Pascal Wehrlein: Von der DTM direkt in die Formel 1?
Pascal Wehrlein wird behutsam für die Formel 1 aufgebaut
Die GP2 soll eigentlich Sprungbrettklasse für die Formel 1 sein. Aber in den vergangenen Jahren hat das nicht so richtig geklappt. Davide Valsecchi, GP2-Meister des Jahres 2012, kam über eine Testfahrerrolle bei Lotus nicht hinaus. Als es darum ging, den verletzten Kimi Räikkönen zu ersetzen, wurde Heikki Kovalainen geholt, statt Valsecchi zu befördern. Das sagt alles darüber, was man vom Italiener letztlich hielt. Der 2013er Champion Fabio Leimer weckt bei den Formel-1-Teams ebenso bescheidene Begeisterungsausbrüche wie der neue 2014er Meister Jolyon Palmer.
Es gibt einige Beispiele, die zeigen: die GP2 braucht man nicht, um Grand-Prix-Fahrer zu werden. Paul Di Resta wechselte nach einer tollen Formel-3-Laufbahn (Formel-3-Europameister 2006) in die DTM und von dort zu Force India in die Formel 1. Valtteri Bottas wurde als GP3-Champion 2011 zum Freitagtestfahrer bei Williams gemacht, ab 2013 erhielt er im Traditionsteam einen Stammplatz. Daniil Kvyat wurde von der GP3 (ebenfalls als Meister, 2013) in die Formel 1 zu Toro Rosso gehievt. Max Verstappen kommt als Formel-3-Fahrer direkt in den Genuss eines GP-Stammplatzes.
Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff lobt die Lernkurve des jungen Pascal Wehrlein: «Beim Test in Portugal wirkte Pascal im Formel 1 ganz entspannt. Er ist aus dem richtigen Holz.»
Mercedes will den jungen Mann als Aushängeschild in der DTM nicht verlieren, Formel 1 testen kann der Deutsche auch in einem zwei Jahre alten GP-Renner. Und es besteht die Möglichkeit, Wehrlein als Freitagtestfahrer bei einem Partnerteam unterzubringen. Mercedes arbeitet 2015 mit den Kundenrennställen Force India, Williams und Lotus zusammen.
Vor allem jedoch ist Wolff klug genug zu wissen: Einmal aufs falsche GP2-Team gesetzt, und schon ist eine Saison verpfuscht. Es ist also naheliegend, dass Mercedes keine Notwendigkeit sieht, das Eigengewächs Pascal Wehrlein in einen GP2-Renner zu setzen.
Wehrlein, seit diesem Jahr offizieller Ersatzfahrer für Nico Rosberg und Lewis Hamilton, hat als 20-Jähriger alle Zeit der Welt, in eine künftige Rolle als Grand-Prix-Fahrer hineinzuwachsen.
Pascal Wehrlein: Rasanter Aufstieg
Bei seinem etwas überraschenden Einstieg in die DTM 2013 war Pascal Wehrlein im Alter von 18 Jahren der jüngste Pilot in der langen Geschichte dieser Tourenwagenserie. Sein rasanter Aufstieg hatte sich also nahtlos fortgesetzt. Denn nach einer erfolgreichen Karriere im Kartsport gewann Wehrlein in der Saison 2011 das ADAC Formel Masters. Im Jahr 2012 stieg er in die Formel 3 auf. In seiner Debütsaison belegte er den zweiten Platz in der Formel 3 Euroserie (hinter Daniel Juncadella) und gewann den Titel des besten Rookies.
Bereits in seiner DTM-Debütsaison hatte er für einige Highlights sorgen können, was sich jedoch noch nicht in Punkten widerspiegelte. In dieser Saison hatte Mercedes seit Saisonbeginn mit Problemen zu kämpfen und war nur auf vereinzelten Strecken konkurrenzfähig. Trotzdem sammelte Wehrlein bislang bereits 40 Punkte, unter anderem durch den Sieg in der Lausitz und einem fünften Platz auf dem Norisring. Mit 46 Zählern wurde der Youngster Gesamtachter und zweitbester Mercedes-Pilot.
Zusätzlich zu seinen Aufgaben in der DTM spielte Wehrlein in der Saison 2014 eine integrale Rolle im «Race Support»-Programm des Formel-1-Teams. Bislang absolvierte er in dieser Saison mehr als einen Monat im Simulator. Dabei legte er mehr als 13.000 Kilometer in einem virtuellen F1 W05 Hybrid zurück.
Mitte September fuhr er auf dem «Autodromo Internacional Algarve» in Portimao zum ersten Mal ein Formel-1-Auto. Im Rahmen eines Nachwuchsfahrer-Tests des Teams saß Pascal am Steuer des 2012er Formel-1-Autos, des W03. Ziel des Programms war es, sich mit dem Auto vertraut zu machen. Im Laufe des Tages legte Pascal 500 km zurück und fuhr insgesamt 109 Runden. Dabei beeindruckte er das Team mit seinen Fortschritten und seinem Feedback.
Wehrlein damals: «In den ersten Runden musste ich mich an den unglaublichen Speed, die extrem harten Bremsen und die enormen Kurvengeschwindigkeiten erst gewöhnen. Das ist mit der DTM nicht zu vergleichen. Aber ich habe schnell gelernt und konnte mich in den Qualifying- und Longruns ständig steigern. Insgesamt habe ich über 500 km absolviert und wollte mit dem Mercedes eigentlich gar nicht mehr an die Box fahren. Dieser Test war das Allergrößte, das ich bisher im Motorsport erleben durfte. Nervös war ich überhaupt nicht, was mich selbst gewundert hat – aber ich war auch optimal vorbereitet. Für mich ist es eine tolle Anerkennung meiner Leistungen, dass ich ab sofort mit der Rolle als Ersatzfahrer von belohnt wurde.»