Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Pascal Wehrlein: «Mütter mögen das nicht so»

Von Agnes Carlier
Pascal Wehrlein: «Der zweite Platz war nie gut genug»

Pascal Wehrlein: «Der zweite Platz war nie gut genug»

​Formel-1-Neuling Pascal Wehrlein spricht über die Anfänge seiner Motorsport-Karriere, seine Träume und den Druck, der auf ihm lastet: «Damit kann ich umgehen.»
Pascal Wehrlein, was hat sich in diesem Jahr im Vergleich zu 2015 verändert? Ist es schwierig, mit weniger Mitteln umzugehen?

In den vergangenen beiden Jahren hatte ich bei Mercedes etwa 750 Mitarbeiter um mich, hier bei Manor sind es nunmehr 150. Zahlenmässig gibt es also grosse Unterschiede. Aber das ist nicht frustrierend, es ist einfach anders, sicher etwas schwieriger. Das Manor-Team hat sich auch stark verändert, und das macht das Ganze reizvoll. Wir müssen einfach unser Bestes geben. Letztlich ist klar, dass Manor weder um einen GP-Sieg noch um den Titel mitfahren kann. Aber vielleicht können wir ja ein Highlight setzen.

Wieviele Strecken des Formel-1-Kalenders kennst du noch nicht?

Ich würde sagen, etwa die Hälfte – Barcelona kenne ich gut, Monaco hingegen noch nicht. Aber ich mag es, neue Strecken zu lernen. Die meisten Strecken kenne ich aus dem TV, aber wenn man selbst darauf fährt, ist das natürlich eine ganz andere Sache. Es gibt immer etwas Neues zu lernen und es dauert auch eine Weile, bis man alle Tricks kennt.

Welche DTM-Erfahrungen sind dir in der Formel 1 eine Hilfe?

Es gibt viele Sachen, die sehr nützlich sind, wenn man von der DTM kommt. Sie ist die wichtigste Tourenwagen-Serie der Welt und unterscheidet sich klar von den Nachwuchsklassen. Die DTM ist eine gute Schule für die Formel 1. Und ich bin glücklich, dass ich mit Manor Formel-1-Erfahrung sammeln kann. Wenn man von der Formel 3 in die DTM kommt, ist alles so gross. Ich habe immer davon geträumt, für Mercedes zu fahren,  ein grosses Team und eine grosse Marke. Das Auto, die Reifen, die Medien-Aufmerksamkeit – das alles unterscheidet sich stark von den unteren Formel-Klassen. Es ist wirklich ein hohes Niveau, auf dem sich die DTM bewegt.

Wie gross ist der Druck, der auf dir lastet?

Natürlich ist da ein gewisser Druck, aber das macht mir nichts aus, denn ich habe in der DTM gelernt, wie man damit umgehen muss. Im vergangenen Jahr war der Druck sehr gross, denn ich fuhr um den WM-Titel und der DTM-Mercedes war nicht überlegen. Wir hatten nicht das beste Auto, aber wir haben das Beste heraus gekitzelt. Das war ein grossartiges Jahr.

Ist es nicht riskant, die GP-Karriere in einem so kleinen Team wie Manor zu beginnen, in dem die Mittel sehr begrenzt sind?

Nein, das ist es nicht, aber es ist natürlich auch kein Vorteil. Wenn man ein guter Fahrer ist, spielt es keine Rolle, in welchem Team man startet. Du musst in erster Linie deinen Teamkollegen schlagen. Und dann musst du schauen, was sich ergibt. Auch im besten Team ist man nicht gut genug, wenn man seinen Nebenmann nicht schlägt. Es herrscht also auch dort viel Druck. Wenn Rio konstant besser ist, dann bin ich draussen.

Hat dir Mercedes ein Mindestziel gesetzt, das du erreichen musst?

