Casey Stoner: «Freude an den Tests, aber kein Rennen»
Casey Stoner
Der 32-jährige Ducati-Testfahrer Casey Stoner nimmt diesmal nicht am offiziellen IRTA-Test in Sepang teil, aber er saß letzte Woche am Mittwoch und Donnerstag auf der 2018-Version der Ducati Desmosedici und verblüffte die Gegner gleich am ersten Tag mit einer Zeit von 2:01,3 min.
Am morgigen Dienstag reist der Australier bereits wieder ab. Aber am Montag wollte er sich noch genau anhören, was Andrea Dovizioso und Jorge Lorenzo über das neue Motorrad sagten.
«Die Rundenzeiten sind heute für mich nicht mehr von vorrangiger Bedeutung», versicherte Casey. «Es reicht, wenn ich mit 70 Prozent Einsatz fahre. Aber meine Bremspunkte sind immer identisch, deshalb weiß und spüre ich genau, ob und welche Auswirkungen ein Umbau am Motorrad hat. Ich bin sicher, dass wir bei der neuen Ducati Fortschritte erzielt haben, ich habe mich bei meinem Test auch um ein brauchbares Set-up gekümmert, das gehört zu meinem Job. Leider hat es bei uns an den drei Tagen viel geregnet… Aber wir konnten erkennen, dass die Ducati immer noch Schwachstellen hat, um die wir uns kümmern müssen. Doch ich konnte den Ingenieuren ein gutes Feedback geben. Jetzt bin ich neugierig, um Dovi und Jorge meine Eindrücke teilen und bestätigen. Eines steht fest: Auch wenn wir noch nicht alle Schwachpunkte beseitigt haben. Dieses Motorrad ist ein Schritt in die richtige Richtung.»
«Wir müssen aber bei den Wintertests noch eine bessere Balance für die neue Maschine finden», ist sich Casey bewusst. «Insgesamt ist mein Eindruck unverändert. Man muss beim Fahren mit der Ducati deren Vorzüge ausnutzen, also die Power und den Speed. Aber es ist auch mit diesem Chassis schwierig, den Kurvenspeed hoch zu halten. Deshalb hat Jorge letztes Jahr auf einigen Strecke Mühe gehabt. Bei Dovi war es anders. Er hat beim Set-up erstmals eine andere Richtung verfolgt als die meisten anderen Ducati-Fahrer, seine Richtung hat gewisse Ähnlichkeiten mit meiner. Die sechs Saisonsiege geben ihm Recht. Dovi hätte bei Ducati schon früher seinen eigenen Weg einschlagen sollen. Dadurch ist er dem Titelgewinn recht nahegekommen. Ich hoffe, dass wir ihm für 2018 ein noch besseres Motorrad geben können, damit er auf möglichst allen Strecken konkurrenzfähig ist.»
Natürlich bekommt Casey Stoner, der MotoGP-Weltmeister 2007 (auf Ducati) und 2011 (auf Repsol-Honda) bei jedem Auftritt die Frage gestellt, ob er sich nicht wenigstens zu einem einzigen Rennauftritt hinreißen lassen könnte. Schließlich ist er erst 32 Jahre alt, und ein siebter Sieg oder zumindest ein Spitzenplatz in Phillip Island würde zum Beispiel viele Landsleute happy machen.
«Ich habe viel Freude an meinem Leben, so wie es jetzt gestaltet ist. Wenn du Rennen fährst, bist zu mit dem Rennfahren, den PR-Auftritten und dem vielen Reisen zu 100 Prozent ausgelastet. So wie ich es jetzt habe, mit zwei, drei Tests im Jahr, das ist mir viel lieber. Das Motorradfahren mit einer GP-Maschine betreibe ich immer noch gern und leidenschaftlich. Das ganze Drumherum brauche ich nicht mehr. Ich freue mich auf jeden Test. Ich bin aber auch froh, wenn ich wieder verschwinden und an die Gold Coast zurückkehren kann.»
Von diesem Vorhaben rückt Stoner nicht ab. Er hat sich 2012 schon durch ein 11-Mio-Euro-Angebot von Repsol-Honda nicht zum Weitermachen überreden lassen. 2009 hatte er bereits wegen eines Erschöpfungssyndroms auf fünf Rennen verzichten müssen.
Auch von der Idee, in den Automobilrennsport zu übersiedeln, hat Casey Stoner wieder Abstand genommen. «Ich habe 2013 nach meinem MotoGP-Rücktritt an sieben V8-Tourenwagenrennen in Australien teilgenommen. «Ich hatte mit den Autos nicht viel Freude», lautet sein Resümee. «Ich hatte mit diesen Events viel mehr Aufwand als erwartet, man hat mir auch viele Medien-Events abverlangt. Dabei wollte ich nach der Saison 2012 ein wirklich ruhiges Leben haben und meine junge Familie genießen. Und als es bei den Autorennen nicht gut gelaufen ist, haben mich die Medien gleich wieder attackiert. Das war nichts für mich. Ich schließe aber nicht aus, dass ich eines Tages in irgendeiner anderen Automobilrennserie mitfahre.»
Da Ducati zur Audi Group gehört, unter deren Dach sich auch die Sportwagenfirma Lamborghini befindet, sitzt Stoner beim Thema Autorennsport jetzt quasi an der Quelle.