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Lin Jarvis: «Jetzt kann Valentino nicht aufhören»

Von Günther Wiesinger
Beim Sepang-Test 2020: Lin Jarvis und Valentino Rossi

Beim Sepang-Test 2020: Lin Jarvis und Valentino Rossi

Yamaha-MotoGP-Renndirektor Lin Jarvis wollte ursprünglich von Valentino Rossi bis Juni und nach sechs bis acht Rennen hören, ob er 2021 weiterfährt. Jetzt hat sich die Situation gravierend geändert.

Valentino Rossi wollte in dieser Saison bis Ende Juni entscheiden, ob er 2021 noch eine MotoGP-Saison anhängt oder nicht. da er diese Frage im Winter offen ließ, hat Yamaha Motor Racing den Vertrag von Maverick Viñales verlängert und außerdem Fabio Quartararo für 2021 als dessen Teamkollegen engagiert. Rossi wurde aber ein Werksvertrag im Petronas-Yamaha-Kundenteam für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. Er würde dort identisches Material wie das Monster-Yamaha-Werksteam erhalten.

Doch die Situation hat sich durch die Coronaviruskrise nachhaltig verändert. Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, kann jetzt nicht sechs bis acht Rennen abwarten, bis sich der 41-jährige Superstar entscheidet. Jarvis arbeitet seit 2004 (mit zwei Jahren Unterbrechung in Rossis Ducati-Jahren 2011 und 2012) mit dem neunfachen Weltmeister zusammen. Trotzdem kann der im italienischen Piemont lebende Engländer nicht abschätzen, wie sich Rossi entscheiden wird.

Valentino Rossi könnte jetzt in der Zwangspause seine Batterien aufladen und 2021 mit frischer Energie in seine womöglich letzte Saison starten.

«2020 wäre für Valentino ein wichtiges Jahr geworden», weiß Jarvis. «Er wollte überlegen, ob er weiterfahren soll oder nicht. Wir waren übereingekommen, dass er uns seine Entscheidung bis Ende Juni mitteilt. Aber er hätte sich eventuell schon früher entscheiden können, zum Beispiel nach fünf oder sechs Rennen. Ich dachte, vielleicht teilt er uns bereits nach dem Mugello-GP mit, ob wir weiter mit ihm rechnen dürfen.»

«Da die Fahrer für unser Factory Team für 2021 schon feststehen, gab es klarerweise nur einen Platz für Valentino, der in Frage kam, das war im Petronas-Team», hält Jarvis fest. «Aber das muss dann noch im Detail mit dem Team und deren Sponsoren besprochen werden, denn es geht auch um die Zusammenstellung der Technik-Crew. Doch dieser Original-Plan hat sich inzwischen völlig in Luft aufgelöst. Wenn Valentino also jetzt darauf beharrt, fünf oder sechs Rennen zu bestreiten, bevor er eine Entscheidung über die Fortsetzung seiner Laufbahn trifft, dann wäre das für uns viel zu spät, denn das würde in diesem Jahr bis Oktober oder November dauern. Zu diesem Zeitpunkt können wir keine Pläne mehr für die MotoGP-Fahrerauswahl für die kommende Saison tätigen. Deshalb wird Valentino seine Entscheidung treffen, ob er weitermacht oder nicht, ohne ein Rennen bestritten zu haben.»

«Ich kann diese Entscheidung nicht vorwegnehmen. Ich kann nur meine persönlichen Gedanken dazu äußern», sagte Jarvis heute im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com. «Ich hoffe, dass er sich zum Weiterfahren entschließt. Denn ich glaube, dieses Jahr mit dem Covid-19-Problem wäre nicht der richtige Zeitpunkt für das Ende einer so legendären Sportlerlaufbahn. Denn im Worst-Case-Szenario erleben wir in diesem Jahr kein einziges Rennen. Wie tragisch wäre das, wenn die letzte Wettbewerbsaison eines so ikonenhaften Sportmanns einfach ausfallen würde? Ich glaube, dass sich Valentino ähnlich fühlt und deshalb den Wunsch äußern wird, noch ein Jahr weiterzufahren. Aber die Entscheidung liegt bei ihm. ‚It’s his call‘. Denn es ist sein Leben.»

Bleibt die Entscheidungsfrist für Rossi per Ende Juni aufrecht? Oder zeigt sich Lin Jarvis gegenüber dem 115-fachen GP-Sieger beim Zeitplan angesichts der ungewöhnlichen Umstände kompromissbereit?

Jarvis: «Wir wissen vorläufig nicht, wie der neue Kalender für 2020 aussehen wird. Aber weder Valentino noch wir können die ersten Rennen abwarten und nachher entscheiden. Es gibt keine vetragliche Deadline. Wir haben uns im Winter mündlich auf Ende Juni verständigt. Aber ich vermute, das Timing wird sich nicht stark ändern. Denn zwischen Ende Juni, Ende Juli und August wird sich nicht viel ändern. Außerdem hat Valentino inzwischen viel Zeit, um über sein Leben und seine Zukunft nachzudenken. Also warten wir ab. Wir werden dieses Thema mit ihm sicher in der nahen Zukunft besprechen.»

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