Nicht wirklich. Sie sagten einfach: Mach das Beste daraus. Versuche, dem Team zu helfen und möglichst viel zu lernen. Nutze die Chance, Erfahrung zu sammeln, denn die Testmöglichkeiten sind heutzutage sehr beschränkt. Das ist also der einzige Weg, wirklich was zu lernen und seine Formel-1-Karriere in Gang zu bringen. Schaut euch mal an, wie viele Tage Lewis Hamilton hatte, um sich an McLaren zu gewöhnen. Ich absolvierte im letzten Jahr insgesamt fünf Testtage in der Formel 1.Man kann ja auch keinen Rookie in den Silberpfeil setzen, das geht heutzutage nicht mehr, denn als Neuling kannst du das Auto und die Reifen nicht richtig bewerten.

Was war das Schwierigste für dich?

Ich hatte schon eine ganze Weile keinen Formel-Renner im Rennen bewegt – das war letztmals 2012. Die letzten drei Jahre war ich ja in der DTM. Der Motor ist auch neu, ich bin erstmals mit einem Turbo unterwegs. Die Reifen und auch das Team sind neu – es ist also eine Riesenherausforderung.

Was würdest du machen, wenn dein Karriere-Weg dich nicht in die Formel 1 geführt hätte?

Ich wäre bestimmt irgendwo im Motorsport gelandet. Das stand für mich schon immer ausser Frage. Für mich war von Anfang an klar, dass ich mein Geld im Motorsport verdienen will. Das ist mein Traum. Ich liebe Racing schon seit dem vierten Lebensjahr. Als ich dann acht Jahre alt wurde, setzte ich mich durch und begann mit dem Kartsport. Damals stand noch der Spass im Vordergrund. Ich schloss mein erstes Jahr auf dem dritten Platz ab und siegte in der Folge vier Mal in der deutschen Meisterschaft. Das lockte die ersten Sponsoren an und so nahm das alles seinen Lauf. Mein Traum war die Formel 1, deshalb gab ich Gas und sammelte in allen Nachwuchsklassen, in denen ich unterwegs war, Siege.

Musstest du dir deinen Wunsch, Rennfahrer zu werden, zuhause erkämpfen? Was hat deine Mutter gesagt, als du ihr erstmals davon erzählt hast?

Ich erinnere mich nicht mehr daran. Aber Mütter mögen es nie, wenn ihre Kinder gefährliche Sachen machen.

Woher kommt deine Leidenschaft für den Motorsport?

Das kommt von mir selbst, ich habe die Rennen mit meinem Vater angeschaut, aber er war nie Teil der Szene. Er hat sein eigenes Unternehmen. Es dauerte also eine Weile, bis ich meine Eltern so weit hatte, mich diesen Weg einschlagen zu lassen. Ich habe lange darauf gedrängt.

Wie hast du deine Eltern überzeugt?

Jedes Kind hat seinen eigenen Traum, einige wollen Polizist werden, andere träumen davon, Profi-Fussballer oder Pilot zu werden. Und für mich war es halt die Formel 1. Meine Eltern sagten schliesslich einfach ja, um ihre Ruhe zu haben.

Welche Eigenschaften braucht ein Nachwuchspilot?

Man muss es wirklich wollen. Es gibt verschiedene Typen von Fahrern. Man braucht natürlich auch Talent. Und man muss bereit sein, sehr hart dafür zu arbeiten. Es gibt Fahrer, die es etwas leichter haben, weil sie einen guten finanziellen Background haben. Ich habe mir das selbst ausgesucht, mich hat niemand dazu gedrängt. Der zweite Platz war nie gut genug, wenn ich nicht gewann, war ich eine ganze Woche lang traurig und hatte dran zu kauen. Eine ganze Woche! Das ist meine grosse Stärke.

Welchen Traum verfolgst du heute?

Ich will konkurrenzfähig sein und nicht einfach am Ende des Feldes mitfahren. Ich will Duelle bestreiten. Mein Ziel ist es, Punkte zu holen, und ich werde alles dafür geben. Natürlich will ich, dass alle Renneinsätze gut verlaufen. Ich weiss nicht, ob das möglich ist, aber das ist mein Traum.

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