Neue Motor-Direktive der FIA: Ferrari als Zielscheibe
In Texas wirkten die Ferrari zahnlos
Red Bull Racing-Star Max Verstappen hatte in Austin eine Dynamitstange zum Explodieren gebracht, deren Lunte schon länger brannte. Der siebenfache GP-Sieger meinte auf die Frage des niederländischen Senders ZiggoSport nach dem USA-GP, wie er sich das schwache Abschneiden von Ferrari erkläre: «Das passiert eben, wenn man nicht mehr trickst.»
Verstappen spielt auf die technische Direktive Nummer 35/19 der FIA an. Red Bull Racing war beim Autoverband vorstellig geworden und hatte gefragt, ob eine bestimmte Art der Benzinversorgung legal sei. Solche Anfragen der Rennställe kommen fast täglich vor. Ebenso üblich ist es, dass die Regelhüter der FIA daraufhin eine Antwort an alle Teams senden, mit einer Klärung, was als legal und was eben als illegal eingestuft wird.
Die von der FIA unbestätigte Unterstellung lautet, dass Ferrari möglicherweise in Sachen Benzinfluss eine Grauzone im Reglement nutzte, um in bestimmten Situationen durch mehr Spritfluss mehr Leistung und damit bessere Beschleunigung zu erzeugen. Die Gegner können sich den gewaltigen Speed der roten Renner auf den Geraden nur zum Teil erklären. Ein windschlüpfiges Auto ist eines, aber Motorleistung etwas Anderes. Die FIA hat immer betont, dass der Ferrari legal sei. Sie wollte aber ein mögliches Schlupfloch im Reglement stopfen.
Ferrari-Teamchef Mattia Binotto meinte vor dem Rennwochenende in Amerika: «Wir sind da ganz entspannt. Ein Protest gegen Ferrari? Ja, gerne! Dann hört vielleicht mal das ganze dumme Gerede auf. Die Regelhüter der FIA schauen sind konstant alle Daten des Fahrzeugs an, sie prüfen die Motoren hinter den Kulissen, so wie sie das seit Jahren machen.»
Dennoch blieb im Raum stehen: Ferrari hatte vielleicht eine Lücke im Reglement gefunden oder mehrere, Red Bull Racing hat darauf aufmerksam gemacht, die FIA-Techniker haben eine Lücke geschlossen.
In Texas wirkte Mattia Binotto nach einer zahnlosen Vorstellung seiner Renner im Grand Prix etwas weniger entspannt: «Ich habe hier einige Kommentare von Gegnern gehört über eine technische Direktive und die angebliche Auswirkung auf unser Auto. Ich bin von einigen Kommentaren sehr enttäuscht. Um genau zu sein, hatte Seb am Samstag gute Chancen, hier die Pole zu erringen, die Abstände waren klein, es hat nicht viel gefehlt. Charles verlor das dritte Training, wir mussten einen anderen Motor einbauen, der weniger Leistung abgab. Wir hätten also durchaus auf dem üblichen Niveau fahren können.»
«Im Rennen waren wir schwach, aber das lag nicht am Speed auf den Geraden. Solche Aussagen sind falsch und nicht gut für den Sport. Da sollten einige Leute mit ihren Worten vielleicht ein wenig vorsichtiger umgehen.»
«Diese Direktive ist die 35. des Jahres, so wie üblich werden wir die zuhause im Werk in aller Ruhe anschauen. Wir haben aufgrund dieser Direktive an unserem Motor überhaupt nichts geändert.»
Auf die technische Direktive 35 des Jahres 2019 vor Austin folgt nun Ausgabe 38 vor Interlagos: In ihr wird präzisiert, dass keine wie immer geartete Flüssigkeit aus Bereichen wie Ladeluftkühler oder Energierückgewinnung in einen Brennraum gelangen darf. Die Direktive 38/19 ist ein Verwandter einer ähnlichen Klarstellung aus dem Jahre 2018 – damals machten die Regelhüter klar, dass es nicht erlaubt ist, Öl in Brennräume einzuspeisen, das eigentlich für die Kühlung gedacht wäre.
Wer hier Ferrari offen oder hinter vorgehaltener Hand verdächtigt, wird in Interlagos Antworten erhalten: Mehr als einen Kilometer lang führt die Piste hier von der Junçao-Linkskurve zu Start und Ziel den Berg hoch. Wenn sich ein Plus an Power irgendwo zeigt, dann hier.