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Wird 2019 die spannendste SBK-Saison seit Jahren?

Kolumne von Ivo Schützbach
Die Aufregung und Erwartung vor dem Start der Superbike-WM in Australien war so groß, wie seit Jahren nicht mehr. Fahrer, Teams und Medien sind wie selten einer Meinung: Uns steht eine prächtige Saison bevor.

2011 sahen wir in der Superbike-WM Werksteams von Aprilia, BMW, Kawasaki und Yamaha, dazu werksunterstützte Teams von Ducati sowie Honda und eine quasi private Suzuki des Alstare-Teams, im Jahr zuvor noch Vizeweltmeister mit Leon Haslam. Wenn sich alle Werke in ähnlicher Weise engagieren, dann herrscht hohe Leistungsdichte und wir sehen atemraubend Kämpfe, viele Fahrer mit Podestpotenzial und letztlich eine spannende Meisterschaft.

Dass damals Carlos Checa mit dem privaten Althea-Team, ausgerüstet mit feinstem Material aus der Rennabteilung von Ducati in Borgo Panigale, Weltmeister wurde, spricht für sich selbst.

In den folgenden Jahren stiegen nach und nach erst Suzuki und Yamaha, dann BMW und auch Aprilia aus. MV Agusta war zwischenzeitlich dabei, die Luxusmarke aus Varese hatte aber nie das Geld und die Ressourcen, um mit der F4RR ganz nach vorne zu kommen – vierte Plätze blieben das Maximum. Kurz mischten sogar erfolglos Bimota (Beginn 2014) und EBR (2014 und Beginn 2015) mit.

2015 war der Tiefpunkt erreicht, da waren nur noch Werksteams von Ducati und Kawasaki dabei. Maschinen von Aprilia, BMW, MV Agusta und Suzuki wurden von Privatteams eingesetzt.

Während der Ausstiegsflut der Hersteller reagierte Promoter Dorna, seit Herbst 2012 neben der MotoGP- auch für die Superbike-WM verantwortlich, und machte das technische Reglement immer seriennaher. Im zweiten Schritt wurden Kostendeckel für das Serienmotorrad, die Federelemente, Bremsen und Elektronik eingeführt. Anschließend wurden die Hersteller verpflichtet, sämtliche Kit-Teile ihren Kundenteams zugänglich zu machen.

2013 kehrte Ducati mit einem Werksteam zurück, 2016 Yamaha und 2019 BMW sowie Honda.

Das Startfeld in diesem Jahr hat nur 18 Piloten, die Qualität der Motorräder, Teams und Fahrer ist dafür ausgesprochen hoch.

Ducati und Yamaha haben neben dem Werksteam jeweils zwei weitere Fahrer, die auf identischem Material sitzen. Kawasaki hat neben dem Factory-Team drei Kundenteams mit je einem Fahrer.

Honda bringt erstmals seit 2002 wieder Werksmaschinen der Honda Racing Corporation, zuständig für alle Werksauftritte, an den Start.

Und BMW hat sich mit Shaun Muir Racing verbündet und entwickelt und baut in München wieder reinrassige Werksrenner.

Es wird einige Monate dauern, bis Honda und BMW das Niveau der anderen drei Hersteller erreicht haben. Sie lassen aber keine Zweifel daran, dass der Wille dazu vorhanden ist, das Know-how und die Ressourcen haben sie ohnehin.

Beim Saisonstart auf Phillip Island sahen wir HRC-Präsident Yoshishige Nomura und Tetsuhiro Kuwata, HRC Director und General Manager Race Operations. Dazu die Topmanager Soichi Yamana von Honda Motor und Masashi Yamamoto von der Motor Sports Division.

Dr. Markus Schramm, seit Mai 2018 Geschäftsführer von BMW Motorrad, ließ es sich nicht nehmen, sein neues Team drei Tage lang zu begleiten und flog dafür einmal um den Globus.

