Audi-Boss Gass: DTM war immer ein sensibles Konstrukt
Die DTM war immer ein Überlebenskünstler
Auf den ersten Blick scheint die Lage klar: Audi ist aufgrund des Coronavirus und die wirtschaftlichen Auswirkungen in die Krise geraten und muss einen Sparkurs einlegen. Und da hat die DTM mit einem ungefähren Budget von 50 Millionen Euro keinen Platz mehr.
Deshalb verkündete der Autobauer den Ausstieg für nach der Saison 2020. Für die DTM der mögliche Todesstoß, DTM-Chef Gerhard Berger kämpft aktuell um Lösungen. Mit einem endgültigen Aus würde das Szenario eintreten, das seit Jahren an die Wand gemalt wird.
Denn die DTM steckte irgendwie immer im Überlebenskampf, immer wieder stand sie am Abgrund, der Ruf war oft schlechter als die Serie in Wirklichkeit ist.
Mit Berger kam ab 2017 noch einmal Schwung in den Laden, doch Mercedes (2018), Aston Martin (Anfang 2020) und nun Audi kehrten der Serie den Rücken, so dass das Aus tatsächlich bald Realität werden könnte.
«Es gab in der DTM latent immer die Frage, wie es weitergeht. Das lag daran, dass in der neuen DTM fast immer zwei oder höchstens drei Hersteller fuhren. Drei Hersteller mit jeweils sechs oder acht Autos ist ein sensibles Konstrukt und anders zu sehen als Serien mit acht Herstellern à drei Autos. Das herrscht eine andere Sicherheit und auch Diskussionsbasis. Denn wenn bei acht Herstellern einer aussteigt, ist das kein Problem. Bei drei Herstellern hat das eine ganz andere Auswirkung», sagte Audis Motorsportchef Dieter Gass SPEEDWEEK.com.
In der Tat hat die Vergangenheit gezeigt, dass sich die Serie oft selbst im Weg stand, weil man sich den Ausstieg eines Konkurrenten nicht leisten konnte und sich deshalb bei Diskussionen im Kreis drehte.
Oder anders gesagt: Ausstiegs-Drohungen verfehlten ihre Wirkung nicht.
Hinzu kamen Veränderungen bei der Ausrichtung der Hersteller. Bereits das Mercedes-Aus 2018 warf die DTM damals weit zurück. Gass: «Die DTM hängt von dem Engagement der Hersteller ab. Und Hersteller machen nicht unbedingt immer 20 Jahre das gleiche Programm. Das ist der normale Verlauf, einer Serie wie der DTM bringt das eine gewisse latente Instabilität.»
Das ist aber nicht der einzige Grund für die aktuelle Situation.
Für Gass ist es «eine riesige Kombination aus allem. Die Kosten spielen eine große Rolle, aber nicht zuletzt auch das soziale Umfeld, das sich in einer großen Veränderung befindet.»
Nicht nur die DTM, der gesamte Motorsport muss um seine Fans kämpfen, vor allem in der jungen Zielgruppe. Doch da stellt sich heraus, dass bei vielen das Interesse nicht wirklich ausgeprägt ist.
«Die Jugend wächst mit anderen Umständen und Gedanken auf, und die klassischen Sportarten haben Konkurrenz durch eGaming oder Extremsportarten», so Gass: «Der Markt an Zuschauern ist begrenzt, und je größer und je attraktiver die anderen Angebote sind, desto schwieriger wird es für die Klassiker, die Leute zu begeistern. Das Thema muss man sich genau anschauen: Wie begeistere ich die Leute für meine Sache? Genau da beschreitet die Formel E einen neuen und anderen Weg, den man gut nutzen kann.»