Franz Tost über Funkverbot: «Absoluter Nonsens!»
Toro Rosso-Teamchef Franz Tost: «In allen anderen Sportarten werden die Leute auch gecoacht»
Die Formel-1-Rennställe hatten am gestrigen Trainingsfreitag in Singapur erstmals die Gelegenheit, die neuen Boxenfunk-Regeln an der Rennstrecke umzusetzen. Hinterher berichteten die Teamchefs Monisha Kaltenborn, Franz Tost, Vijay Mallya und Claire Williams sowie McLaren-Rennleiter Eric Boullier von ihren ersten Erfahrungen mit den neuen Regeln.
Sauber-Teamchefin Kaltenborn erklärte: «Weil sich die Fans darüber beschwerten, dass die Fahrer zu viele Befehle erhalten und folglich nur noch als Befehlsempfänger fungierten, wurden die Regeln geändert. Wir Teams verstehen das, und sehen auch ein, dass das die Show nicht verbessert. Es war meiner Ansicht nach also die richtige Entscheidung, diese Fahrinstruktionen zu untersagen, damit die Fahrer selbst mehr machen müssen.»
Die 43-jährige Juristin gesteht aber auch: «Als Team waren wir schon ein bisschen überrascht, wie weit das erste Verbot reichte, denn wir hatten das Gefühl, dass ein so umfassendes Funkverbot Bereiche tangiert, die andere Probleme verursachen könnten. Wir sind als sehr froh, dass die FIA das Verbot auf jene Bereiche beschränkt hat, die wir auch gemeint haben. Nämlich jene Funksprüche, die sich auf die Performance des Fahrers, nicht aber des Autos, beziehen.»
Toro Rosso-Teamchef Franz Tost: «Total unnötig!»
Sehr viel klarere Worte findet Toro Rosso-Teamchef Franz Tost, der als Oberhaupt einer Nachwuchsschmiede vom Coaching-Verbot besonders hart getroffen wird: «Diese Regeländerung ist total unnötig, und ich verstehe immer noch nicht, warum sie eingeführt wurde. Denn es ist für den Zuschauer vor dem TV doch genauso spannend, etwas von der Kommunikation zwischen dem Fahrer und dem Team mitzubekommen.»
Der 58-jährige Tiroler räumt unumwunden ein: «Je unerfahrener ein Pilot ist, desto mehr Informationen muss man ihm über Funk durchgeben. Für mich ist es absoluter Nonsens, was wir hier diskutieren. In allen anderen Sportarten werden die Leute auch gecoacht, ob im Fussball an der Seitenlinie oder wo auch immer. Das bedeutet ja nicht, dass der Sportler seinen Job nicht machen kann. Das tut er doch, aber vielleicht kann er ihn durch das Coaching etwas besser machen. Es geht darum, die Leistung zu steigern, deshalb verstehe ich diese Regeländerung nicht.»
Vijay Mallya: «Diese Regel hat es schon immer gegeben»
Force India-Teamchef Vijay Mallya winkt hingegen ab: «Diese FIA-Regel, dass der Fahrer ohne Hilfsmittel fahren muss, hat immer existiert. Trotzdem haben die Teams den Funkverkehr von der Boxenmauer zum Auto auf einem Niveau betrieben, dass nun zu dieser Restriktion geführt hat. Wir haben die Regel auf die eine oder andere Art verletzt.»
Doch der 58-jährige Inder erklärt auch: «Es ist höchst umstritten, was man von der Boxenmauer alles sagen darf und wie viel Einfluss man auf den Fahrer nehmen darf, ohne die Spannung damit zu verringern. Doch die FIA macht die Regeln und jedes Team muss sich daran halten. Ich schätze, wir werden uns also auch dieser Regel beugen, die glücklicherweise etwas präzisiert wurde.»
Eric Boullier: «Dürfen wir dies oder jenes?»
Williams-Teamchefin Claire Williams stimmt dem Kingfisher-Mogul zu: «Ich denke, das lief heute ganz okay. Jeder muss sich erst anpassen, aber wie Vijay gesagt hat, das sind nun einmal die neuen Regeln, die ins Leben gerufen wurden, um die Show zu verbessern. Ich bin aber froh, dass die Einschränkung etwas gelockert wurde. Wir finden: Solange wir weiterhin über Funk sicherheitsrelevante oder die Standfestigkeit betreffende Befehle durchgeben dürfen, ist es okay. Das ist das Wichtigste. Wir sind auch alle echte Racer, die ihre Fahrer auf die Strecke schicken, damit sie ihre Arbeit machen.»
McLaren-Rennleiter Eric Boullier fügt an: «Wir haben uns in den Trainings schon ein paarmal fragen müssen: Dürfen wir das sagen? Ist das oder jenes erlaubt? Wir mussten also überprüfen, was wir über Funk durchgeben. Das Einzige, was uns etwas besorgt hat, ist der Umstand, dass die Regel mitten in der laufenden Saison eingeführt wurde. Das ist nie gut, auch wenn es sich um eine Regeländerung handelt, die auf Wunsch der Fans eingeführt wurde. Natürlich respektieren wir die Entscheidung der FIA und auch wir sind glücklich, dass nun klargestellt wurde, was gesagt werden darf, und was nicht. Auch über die Einschränkung des Verbots freuen wir uns natürlich.»