Das mag sich wenig spektakulär anhören, so hochrangige Leute von Honda und BMW trafen wir bislang aber nur alle fünf Jahre bei der Superbike-WM, ihr Erscheinen ist ein gutes Omen.

Motorentwicklung der Besten wird eingefroren

Seit 2018 gibt es das Reglement mit den Konzessionsteilen. Dieses Instrument soll erfolglose Hersteller der Spitze näherbringen. Für einen Sieg werden drei Konzessionspunkte vergeben, für Platz 2 zwei und der Dritte bekommt einen. Diese Punkte fließen auf das Konto des jeweiligen Herstellers, es zählen nur die beiden Hauptrennen über die volle Distanz, das Sprintrennen am Sonntagmorgen ist außen vor.

Hat ein Hersteller nach drei Meetings neun Punkte weniger als der Beste, darf er alle Teile aus der Liste der Konzessionsteile austauschen. Jeder Hersteller, der zum Ende der Saison 36 oder mehr Konzessionspunkte Rückstand auf den Besten hat, darf für die folgende Saison alle seine Konzessionsteile updaten. Liegt ein Hersteller soweit zurück, dass er die Konzessionsteile verwenden darf, wird automatisch die Motorenentwicklung aller anderen eingefroren.

Der Stand nach 2 Rennen:

1. Ducati, 6 Konzessionspunkte
2. Kawasaki 5
3. Yamaha 1

Da bei Honda und BMW nicht davon auszugehen ist, dass ihnen in den ersten Events Podestplätze gelingen, werden sie nach Aragon die Erlaubnis bekommen, die Konzessionsteile einzusetzen.

BMW wird voraussichtlich zum fünften Event in Imola eine Motorausbaustufe mit deutlich mehr Leistung bringen. Sobald der bayerische Hersteller den jetzigen Topspeed-Nachteil wettgemacht hat, dürfen wir Großes erwarten. Tom Sykes brauste mit 19 km/h weniger Topspeed als Alvaro Bautista auf seiner raketenhaften neuen Ducati V4R in der Superpole auf Startplatz 4 und im ersten Rennen auf Rang 7. In den kurvigen Sektoren 2 und 3 war der Engländer mit der S1000RR auf Phillip Island der Schnellste.

Honda hat deutlich mehr Arbeit vor sich, wird aber alles unternehmen, um auch in der Superbike-WM Erfolg zu haben: Seit James Toseland 2007 wurde kein Titel mehr gewonnen. Niemand würde sich wundern, wenn für 2020 ein neues Motorrad kommt, das eine deutlich bessere Basis bietet als die jetzige CBR1000RR Fireblade SP2, mit der kein Blumentopf zu gewinnen ist. 2019 ist für die Japaner ein Übergangsjahr.

Und Ducati ist nach den zwar erfolgreichen aber titellosen Jahren mit der Zweizylinder-Panigale mit der V4R der große Wurf gelungen. Es mag eine verkappte MotoGP-Maschine sein, die aber in allen Bereichen dem Reglement entspricht.

Endlich ein Gegner für Jonathan Rea

Serienweltmeister Jonathan Rea hat in Alvaro Bautista einen echten Gegner bekommen, seinem Kawasaki-Teamkollegen Leon Haslam, dem Yamaha-Quartett Marco Melandri, Michael van der Mark, Alex Lowes, Sandro Cortese sowie BMW-Ass Tom Sykes sind ebenfalls Podestplätze zuzutrauen.

Ich traue mich außerdem vorherzusagen, dass sich Vizeweltmeister Chaz Davies aus dem Ducati-Werksteam massiv steigern wird und dass wir Markus Reiterberger auf seiner BMW ab Saisonmitte regelmäßige in den Top-10 sehen. Toprak Razgatlioglu (Puccetti Kawasaki) und Eugene Laverty (Go Eleven Ducati) werden für einzelne Highlights sorgen.

Es ist alles angerichtet für die beste Saison seit Jahren.

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