Dietrich Mateschitz: «Verkauf an Renault? Undenkbar!»
Mexiko-GP: Daniil Kvyat vor Daniel Ricciardo auf Platz 3 hinter den beiden Mercedes
Bis Ende Oktober wollte Red Bull entscheiden, ob die beiden Rennställe Red Bull Racing und Scuderia Toro Rosso auch 2016 in der Formel-1-Weltmeisterschaft zu sehen sein werden.
«Wir haben die Frist noch einmal um zwei bis drei Wochen verlängert», erklärte Firmenchef Dietrich Mateschitz jetzt gegenüber SPEEDWEEK.com.
Aber er weiss auch: «Einen konkurrenzfähigen Motor gibt es für uns ohnehin nicht.»
Die Ursachen sind seit einem halben Jahr klar: Renault war nicht willens und in der Lage, eine standfeste und wettbewerbsfähige Antriebseinheit zu entwickeln. Es fehlen auch nach fast zwei Jahren gegenüber Mercedes noch rund 80 PS, die Standfestigkeit nahm trotzdem erbärmliche Ausmasse an. Ricciardo ist mit dem achten Verbrennungsmotor unterwegs, Kvyat mit dem siebten. Vier sind bekanntlich pro Fahrer und Saison erlaubt.
Die Mercedes-Stars Rosberg und Hamilton waren in Mexiko mit der vierten «Internal Combustion Engine» unterwegs.
Red Bull Technology hat den für 2016 gültigen Vertrag mit Renault im September wegen Aussichtslosigkeit gekündigt.
Dietrich Mateschitz erklärte damals, nur ein 2016-Werksmotor könne Red Bull zum Weitermachen überreden. Bei Ferrari bestand eine leise Hoffnung.
Inzwischen sind zwar Budgets für die beiden Formel-1-Teams für 2016 gemacht, für den Fall der Fälle.
Aber es zeichnet sich keine verheissungsvolle Motorenlösung ab. Und die Zeit drängt. Bei Toro Rosso hiess es, der Motor müsse in der ersten Oktober-Woche im Werk sein, sonst könne bis Februar kein neues Rennauto gebaut werden. Der zeitliche Spielraum bei RBR war trotz der grösseren Ressourcen nicht viel grösser.
«Ohne wettbewerbsfährigen Motor steigen wir aus. Wir können ja keine Seifenkistenrennen fahren», sagte Mateschitz nach dem Singapur-GP im September.
Auch nach Lichtblicken wie in Mexiko (Platz 4 für Kvyat, Platz 5 für Ricciardo) gibt es kein Zurück zu Renault. «Wir haben den Vertrag gekündigt», betont Mateschitz. Die Enttäuschung über die Performance und das Gehabe der Franzosen sind riesig. Statt nach der Saison 2014 alles in die Waagschale zu werden, ist Renault noch weiter hinter Mercedes zurückgefallen. Dass es auch anderes geht, zeigt Ferrari.
Unverbesserliche Optimisten schreiben trotzdem in regelmässigen Abständen eine Wiedervereinigung von Renault und Red Bull herbei.
Doch Renault-Chef Carlos Ghosn hat längst angekündigt, dass er kein Formel-1-Kundenteam mehr beliefern, sondern wieder ein Werksteam bilden will. Die Beziehung zwischen Red Bull und Renault ist nicht mehr zu kitten.
Im Frühjahr hat Renault noch überlegt, für 2016 das Toro-Rosso-Team zu kaufen und als Werksteam laufen zu lassen.
Dann wurde das Lotus-Team als Partner in Betracht gezogen. Dort bestehen jedoch viele Ungereimtheiten. Deshalb wurde in Mexiko spekuliert, dass Renault einen Kauf von Red Bull Racing in Betracht ziehen könnte.
«Völlig undenkbar», hielt Dietrich Mateschitz dazu nach dem Mexiko-GP fest.
Es werden andere Lösungen gesucht. «Es wäre das erste Mal, dass wir keine alternativen Ideen hätten», erklärte Dietrich Mateschitz in der ersten Oktober-Woche zum Thema Formel-1-Rückzug.
Mit Honda vom Regen in die Traufe?
Es ist viel spekuliert worden in letzter Zeit. Weder die FIA noch Ecclestone wollen sich einen Rückzug der beiden Red-Bull-Teams vorstellen, auch die meisten Berichterstatter wollen so eine Entscheidung nicht wahrhaben, für sie gehört der Energy-Drink-Konzern nach elf Jahren zum fixen Bestandteil des Formel-1-Startfelds.
Aber ohne wettbewerbsfähigen Motor ist die von Mateschitz geforderte Sinnhaftigkeit des Projekts nicht gewährleistet.
Die Träumereien hinsichtlich einer Partnerschaft mit Honda sind auszuschliessen. Erstens pocht McLaren-Chef Ron Dennis auf einen Exklusiv-Deal, ausserdem würde Red Bull bei einem Wechsel womöglich vom Regen in die Traufe kommen.
Fernando Alonso und Jenson Button hatten in Mexiko jeweils den elften (!) Verbrennungsmotor im Heck.
Niki Lauda und Toto Wolff haben vor zwei Monaten anklingen lassen, Red Bull habe nie ernsthaft um Mercedes-Motoren angefragt.
Das ist auch nichtverwunderlich.
Denn Red Bull wollte nach dem Turbo-Desaster mit Renault für die nächste Saison aktuelle Werksmotoren. Ein Vorhaben, das in der Formel 1 von den Österreichern schon seit 2005 angestrebt wird.
Diese Werksmotoren hätte Red Bull von Mercedes genau so wenig bekommen wie von Ferrari.
«Die Werks-Rennställe fürchten und wissen, dass wir dann schneller sind als ihre Werksteams», ist sich Mateschitz bewusst. «Das sieht ja jeder.»
Red Bull ist momentan Opfer des eigenen Erfolgs. Nach vier Siegen und zwei zweiten Plätzen in der Konstrukters-WM will sich kein Formel-1-Werksteam von einem Getränkehersteller blamieren lassen.
«Schneid und Charakter kann man nicht kaufen», sagt Mateschitz gerne.