachtet genau, wie sich die Situation zwischen den Ferrari-Piloten Sebastian Vettel und Charles Leclerc entwickelt.
Der sechsfache GP-Sieger sagt: «Ferrari befindet sich in einer sehr schweren Situation, weil Teamchef Mattia Binotto beide Fahrer im Zaum halten muss. Man hat nun Sebastian Vettel das ein oder andere Mal erklären müssen, dass er für Charles Leclerc Platz machen soll und nur Zweiter werden darf – aber, das ist heikel, denn man will ja einen Spitzenfahrer auch nicht brechen. Ferrari braucht beide Piloten, um Punkte für das Team zu sammeln. Aktuell ist das verdammt schwierig. Der Konkurrenzkampf ist einfach zu gross und es fängt an, intern ein wenig politisch zu werden.»
«In Sotschi hat Vettel nach dem Start seine Chance gesehen und hätte die Führung freiwillig wahrscheinlich nicht abgegeben. Das Team hat das dann mit den Boxenstopps ganz elegant gelöst. Ich bin aber dennoch der Meinung, dass – wenn ein Tausch vereinbart – man sich an solche Abmachungen halten solllte.»
«Insgesamt sehe ich Sebastian Vettel als einen sehr fairen Teamkollegen. Ich habe eher das Gefühl, dass Leclerc genau weiss, was er will. Er hat Vettel bereits da, wo er ihn haben wollte. Sebastian Vettel ist den Nummer-1-Status los. Weil Ferrari die Zukunft eher in Leclerc sieht.»
«Erfreulicher ist bei der Scuderia die Entwicklung des Autos. Vom Motor her war man ja schon das ganze Jahr voraus. Jetzt hat man einfach auch das Auto dazu gebaut und die Schwachstellen aussortiert.»
«Trotzdem hat Mercedes immer noch das bessere Paket, und die jüngsten Verbesserungen in Suzuka helfen dabei. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass die Silberpfeile schneller könnten, wenn sie wollten. Aber es macht gerade überhaupt keinen Sinn für Mercedes, das jetzt zu zeigen. Bald ist die WM-Mission erfüllt, und dann kann man sich schon auf das nächste Jahr konzentrieren.»
«In Japan erwarte ich ein enges Rennen zwischen Mercedes und Ferrari. Mercedes sehe ich in gewissen Streckenabschnitten stärker, speziell im ersten, wo sich die S-Kurven befinden. Aber die Geraden werden den Ferrari zu Gute kommen. Mit dem Update von Honda und dem neuen Rennsprit traute ich Max Verstappen mit Red Bull Racing einen Podestplatz zu.»