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Sandro Cortese: «Habe mich wieder hochgearbeitet»

Von Günther Wiesinger
Sandro Cortese erlebte 2014 eine teilweise ernüchternde erste Saisonhälfte. Aber nach der Sommerpause gab es vielversprechende Ergebnisse. Cortese zieht seine Saisonbilanz.

Der Berkheimer Sandro Cortese (25) verbesserte sich im Vorjahr in der Moto2-WM vom 19. Platz (2013) auf den neunten, er schaffte mit Rang 3 in Brünn seinen ersten Podestplatz, er fuhr fünfmal aus der ersten Reihe los.

Trotzdem verlief seine zweite Moto2-Saison nicht zur Gänze nach seinen Vorstellungen und nach dem Geschmack des Dynavolt Intact GP-Teams.

Momentan erholt sich Sandro Cortese von seinem Supermoto-Sturz mit der 450er-Husqvarna, bei dem er sich am Montag in Kaufbeuren einen Bluterguss am linken Knöchel zugezogen hat.

«Alles gut, es passt schon wieder. Ich kann schon wieder normal rumlaufen, aber ich soll das Gelenk nicht zu stark strapazieren, um die Bänder zu schonen», erklärte der Kalex-Pilot gegenüber SPEEDWEEK.com. «Ich bin froh, dass ich schon wieder normal Sport treiben kann und dass nichts Schlimmeres passiert ist.»

Am 6./7. Februar beginnt für Cortese in Almeria der Testalltag. Ab 10. Februar wird drei Tage lang in Valencia gefahren.

Sandro, die 2015-Kalex hast du bisher noch nie richtig testen können?

Ja, nur Mitte November in Jerez, aber dort war es meistens nass oder feucht, es war nur ein Nachmittag, an dem es ansatzweise trocken war. Es waren keine Bedingungen, bei denen man das neue Motorrad richtig ausprobieren konnte.

Du hast dann auf Valencia und Almeria verzichtet und dadurch eine längere Pause gehabt als in den letzten Jahren?

Ja, aber ich denke, die Pause hat uns nach der langen Saison sicher gut getan. Wir haben irgendwann gesagt: Es reicht, wir gehen in die Winterpause und sammeln uns neu. Wenn du ewig weitertestest, das bringt dann irgendwann nichts mehr. Irgendwann lässt die Energie einmal nach... Ausserdem haben wir nicht viel auszuprobieren gehabt.
Ich war daheim nicht untätig. Ich bin mit meiner 450-ccm-Motocross-KTM auf einer Dirt-Track-Bahn gefahren, die unser Sponsor Max Wild auf seinem Gelände für mich präpariert hat. Das Wetter war ja im Winter lange Zeit bei uns sehr mild. Da habe ich auf dieser 50 Sekunden langen Piste einige Runden abgespult. Ich habe einen Fiat Ducato, da räume ich alles ein, los geht’s.

Du hast dich im Vorjahr auf WM-Rang 9 gesteigert. Du warst aber nicht konstant über die ganze Saison hinweg. Gibt es einfach Strecken, auf denen du nicht zurechtkommst? Woran lag es?

Ich denke, wenn wir die ganze Saison Revue passieren lassen, dann habe ich bei den Wintertests extrem stark angefangen. Im Qualifying von Doha war ich Zweiter, bin aber am Schluss gestürzt und habe mich verletzt. Bis dahin war ich sehr gut dabei.
Dieser Sturz hat mein Selbstvertrauen geknickt. Nach den Wintertests hatte ich sehr viel Selbstbewusstsein, nachher hatte ich dieses selbstbewusste Auftreten nicht mehr.
Es gab dann viele unglückliche Sachen, oft waren sie selbst verschuldet, dadurch war der Fluss nicht mehr vorhanden, den ich mir vorgestellt habe.

Hast du dir nach den Wintertests zu viel vorgenommen? Wolltest du nach den erfolgreichen Wintertests zu rasch den Podestplatz nachholen, der dir 2013 nicht gelungen ist?

