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Livio Suppo (Honda): «Jack Miller muss sich steigern»

Von Günther Wiesinger
HRC-Manager Livio Suppo macht kein Geheimnis daraus, dass die Verpflichtung von Jack Miller ein Risiko darstellte. «Aber der Assen-Sieg gibt ihm viel Selbstvertrauen», meint Suppo.

Es dauerte fast eineinhalb Jahre, bis Jack Miller vor drei Wochen in Barcelona endlich seinen ersten Top-Ten-Platz in der MotoGP-WM sichergestellt hat. Und jetzt gewann der tapfere 21-jährige Australier am Sonntag den Regen-GP von Assen vor WM-Leader Marc Márquez.

Die Honda Racing Corporation (HRC) musste viel Kritik einstecken, als sie Jack Miller 2014 als Moto3-Vizeweltmeister direkt in die Königsklasse lockte, von 55 auf 260 oder 270 PS. Tatsächlich machte «JackAss» Miller 2015 in der Rookies-Saison einige Fehler, aber er klassierte sich im LCR-Team als viertbester Open-Class-Fahrer hinter Barbera, Baz und Bradl, er wurde nur WM-Neunzehnter mit 17 Punkten.

Livio Suppo, Repsol-Honda Teamprinzipal und HRC-Sportdirektor, musste einige Geduld aufbringen, bis Jack Miller sein Potenzial richtig zur Schau stellte, obwohl er auch schon im Vorjahr einen elften Platz sicherstellte.

Livio, die ersten 25 MotoGP-Rennen von Jack Miller sind nicht alle sehr verheissungsvoll verlaufen. Habt ihr jemals gezweifelt, dass er für die MotoGP bereits geeignet ist? Oder habt man manchmal überlegt, ob Jack lieber eine Moto2-Saison bestreiten hätte sollen?

Am Sonntag in Assen hat Jack den Grand Prix gewonnen, er ist ein sehr gutes Rennen gefahren, er hat grossartige Arbeit geleistet.
Wir haben schon 2015 in Silverstone gesehen, dass Jack im Nassen sehr schnell ist. Nur hat er es damals übertrieben...

Ja, er hat beim Kampf um einen Podestplatz damals seinen LCR-Teamgefährten und sich selbst aus dem Sattel befördert...

Es ist klar, dass er ein sehr grosses Talent im Regen hat.
Der Sieg in Assen ändert nicht irgendetwas gravierend. Unser Plan war es sowieso, ihn auch für 2017 zu behalten, abgesehen davon, wie er in Assen abschneidet.
Er hat einen Drei-Jahres-Vertrag, ohne Optionen, ohne Ausstiegsklausel.
Wir wollten ihm drei Jahre Zeit geben, denn wir wussten von Anfang an, dass der Sprung von der Moto3 gross ist. Deshalb mussten wir Jack die Zeit geben, sich wirklich an die MotoGP-Maschine zu gewöhnen.
2015 war nur ein Lernjahr. Es ging für ihn darum, die MotoGP-Klasse zu verstehen. In dieser Saison muss er wachsen und sich steigern.
Leider hat sich Jack im Februar beim Cross-Training einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen. Diese Verletzung war natürlich keine grosse Hilfe... Aber bereits in Argentinien war er viel stärker als üblich.
Ein GP-Sieg ist immer kostbar für das Selbstvertrauen, ob er im Nassen oder im Trockenen passiert, spielt keine grosse Rolle.
Aber Assen darf für Jack nicht das Ziel aller Träume sein. Er muss diesen Erfolg als Anfangspunkt betrachten und weiter wachsen.
Es ist leicht jetzt zu sagen: Wir haben das immer gewusst.
In Wirklichkeit haben wir nichts gewusst.
Wir können bis heute nicht einschätzen, ob er das Potenzial hat, ein wirklicher Topfahrer in der MotoGP zu werden.
Aber wir haben 2014 ein gewisses Potenzial in Jack gesehen. Und in Assen hat er es zum Vorschein gebracht.
Sein Fahrstil scheint sich gut für die MotoGP zu eignen.

LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello hat 2015 hohe Ansprüche an Jack gestellt. Er verlangte den Open-Class-Sieg und einen Top-Ten-Rang in der Gesamtwertung. Das war zu viel verlangt, nicht wahr? Denn heute wissen wir, dass Jack wie alle Open-Class-Fahrer 2015 arg unter der Marelli-ECU gelitten hat. Mehr als alle geglaubt haben.
 

Ja, sicher, das Open-Bike war schwierig. Es hatte zum Beispiel kein Seamless-Getriebe.

Jack Miller sagte 2015 einmal, ohne diesen ganzen Elektronik-Schmarrn wäre er schneller.

Naja, im Grunde war das vielleicht eine gute Schule für ihn. Er steigert sich. Jetzt hoffen wir, dass ihm der Sieg in Assen viel Mumm gibt.
Auch für das Team ist das ein erfreulicher Triumph. Die MotoGP-WM ist für die Kundenteams heute eine schwierige Herausforderung.
Bei fünf Werksteams gibt es viele Topfahrer. Deshalb ist es schon schwierig genug für die Kundenteams, überhaupt aufs Podest zu kommen. Von Siegen ganz zu schweigen. Seit fast zehn Jahren in Portugal hat kein Kundenteam mehr in der MotoGP-WM gewonnen. Dieser Sieg bleibt in den Geschichtsbüchern bestehen. Deshalb bin ich für alle Beteiligten happy.

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