Chase Carey über Regeln 2021: Keine Frist für Teams
Formel-1-CEO . Chase Carey
Dieser Donnerstag, 31. Oktober, ist für die Formel 1 ein wegweisender Tag: Der so genannte Weltrat des Autoverbands FIA, gebildet aus Vertretern von Automobilklubs der ganzen Welt, wird die Formel-1-Regeln abnicken, die ab 2021 gelten werden. Die grössten Änderungen, aufs Wesentliche eingedampft: Gerechtere Preisgeldverteilung, Budget-Obergrenze, neue Aerodynamik, andere Entscheidungs-Struktur für Regeländerungen.
Am Mittwoch hat Formel-1-CEO Chase Carey eine Telefonkonferenz mit Wall-Street-Analysten abgehalten. Dabei sprach der in Irland geborene US-Amerikaner ausführlich über die Auswirkungen des neuen Reglements für die Königsklasse. Der Mann mit dem markanten Schnauzer zerstreut Bedenken, wonach die GP-Teams den kommenden Budgetdeckel umgehen könnten. Etwa, indem sie 2020 erheblich mehr investieren.
Grundsätzlich gilt ab 2021 eine Obergrenze von 175 Millionen Dollar. Carey ist überzeugt davon, dass dieser Budgetdeckel funktioniert. «Gerenell ist die Ausgangslage unverändert. Die Teams bauen jedes Jahr ein neues Auto. Wir sehen 2020 als Übergangsphase, mit dem Ziel, für die Teams eine finanziell gesündere Struktur zu erzeugen.»
«Wir haben zusammen mit Vertretern der FIA sehr viel Zeit und Hirnschmalz investiert um festzulegen, was in diesen 175 Millionen enthalten sein soll und was nicht. Die Teams werden von unabhängigen Fachleuten durchleuchtet, ob sie sich an den Deckel halten. Wir wollen Transparenz, was die Rennställe im kommenden Jahr hinsichtlich 2021 ausgeben.»
«Da Jahr 2020 ist gewissermassen ein Testlauf dafür, wie wir ab 2021 die Einhaltung des Kostendeckels überwachen. Vielleicht stossen wir dabei auf die eine oder andere Delle, die wir ausbügeln müssen.»
Carey äussert sich nicht dazu, was passiert, wenn diese unabhängigen Prüfer der Ansicht sind, dass sich ein Team nicht an den Deckel hält. Der 65-Jährige sagt dazu lediglich: «Das hätte Konsequenzen, eine Strafe wäre unvermeidlich. Diese Strafen sind noch nicht definiert, aber sie würden erheblich sein.»
Es ist zu erwarten, dass der FIA-Weltrat die neuen Regeln gutheisst.
Die nächste Frage dann: Wann unterzeichnen die zehn Rennställe das so genannte Concorde-Abkommen? Das ist die Formel-1-Verfassung gewissermassen, welche die sportlichen und wirtschaftlichen Belange regelt des Dreiecks FOM (Formula One Management), FIA (Autoverband) und Teams.
Carey weiter: «Es geht ja nicht nur um die erwähnten Punkte, wir sollten auch die neue Entscheidungsstruktur nicht vergessen, die wir 2021 einführen.»
Zur Erinnerung: Die heutige Entscheidungsfindung in der Formel 1 ist überaus kompliziert. Verschiedene Arbeitsgruppen reichen ihre Ideen der so genannten Strategiegruppe weiter. Die besteht aus Vertretern von sechs Rennställen (gegenwärtig Ferrari, Red Bull Racing, Mercedes, McLaren, Williams und Renault, als bestplatziertes der anderen Teams), des Autoverbands FIA (Jean Todt) sowie FOM (Formula One Management, mit Formel-1-CEO Carey. Jede dieser drei Parteien besitzt sechs Stimmen. Die weiteren Teams dürfen an Sitzungen teilnehmen, haben aber kein Stimmrecht. Natürlich waren diese Rennställe wenig begeistert.
Ideen der Strategiegruppe gehen nach einem Mehrheitsentscheid an die Formel-1-Kommission weiter. Die Formel-1-Kommission hat nur die Möglichkeit, einen Vorschlag abzunicken oder abzulehnen. Ist ein Vorschlag durchgewunken, geht er vor den FIA-Weltrat. Die Erfahrung zeigt: Nur ganz selten wird dort ein Vorschlag gestoppt.
In der Zukunft sieht das so aus: Die Strategiegruppe und die Formel-1-Kommission werden abgeschafft. Einhelligkeit beim Beschluss neuer Regeln wird ebenso auf den Müll gekippt. Dies passiert Ende 2020, wenn das gegenwärtige Reglement ausläuft.
Neu wird es ab 2021 ein Gremium aus 30 Repräsentanten geben: 10 Stimmen der Teams, 10 Stimmen der FIA, 10 Stimmen hat FOM. Für Änderungen nach dem 1. Mai für die folgende Saison sind 28 von 30 Stimmen notwendig. Für Änderungen vor dem 1. Mai sind es 25 von 30. Damit haben chronische Nein-Sager künftig ein schwereres Leben.
Carey: «Das Ziel besteht darin, dass wir möglichst schnell eine Einigung mit den Teams finden. Wir sind nun in der Lage, dass wir den Rennställen darlegen können – okay, so wird künftig regiert, und das sind die neuen Regeln. Natürlich könnten wir Fristen festlegen. Aber die Abkommen mit den Rennställen sind bilateral.»
Anders gesagt: Wenn die Teams wissen, womit sie es ab 2021 im Detail zu tun haben, können sie sich das anschauen und dann entscheiden, ob sie unter diesen Bedingungen im GP-Sport bleiben wollen.
Die heutigen Abkommen mit den Rennställen laufen Ende 2020 aus.