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Lewis Hamilton (Mercedes): «Ich verstehe das nicht»

Von Mathias Brunner
​Ratlosigkeit bei Weltmeister Mercedes-Benz: Lewis Hamilton versteht nicht, wieso er solche Reifenprobleme hat und Valtteri Bottas nicht. «Wir haben die gleiche Abstimmung, wir haben den gleichen Fahrstil.»

Am Samstagabend herrscht bei Mercedes-Benz eine merkwürdige Stimmung. So ratlos haben wir Lewis Hamilton selten erlebt. In aller Wahrscheinlichkeit wird der dreifache Formel-1-Weltmeister von Startplatz 13 ins Rennen gehen, ausgerechnet in jenem Grand Prix, bei dem die Startposition so wichtig ist.

Der Grund: Lewis Hamilton hat es zusammen mit seinen Ingenieuren nicht geschafft, die Reifen wunschgemäss zum Arbeiten zu bringen.

Selten ist Hamilton noch länger mit seinen Technikern zusammengesessen. Feierabend ist nicht drin, wenn der dreifache Champion in der Tinte sitzt. Das Motorrad, mit dem er jeweils zur Strecke kommt, bleibt dieses Mal verwaist stehen.

Der Engländer ist ein wandelndes Fragezeichen: «Ich verstehe das nicht. Ich habe nicht vergessen, wie ich in Monte Carlo schnell fahre. Valtteri und ich fahren mit der praktisch gleichen Abstimmung, wir haben am Wagen vom freien Training zum Qualifying auch nichts verstellt. Wir haben einen sehr ähnlichen Fahrstil. Und trotzdem verhalten sich die Reifen ganz unterschiedlich. Und es geht hier nicht nur um Temperaturunterschiede zwischen den Walzen an der Vorderachse und der Hinterachse. Es geht auch um Unterschiede von links nach rechts.»

«Basierend auf der ersten Nachbesprechung mit den Technikern tappen wir im Dunkeln. Grundsätzlich sprechen wir vom Problem, die Reifen ideal zum Arbeiten zu bringen. Wir müssen dem auf den Grund gehen. Wir hatten ein ähnliches Problem in Sotschi, da waren meine Reifen heisser als jene am Wagen von Bottas. Ich hoffe, wir finden ein Gegenmittel.»

«In Sotschi stellten wir an meinem Wagen und am Renner von Valtteri einen markanten Unterschied bei den Reifentemperaturen fest, wir reden hier von acht Grad oder so. Wir führten die Probleme dort darauf zurück. Hier aber ist unklar, was genau zu den Schwierigkeiten führt.»

«Ich mache das Gleiche wie immer, wenn ich aus der Box fahre. Ich habe meine Jungs gefragt: Soll ich beim Reifenaufwärmen etwas Anderes versuchen? Aber das hat auch nichts gebracht. Meine Aufwärmrunde war genau gleich schnell wie jene von Valtteri. Die Walzen kommen in einen optimalen Betriebsbereich, fallen dann aber aus diesem Fenster hinaus, nur um wieder zurückzukommen und wieder rauszufallen, und das mehrfach während der Runde. In der Regel sind sie zu wenig warm. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich schlecht fahre. Und langsam auch nicht.»

Mercedes ist nicht das einzige Team, das sich mit den Reifen schwertut. Genauer: Das damit Mühe hat, die Temperaturen vorne und hinten in Einklang zu bringen. Lewis: «Ich kann nicht für die Fahrer anderer Rennställe sprechen. Was uns verwirrt, das ist die Tatsache, dass die Reifen am einen Wagen halbwegs funktionieren und am anderen nicht. Ich kann auch den Reifen an sich nichts vorwerfen, denn andere Piloten bringen die Walzen ins optimale Betriebsfenster, also muss das für uns auch möglich sein.»

«Gleich nach dem Training war ich am Boden zerstört. Um genau zu sein, war ich so enttäuscht, dass ich unfähig war, aus dem Wagen zu steigen. Das ganze Team investiert so viel Arbeit ins Rennwochenende, und wenn du dann siehst, dass der andere Fahrer eine gute Zeit fahren kannst, du selber das aber nicht auf die Reihe bekommst, dann ist das sehr frustrierend. Es ist ein Rätsel. Ein solches Ergebnis macht mich fürs Team traurig.»

«Nun geht es um Schadensbegrenzung. Ich hoffe, Valtteri gewinnt das Rennen, um uns im Kampf um die Marken-WM so viele Punkte als möglich zu sammeln. Ich weiss nicht, wie gut ich ihn von da hinten aus unterstützen kann. Ich werde Risiken eingehen müssen.»

Wird Lewis Hamilton in Sachen Reifen Roulette spielen? Mit einer verrückten Taktik wie etwa einem Start auf superweich und diese Reifen nach nur einer Runde gegen ultraweiche Walzen einzutauschen? Immerhin hat Pirelli-Rennchef Mario Isola bestätigt, dass es theoretisch möglich ist, mit der weichsten Mischung das ganze Rennen zu bestreiten. Hamilton – wenn wir diesen Gedanken weiterspinnen – hätte dann seinen Stopp schon hinter sich, und dann bräuchte er nur noch eine Safety-Car-Phase, um sich in eine sehr appetitliche Position zu bringen.

Lewis antwortet: «Ganz ehrlich? Wir haben uns darüber noch keine Gedanken gemacht. Ich glaube, wir haben die besten Strategen der Formel 1 im Team, das überlasse ich ganz ihnen, ich bin sicher, sie lassen sich etwas ganz Besonderes einfallen. Und was die Reifen angeht – auch die weichste Mischung fühlt sich zu hart an.»

Lewis Hamilton glaubt nicht, dass er mit mehr Reifentestfahrten diese Probleme verhindern könnte: «Es gab vor Monaco ja nur in Sotschi einen Ausreisser. Ich fahre jetzt schon eine ganze Weile Formel 1. Und üblicherweise habe ich keine Schwierigkeiten mit den Reifen.»

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