Franz Tost (AlphaTauri): «Kopiert wurde schon immer»
Kaum ging der neue Racing Point RP20-Mercedes auf die Bahn, gingen bei der Konkurrenz gleichzeitig Kinnladen runter und Augenbrauen hoch: Würden wir den Pink Panther und den 2019er Weltmeister-Mercedes beide weiss einfärben – wer würde noch die Unterschiede erkennen? Im besten Fall liess sich Racing Point-Technikchef Andy Green vom letztjährigen Silberpfeil inspirieren, die Gegner knirschen jedoch mit den Zähnen und sprechen von einer Kopie oder gar von einem Klon.
Andy Green selber kann darüber nur lachen. Der Engländer weist völlig richtig darauf hin, dass man sich in der Formel 1 schliesslich am Klassenbesten orientiere und nicht am Zweit- oder Drittbesten. Kritiker weisen darauf hin, dass Racing Point im Mercedes-Windkanal arbeite. Stimme aus dem Fahrerlager: «Da ist wohl das eine oder andere Teil vom einen zum anderen Rennstall gewandert.»
In Wahrheit macht das Vorgehen von Andy Green Sinn: Im Windkanal von Mercedes wurde der Weltmeister-Wagen von 2019 feingeschliffen, mit einem Design von Racing Point, das sich intensiv am Silberpfeil orientiert, kommen Green und seine Kollegen schneller zu Ergebnissen als mit einer Kopie, sagen wir eines Ferrari.
Das Formel-1-Reglement erlaubt die Verwendung gewisser Teile anderer Fahrzeuge. Haas verwendet die komplette Hinterachse von Ferrari, am AlphaTauri von 2020 steckt alles aus dem Red Bull Racing RB15 von 2019, was das Reglement erlaubt. Und auch im Alfa Romeo-Sauber steckt viel Technik von Ferrari. Beim Racing Point kommt die Hinterachse vom Mercedes, samt Getriebe und Aufhängungen, dazu auch die Vorderradaufhängung. Nase und Frontflügel scheinen ebenfalls gleich zu sein. Für ein Team wie Racing Point macht das Vorgehen noch aus einem weiteren Grund Sinn – 2021 erhalten wir eine komplett neue Formel 1, mit Mercedes gewissermassen als Basis zu arbeiten, das bedeutet, dass Green gewisse Ressourcen in die Entwicklung des nächstjährigen Renners stecken kann.
AlphaTauri-Teamchef Franz Tost kann die Aufregung um den neuen Pink Panther nicht ganz nachvollziehen: «Es gibt eine Kooperation zwischen Racing Point und Mercedes, mit zahlreichen Teilen, die übernommen werden. Ich sehe, dass Racing Point in Sachen Fahrzeugentwicklung in die Richtung von Mercedes gegangen und folgerichtig zu ähnlichen Lösungen gekommen ist. Aber alles ist innerhalb des Reglements.»
«Wir haben ein stabiles Reglement, also ist es ganz normal, dass Rennställe Lösungen anderer Teams kopieren. Das ist nicht neu in der Formel 1, das ist fester Bestandteil der Königsklasse. Wenn sich ein Rennstall etwas komplett Neues einfallen lässt, dann dauert der dadurch entstehende Vorteil vielleicht vier oder fünf Rennen. Dann holen die Anderen auf, weil sie das kopiert haben. Schon hier beim Test werden Tausende von Fotos geschossen, die Techniker aller Teams schauen sich die Arbeit der Konkurrenz mit Argusaugen an. Dann wird nachgebaut und im Windkanal ausprobiert, was für gut befunden wird.»
«Der wichtige Punkt jedoch ist dieser – es reicht nicht, einfach ein Teil des gegnerischen Wagens zu übernehmen; du musst vielmehr die Fahrzeugphilosophie verstehen. Wenn du nur Frontflügel und Nase eines anderen Rennfahrzeugs kopierst, heisst das noch lange nicht, dass die Aerodynamik des eigenen Autos weiter hinten funktioniert. Frontflügel, Nase, Luftleitelemente, Seitenkästen, Unterboden, Diffusor, Heckflügel, dass muss alles in Einklang sein, harmonisch miteinander arbeiten, sonst geht es nicht. So wie es aussieht, scheint das bei Racing Point der Fall zu sein, der Wagen war am ersten Testtag hier sehr schnell.»
Barcelona-Test, Tag 2
Alfa Romeo-Sauber: Kimi Räikkönen (FIN)
Red Bull Racing-Honda: Alex Albon (T)
Racing Point: Sergio Pérez (MEX)
Haas: Romain Grosjean (F)
McLaren: Lando Norris (GB)
Mercedes-Benz: Lewis Hamilton (GB), dann Valtteri Bottas (FIN)
Renault: Daniel Ricciardo (AUS), dann Esteban Ocon (F)
Williams: George Russell (GB)
AlphaTauri-Honda: Pierre Gasly (F)
Ferrari: Charles Leclerc (MC), dann Sebastian Vettel (D)
Barcelona-Test, Tag 1
1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W11, 1:16,976 (94 Runden) C2
2. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W11, 1:17,313 (79) C3
3. Sergio Pérez (MEX), Racing Point RP20-Mercedes, 1:17,375 (58) C3
4. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB16-Honda, 1:17,516 (168) C3
5. Daniil Kvyat (RU), AlphaTauri AT01-Honda, 1:17,698 (116) C3
6. Carlos Sainz (E), McLaren MCL35-Renault, 1:17,842 (161) C3
7. Daniel Ricciardo (AUS), Renault RS20, 1:17,873 (55) C2
8. Esteban Ocon (F), Renault RS20, 1:18,004 (62) C3
9. George Russell (GB), Williams FW43-Mercedes, 1:18,168 (73) C3
10. Lance Stroll (CDN), Racing Point RP20-Mercedes, 1:18,282 (52) C2
11. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF1000, 1:18,289 (132) C3
12. Nicholas Latifi (CDN), Williams FW43-Mercedes, 1:18,382 (63) C3
13. Robert Kubica (PL), Alfa Romeo-Sauber C39-Ferrari, 1:18,386 (59) C3
14. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-20-Ferrari, 1:18,466 (106) C3
15. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo-Sauber C39-Ferrari, 1:20,096 (79) C3
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