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Strafe für Ferrari: Wieso war die FIA so milde?

Von Mathias Brunner
Charles Leclerc in Abu Dhabi

Charles Leclerc in Abu Dhabi

​50.000 Dollar Strafe für Ferrari nach dem WM-Finale von Abu Dhabi, aber Charles Leclerc konnte seinen dritten Platz behalten. Wieso hat sich die FIA beim WM-Finale für eine so milde Strafe entschieden?

Vor einigen Jahren kursierte in der Formel 1 der Witz: FIA – die Abkürzung des Automobilverbands Fédération International de l’Automobile – stünde in Wahrheit für «Ferrari International Assistance». Viele Gegner der Italiener murrten, weil sie davon überzeugt waren, Ferrari geniesse eine Sonderstellung und werde in fragwürdigen Situationen mit Samthandschuhen angefasst.

Der Witz hat frische Aktualität gewonnen, denn im Fahrerlager und Mediensaal gingen tief in der arabischen Nacht von Abu Dhabi die Augenbrauen hoch: 50.000 Dollar Strafe nur für ein Vergehen von Ferrari, was die Angabe der Spritmenge angeht – das ist doch nicht mehr als ein Klapps auf die Finger.

Was war passiert? Wir haben für das GP-Jahr eine Maximalmenge von 110 Kilogramm Kraftstoff, die ein Fahrer im Rennen verbrauchen darf. Klar tanken die Teams mehr als das: Schliesslich müssen die Wagen zum Vorstart fahren, die Einführungsrunde zurücklegen, die Auslaufrunde absolvieren und am Schluss muss genügend Benzin im Tank sein, damit drei Proben genommen werden können. In der Regel beläuft sich das Plus an Benzin bei rund zehn Kilogramm (Spritmengen in der Formel 1 werden nach Kilo gemessen, nicht nach Litern).

Bei einer Stichprobe des FIA-Technikpolizisten Jo Bauer und seiner Kollegen vor dem Start kam heraus – die Spritmenge im Ferrari von Charles Leclerc und die von den Italienern gemeldete Zahl bezüglich obiger Menge unterschieden sich; «markant», wie der Deutsche in seinem Bericht festgehalten hatte.

Später kam heraus: Der Unterschied beträgt 4,88 Kilogramm (ungefähr 6,6 Liter).

Bauer stützte sich auf die technische Direktive 14 der Saison 2019, in welcher festgelegt wird, in welcher Art und Weise vor dem Rennen die Spritmenge ermittelt wird und wie die Rennställe dabei vorgehen müssen. Vereinfacht erklärt: Die Teams sind verpflichtet, die Spritmenge jedes Fahrers zu melden. Die FIA macht dann Stichproben, ob dieser Wert der tatsächlich getankten Menge entspricht. Was bei Ferrari eben nicht der Fall war.

Wieso ist die Strafe für ein klares Vergehen so milde ausgefallen? Es gibt dafür drei Gründe.

Grund 1: Vor der Saison war in Direktive 14 der GP-Saison 2019 festgelegt worden, wie die Teams Spritmengen melden müssen. Eine Direktive ist streng genommen keine Regel. Das Prozedere beim Tanken und bezüglich Stichproben ist nicht im Reglement verankert. Eine Verletzung dieser Direktive betrifft den Sportkodex, nicht das technische Reglement.

Grund 2: Ferrari gewann durch die 4,88 Kilogramm mehr Sprit keinen Vorteil – ganz im Gegenteil schleppte Leclerc zu viel Kraftstoff herum, eher ein Nachteil. Natürlich witterte die Konkurrenz: Ferrari trickst mit der Durchflussmenge (maximal 100 kg pro Stunde), für kurzfristige Leistungsspitzen, das braucht natürlich mehr Benzin. Aber die FIA-Regelhüter stellten in Abu Dhabi fest, dass Ferrari zu keinem Zeitpunkt die Obergrenze der Durchflussmenge übertroffen hat.

Grund 3, und dies entspringt eher dem Bauchgefühl: Welches Bild gibt die Formel 1, wenn die Saison mit einem handfesten Streit beendet wird? Die Saison sollte nicht mit einem Skandal enden.

Die Konkurrenz hatte noch vor dem Rennen einen Ausschluss des Autos von Charles Leclerc gefordert. Aber Formel-1-Rennleiter Michael Masi wehrt sich nach dem Rennen: «Eine Überprüfung des Tankinhalts im Detail erfordert Zeit, die hatten wir vor dem Start nicht. Und man muss einem Wettbewerber schon die Möglichkeit einräumen, sich zu erklären. Also kam ein Startverbot nicht in Frage.»

Fazit: Ferrari hat die Spritmenge falsch angegeben, das ergab eine Busse. Ferrari hat technisch nichts falsch gemacht, also wäre eine Disqualifikation unangemessen gewesen. Es ist kein Regelverstoss, mit zu viel Sprit zu fahren. Die Rennkommissare haben letztlich mit Augenmass gehandelt – und sie waren vermutlich heilfroh, dass sie sich auf den Sportkodex berufen zu können, eine Art Verhaltens-Empfehlung. Bei einer Verletzung des technischen Reglements hätten sie keine andere Wahl gehabt, als den Ferrari von Leclerc aus der Wertung zu nehmen.


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