Unser Problem war, oder vielleicht auch meines, dass die Wintertests so gut funktioniert haben und man gedacht hat, das wird jetzt die Saison, in der ich ganze vorne mitfahre. Die Erwartungen von uns und von aussen sind extrem gestiegen.
Als ich in die Moto2-WM hochgekommen bin, habe ich nicht erwartet, dass es im ersten Jahr so schwer wird und ich in der ersten Saison nur einen Top-Ten-Rang schaffe.
Als dann die Wintertests vor einem Jahr so gut waren, habe ich gedacht, ich bin jetzt voll drin, das läuft jetzt. Dann ist der Sturz in Katar passiert, es gab Stürze und Rückschläge. Ich habe mir nachher extrem schwer getan, wieder an die alten Leistungen anzuschliessen. Auch vom Kopf her war ich nicht mehr so locker wie vorher. Wir wollten nach dem Katar-Quali-Sturz sofort wieder an der Performance und den schnellen Zeiten anknüpfen.
Es sind dann schwierige Rennen dazu gekommen, in Austin und Las Termas. Wenn dann die Resultate nicht stimmen, macht man sich natürlich selber umso mehr Druck. Dann passieren gewisse Fehler. Wenn sich dann einmal der rote Faden so durchzieht, dann dauert es seine Zeit, bis es wieder läuft.

Es dauerte dann bis zum sechsten Platz beim Indy-GP, bis du wieder der Alte warst. Eine Woche später hast du deine Form mit Platz 3 in Brünn bestätigt.

Platz 6 in Indy, das war das normale Ergebnis, wie wir uns das vorgestellt haben. Dass wir einfach im vorderen Feld mitfahren.

Haben dich die starken Leistungen von Rookie Jonas Folger und von Marcel Schrötter auch belastet?

Ich muss ehrlich sagen, dass war mein kleinstes Problem. Ich habe mich in erster Linie für den Jonas gefreut, dass er es so gut hinkriegt.
Ich habe in dieser Phase, als er zwei Podestplätze erzielt hat, mit mir selber gekämpft. Ich wollte mir selber zeigen, dass ich es kann. Aber das ist mir im Frühjahr nicht gelungen. Die Lockerheit war nicht mehr da. Ich habe damals mehr auf mich geschaut als auf die andern.

Du bist manchmal auch in Ausreden geflüchtet. In Barcelona bist du in der ersten Kurve gestürzt, du hast Folger verantwortlich gemacht, er lag aber vor dir.

Im ersten Moment hat es sich so angefühlt, wie ich es geschildert habe. Vielleicht war mein Blickwinkel im Zweikampf verzerrt. Als ich die Bilder nach dem Rennen gesehen habe, ist mir natürlich klar geworden, dass das Verschulden nicht bei Jonas lag.
Letztes Jahr sind viele unglückliche Dinge passiert. Ich habe Fehler gemacht, das hat sich dann hochgeschaukelt, es wurden ein paar Dinge gesagt, die nicht so gemeint waren. Und irgendwann explodiert das Ganze dann.

Und nach dem Sachsenring gab es mit den Teamteilhabern Keckeisen, Kuhn und Lingg eine Aussprache?

Ja, der Druck war für uns alle extrem. Jeder im Team versuchte, seine Aufgabe noch besser zu machen. Aber die Ergebnisse haben diese Bemühungen nicht widergespiegelt. Jeder bei uns hat bei jedem Rennen 100 Prozent gegeben, Crew-Chief Jürgen Lingg, ich und alle andern. Aber oft ist es so, wenn man zu viel will, dann klappt es nicht.
Wir haben uns dann im Sommer zusammengesetzt und uns auf das besonnen, was wir im Winter 2013/2014 gemacht haben. Ich war dann im Sommer auch schmerzfrei im Fuss, ich habe in der GP-Pause gut trainieren können. Dementsprechend bin ich bei den nächsten Rennen mit einer gewissen Lockerheit rangegangen; dann kamen auch die Ergebnisse wieder.
Aber uns war inzwischen bewusst, dass wir nicht durchgehend um Podestplätze oder um Siege fighten konnten. Ich wollte dann einfach in der zweiten Saisonhälfte gewisse Highlights setzen und wieder mehr Selbstbewusstsein holen.
Es ist inklusive Sachsenring nicht gut gelaufen. Man durfte sich also nicht einbilden, dass wir nach dieser ersten Saisonhälfte aus heiterem Himmel durchstarten, Rennen gewinnen und Podiumsplätze holen. Das war nicht möglich.
Aber wir haben uns wieder langsam nach vorne gearbeitet. Rennunfälle wie zuletzt in Valencia können dann immer passieren.

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