BMW-Rennchef: «Keine heile Welt wie in IDM für Reiti»
Markus Reiterberger aus dem Team Althea BMW
Als einer der Jüngsten in der Superbike-WM hat sich Markus Reiterberger 2016 viel Respekt erarbeitet, auch wenn es seit seinem schlimmen Crash in Misano (Wirbelbrüche) und der anschließenden monatelangen Verletzungspause mehr schlecht als recht lief.
Mit Rang 5 in Buriram bewies Reiti, zu was er fähig ist. In Sepang wäre es ohne Elektronikprobleme sogar Rang 4 geworden. Vor der Sommerpause fuhr der 22-Jährige fünfmal in die Top-10.
Doch wie alle BMW-Fahrer hatte der Bayer über die Saison damit zu kämpfen, dass das Abstimmungsfenster, in dem die S1000RR optimal funktioniert, sehr klein ist.
SPEEDWEEK.com sprach mit BMW-Rennchef Marc Bongers über Markus Reiterberger.
Marc, wie sehr hast du dich damit auseinandergesetzt, dass Reiti seit seinem Sturz «außer Form» ist, wie er selbst beim Finale in Katar sagte?
Auf dem Lausitzring war er im Training im Trockenen Zweiter, das war sein erstes Rennen nach dem Sturz. Dann hat sich das Team im Regen vergriffen, er ist zweimal auf die gleiche Pobacke gefallen wie in Misano und hat einen Haufen Vertrauen eingebüßt.
Er fühlt sich auf dem Motorrad nicht wohl. Das heißt aber nicht, dass er nach seinem Sturz nicht mehr zurückgekommen ist. Für Markus ist das Team um ihn herum nicht komfortabel, das nagt an seiner Performance, weil ihm das Vertrauen fehlt. Zum Teil zu den Leuten, zur Maschine und zur Abstimmung.
Das ließe sich nur dadurch ändern, dass diese Leute im Althea-Team ausgetauscht werden, wovon Teamchef Genesio Bevilacqua aber nichts hält.
Ja, da hat er eine sehr strikte Meinung. Die Verantwortung liegt klar bei Genesio, vertraglich ist es so geregelt, dass wir ihn mit der Elektronik unterstützen, das Team stellt er. Aber natürlich haben wir alle nichts davon, wenn das nicht funktioniert.
Da muss aber auch Markus an seiner Einstellung arbeiten, dass er diese heile Welt aus der IDM nicht mehr immer so haben kann. Und das Team muss schauen, dass sie Leute um ihn herum bilden, die sich verstehen.
Wieso ist es so schwierig, die von Reiti gelobten Qualitäten der IDM-BMW in die WM-Maschine zu transferieren?
Der Rahmen ist gleich, alles andere an der WM-Maschine ist anders.
Ein perfekt funktionierendes IDM-Motorrad ist im Prinzip ein Stock-Motorrad mit ein bisschen mehr Leistung. Ein perfekt funktionierendes Stock-Motorrad fährt in der Superbike-WM aber nicht vorne.
Um so ein Gefühl zu transferieren, braucht es viel Test- und viel Abstimmungszeit. Wir gehen aber nicht so viel testen wie die Topteams, das kostet einen Haufen Geld. Sie haben mehr Kapazitäten hinten dran, um mehr Teile auszuprobieren und auszusortieren.
Uns fehlt immer noch die Basis, bei uns dauert es immer bis zur Superpole, bis das Motorrad einigermaßen steht.
Einer wie Jonathan Rea, der eine Basis hat, der kann schon im freien Training die richtigen Reifen aussuchen und halbe Longruns machen. Diesen Rückstand holst du am Wochenende nicht mehr auf.
Und wieso ladet ihr nicht den Sprinter voll mit zwei Motorrädern, ein paar Teilen, einem Elektroniker, einem Mann für die Federelemente und einem Mechaniker und geht zum Testen? Testen ist vor allem dann teuer, wenn das ganze Team mit zwei 18-Meter-Zügen und 15 Mann Personal anrückt.
Das stimmt. Aber um die richtigen Teile zu machen, braucht es viel anderweitige Arbeit. Du kannst irgendwas probieren, oder dir ingenieursmäßig überlegen, rechnen, simulieren, in welche Richtung man gehen muss, um besser zu werden.
Das Stock-Motorrad ist ein sehr stimmiges Paket, das seit Jahren auch in der Serie getestet wird. Das Superbike hat so viele andere Teile, das muss erst wieder zusammen funktionieren als einheitliches Paket, auf dem sich der Fahrer wohlfühlt.
Da sind auch die Fahrer sehr unterschiedlich. Markus braucht es eher perfekt. Wenn er dieses Fenster trifft, dann ist er sauschnell.
Jordi Torres war die ganze Saison, mal abgesehen von Regenrennen, immer sehr stabil mit seiner Performance, egal auf welcher Strecke. Er hat anscheinend eine höhere Kapazität, um die Probleme herum zu fahren und damit zu leben, was er hat. Das heißt nicht, dass es perfekt ist. Das sieht man ja auch bei jedem Einlenken, dass er das Motorrad ins Eck reineiert. Mit der neuen Schwinge scheinen wir einen Schritt gemacht zu haben. Das Gefühl für die Front fehlt noch, daran arbeiten wir.
Aber es wird wieder eng. Wir gehen Ende Januar testen, die erste Februar-Woche geht das Zeug weg. Das heißt, wir fahren in Australien, was wir beim Test hatten.