Suzuka vor dem Taifun Hagibis: Nichts geht mehr
Schotten dicht am Suzuka Circuit: Die Pistenbetreiber der japanischen Traditionsrennstrecke haben ihre Anlage so gut wie möglich auf den kommenden Taifun Hagibis vorbereitet, der am Samstag die Region treffen wird. Keiner weiss, in welchem Zustand sich die Rennstrecke am Sonntag befinden wird.
Die Japaner haben Erfahrung im Umgang mit Wirbelstürmen und arbeiten schnell und gründlich: Den Teams wurden zahlreiche Sandsäcke zur Verfügung gestellt, um die Boxen abzudichten. Da waren mehr Gabelstapler unterwegs als Formel-1-Autos.
Das Problem hier: Die Boxengasse von Suzuka ist abschüssig, das macht es leichter, dass Wasser eindringen kann. Die Tore sind abgedichtet und verschlossen. Ich kann mich daran erinnern, wie 2004 vor dem Sturm Ma-On sogar Kleinlaster quer vor die Garagentore gestellt wurden, um einem Eindrücken der Rolltore entgegen zu wirken. Der Wind war damals so stark, dass einige Laster glatt verschoben wurden!
Wie jetzt auch wurden die Journalisten damals gebeten, sich mit Lebensmitteln auszurüsten und den Sturm dann in ihren Hotels auszusitzen. Ehrlich gesagt, fand ich das ein wenig übertrieben. Als ich am Samstagmorgen aus dem Fenster blickte und die ersten Wellblechdächer vorbeizischten, änderte ich ziemlich schnell meine Meinung.
Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wurde am Suzuka Circuit abgebaut: Signal-Anlagen, Werbung, Kommandostände. Zelte wurden entweder zusammengeklappt oder mit in den Beton eingelassenen Haken zusätzlich gesichert. Einige Teams räumten ihre Gastbereiche aus. Die Teams haben ihr Material höher in der Box gelagert, für den Fall der Fälle, dass doch Wasser eintritt.
Als der Formel-1-Tross die Strecke am Freitagabend verliess, herrschte schon fast gespenstische Ruhe. Ein herrlicher Abendhimmel war zu sehen, im wahrsten Sinne des Begriffs die Ruhe vor dem Sturm. Kaum vorstellbar, dass hier bald Wind mit 150 km/h den Regen herumpeitscht.
Die Siegerpodest-Konstruktion, die von Rennen zu Rennen reist, ist ebenfalls demontiert worden. Die Formel 1 braucht sie in zwei Wochen in Mexiko. Notfalls stünde eine zweite in England bereit, die nach Mittelamerika geflogen werden kann.
Die Verkleidungen der Box, etwa die Tafeln mit Namen von Teams und Piloten, wurden heruntergenommen. Die TV-Zentrale von Formula One Television wurde abgebaut, die empfindlichen Geräte sind in der Boxenanlage untergebracht. Dort, wo üblicherweise Safety- und Medical-Cars stehen. Die grossen Videowände, auf welchen die Fans das Geschehen und die Zeitenliste verfolgen können, sind ebenfalls demontiert worden.
Die Zuschauer wurden gebeten am Freitag die Rennanlage früh zu verlassen. Der Verkehr rund um die Strecke war zäh. Fans und Fachleute sind dringend angewiesen, am Samstag nicht zur Strecke zu kommen und sich während des Sturms nicht im Freien aufzuhalten.
Eine Rumpfmannschaft von Fachkräften bleibt an der Piste. Sie überwacht die Sicherheit und den Unterhalt. Pro Teams sind zwei Menschen erlaubt.
Die Fahrer mimen Lockerheit: Max Verstappen sprach davon, dass er mit anderen Piloten ein wenig FIFA spielen werde. Daniel Ricciardo fand, das sei doch der richtige Moment, um in der Bowling-Bahn des Suzuka Circuit Hotels ein paar Kugeln zu schieben. Daraus wird wohl nichts: Die Bowling-Bahn dient bei Wirbelstürmen als Notunterkunft und ist für den normalen Betrieb geschlossen.
Last but not least: Wieso heisst dieser Taifun eigentlich Hagibis? Die Bezeichnung stammt von den Philippinen und bedeutet so viel wie Schnelligkeit (ausgerechnet!). Er ist der vierte Sturm, der diesen Namen trägt (nach 2002, 2007 und 2014). Im asiatisch-pazifischen Raum teilen sich die betroffenen vierzehn Länder die Namensgebung, bei diesem Wirbelsturm waren die Philippinen an der Reihe. Taifune werden seit dem Jahre 2000 benannt, zuvor wurden sie einfach durchnummeriert.
Ebenfalls immer wieder gefragt: Was ist der Unterschied zwischen einem Taifun, einem Hurrikan und einem Zyklon? Wettertechnisch keiner – alle beschreiben die gleiche Art Wirbelsturm. Im Atlantik und Nordpazifik werden sie als Hurrikane bezeichnet, nach dem karibischen Gott des Bösen. Im Nordwest-Pazifik heissen die gleichen Stürme Taifune (aus dem Griechischen für Wirbelwind) und im südwestlichen Indischen Ozean sowie im südwestlichen Pazifik schliesslich Zyklon (ebenfalls aus dem Griechischen, für rotierend).