Sergio Marchionne: Ferrari muss in der Formel E sein
Ferrari-Präsident Sergio Marchionne ist klug genug, überhaupt nichts auszuschliessen. Schon gar nicht im Motorsport. Im Herbst 2016 hat sich Mercedes einen Startplatz in der Formel E gesichert. Das führte zur naheliegenden Frage: Was plant Ferrari? Dazu hat Firmenchef Marchionne in einer Telefonkonferenz Stellung genommen. An sich ging es dabei um die erfreulichen Quartalszahlen von Ferrari, aber dabei wurde der Spitzenmanager auch auf kommende Hybridtechnik der Italiener angesprochen und das führte schliesslich zu Fragen zur Formel E.
Sergio Marchionne hat dabei im November festgehalten, dass ein Engagement von Ferrari durchaus denkbar sei, allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen – etwa dann, wenn die technischen Regeln ein wenig gelockert werden und das Konzept des Autowechsels im Rennen fallengelassen wird.
«Wir haben das alles mit unseren Kollegen hier bei Ferrari lang und breit erörtert», sagt der Fiat-Sanierer. «Wenn es auch weiterhin geplant sein sollte, dass zur Mitte der Rennen die Wagen gewechselt werden müssen, weil die Fahrzeuge ihre Leistung erschöpft haben, dann interessiert uns das nicht. Zudem widerstrebt uns die Vereinheitlichung von Bauteilen, das gehört nicht zu Ferrari. Wir wollen die Freiheit haben, unser ganzes technisches Wissen einzubringen.»
«Wenn die Serie weiter reift und gewisse Rahmenbedingungen gegeben wären, wenn sichergestellt wäre, dass wir einen echten Ferrari an den Start bringen können, dann kann ich mir ein Engagement durchaus vorstellen – aber heute nicht. Wenn überhaupt, dann passiert das erst in einigen Jahren. Aber möglich ist es.»
Marchionne beteuert, dass Hybridkonzepte (wie beim LaFerrari von 2013) zum festen Bestandteil künftiger Ferrari werde. «Ich glaube daran, dass eine Kombination aus Verbrennungsmotor und Energierückgewinnung einzigartige Antriebseinheiten erzeugt, welche die Leistungsfähigkeit solcher Autos nur erhöhen.»
Nun rückt Ferrari der Formel E näher. Denn in der Zeitschrift «Auto», welche vom Automobil-Weltverband FIA herausgegeben wird, präzisiert Marchionne auf die Frage, wie wahrscheinlich ein Einstieg von Ferrari in die Formel E sei: «Schwer zu sagen. Aber Ferrari muss an der Formel E beteiligt sein, denn Elektrifizierung über ein Hybridsystem, das ist Teil unserer Zukunft.»
«Hybridtechnik ist entscheidend für Ferrari. Wir können nicht abstreiten, dass uns die Vorschriften unter Druck setzen, aber wir könnten unsere Ziele auf andere Art und Weise erreichen. Die Herausforderung besteht darin – von Hybridisierung nicht nur in Form von Verringerung der Schadstoffe profitieren, sondern auch die Leistung steigern. Wir haben ja schon einen Supersportwagen mit Hybridtechnik, La Ferrari. Und in künftigen Modellen werden wir neuer Technik zum Durchbruch verhelfen, nicht nur Elektrifizierung.»
«Wir haben jedoch einen komplett anderen Ansatz als jene Marken, die Massenprodukte herstellen. Ferrari, das ist die Emotion des Fahrens. Wir begrüssen die Anforderungen kontinuierlicher Innovation. Ein Beispiel ist die Turbo-Technik unserer Achtzylindermodelle. Hier haben wir ein gutes Beispiel für Verbesserung der Fahrleistung bei gleichzeitiger Senkung der Umweltbelastung. Wir haben das aber auf unsere Weise gemacht – wir haben die übliche Verzögerung beim Ansprechen des Turbos verringert und der Motor klingt wie ein echter Ferrari. Wir haben viel Zeit und Geld dafür investiert, aber wir haben es geschafft.»
Mercedes: Formel-E-Startplatz gesichert
Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff und Serienboss Alejandro Agag haben anfangs Oktober eine Vereinbarung getroffen, um Mercedes einen Startplatz in der elektrischen Rennserie Formel E ab der fünften Saison zu reservieren.
Mercedes-Benz Grand Prix Ltd und Formula E Operations Ltd unterzeichneten eine Vereinbarung, die Mercedes per Option einen Einstieg in die Formel-E-Meisterschaft ab der fünften Saison ermöglicht. Gemäss der Optionsvereinbarung darf Mercedes sich dazu entscheiden, einer der maximal zwölf Teilnehmer zu sein, die dem Automobilweltverband FIA vom Veranstalter der Meisterschaft für die Formel E-Saison 2018/19 vorgeschlagen werden.
Vorbehaltlich der Genehmigung durch die FIA könnte Mercedes damit einen der beiden Plätze für Neueinsteiger besetzen, die das Feld ab der fünften Saison erweitern werden. In jenem Jahr sollen in der elektrischen Rennserie nicht mehr wie derzeit zwei Autos pro Fahrer eingesetzt werden, sondern nur noch eines.
Es wird erwartet, dass die zehn derzeit in der Formel E aktiven Teams auch in der fünften Saison und darüber hinaus teilnehmen werden – entweder in ihrer derzeitigen Form oder in Verbindung mit anderen Herstellern.
Serien-Boss Alejandro Agag erklärt: «Wir sind hocherfreut, bestätigen zu dürfen, dass wir einen unserer beiden Plätze für Neueinsteiger ab der fünften Saison für MGP reserviert haben. Die Formel E möchte sich zu der Plattform entwickeln, auf der die Automobilhersteller neue Technologien testen und entwickeln, bevor sie sie in ihren Strassenfahrzeugen einführen.»
«Die Chance, in Zukunft eine Marke wie Mercedes in unserer Meisterschaft zu sehen, ist ein riesiger Schub auf dem Weg zu diesem Ziel. Die Formel E entwickelt sich zu einer spannenden Mischung aus etablierten Herstellern wie Renault, Citroen-DS, Audi, Mahindra oder Jaguar sowie neuen futuristischen Marken wie Faraday Future, NextEV oder grossen Komponentenherstellern wie Schaeffler und ZF. Mercedes wäre eine prima Erweiterung dieses wachsenden Startfelds», fügt der Spanier an.
Auch Toto Wolff freut sich: «Wir haben das Wachstum der Formel E mit grossem Interesse verfolgt. Derzeit sehen wir uns alle verfügbaren Optionen für die Zukunft des Motorsports an. Umso glücklicher sind wir, dass uns diese Vereinbarung die Möglichkeit sichert, ab der fünften Saison an der Serie teilzunehmen. Elektrifizierung wird eine wichtige Rolle in der Zukunft der Automobilindustrie spielen. Der Rennsport war schon immer eine Forschungs- und Entwicklungsplattform für die Industrie, wodurch die Formel E in der Zukunft sehr an Bedeutung gewinnen wird.»