Marc Surer: «Red Bull tanzt Ferrari auf der Nase rum»
Die Formel-1-Fahrer-WM ist entschieden: Lewis Hamilton hat in Mexiko alles klargemacht. Fad wird es beim Grand Prix von Brasilien gemäss Marc Surer dennoch nicht. Der Schweizer GP-Experte der deutschen Sky glaubt: «Wir haben jetzt eine spannende Situation. Und zwar gibt es drei Piloten, die jederzeit ein Rennen gewinnen können. Das gab es in der Vergangenheit nicht allzu häufig. Lewis Hamilton will nach seinem Titel sicher noch einmal beweisen, dass er nicht einschläft. Er wollte in Mexiko gewinnen und hat es nicht geschafft, er wird hoch motiviert sein. Für Sebastian Vettel wäre ein Sieg ganz dringend mal wieder nötig. Red Bull Racing mit Max Verstappen hat ja schon angekündigt, die letzten beiden Rennen gewinnen zu wollen. Alle sind also heiss auf den Sieg – das ist eine tolle Voraussetzung.»
Nach dem Mexiko-GP war die Gemütslage bei Ferrari geknickt, und Brasilien ist gemäss Surer eine gute Gelegenheit, um trübe Gedanken loszuwerden: «Ferrari muss versuchen, eine verzeihliche Stimmung hinzukriegen. So dass man nach der Saison behaupten kann: „Wir hätten das schaffen können.“ Im Moment sieht es ja so aus, als ob sie alles falsch machen würden, entweder der Fahrer oder das Team. Was natürlich so nicht stimmt. Es geht nun darum, mit einem positiven Gefühl in die Winterpause zu gehen. Ferrari ärgert es sicher, dass ihnen jetzt plötzlich Red Bull Racing auf der Nase herumtanzt – und dies trotz eines schwächeren Motors!»
Ferrari-Star Sebastian Vettel hat in Interlagos erklärt: Locker lassen gilt nicht, denn es gibt für die kommende Saison eine Menge zu lernen. Marc Surer vertieft: «Das Reglement bleibt konstant. Daher werden die Teams die verbleibenden Rennen nutzen, um neue Teile am fahrenden Auto auszuprobieren. Daraus kann man dann einen ersten Vorgeschmack erhalten, wer im nächsten Jahr ein gutes Auto haben wird. Denn die Testfahrten sind begrenzt und werden im Februar und März 2018 nur zwei Wintertests zu je vier Tagen haben.»
Heisses Thema in der Formel 1: Der Kostendeckel. Marc Surer findet: «Eine Bugdetobergrenze ist sicher eine ganz vernünftige Lösung. Dass man die langsam, aber sicher nun endlich einführt, ist auch richtig. Im Jahr 2019 soll ja nur mal ein behutsamer Versuch unternommen werden, ob das überhaupt funktioniert. Ich glaube, da kann eigentlich kein vernünftiger Mensch dagegen sein. Im Moment ist es so, dass die Top-Teams zu jedem GP-Wochenende neue Teile mitbringen. Das ist nicht gesund, die kleineren GP-Rennställe können da einfach nicht mithalten.»
Die Fachkräfte von Formel-1-Grossaktionär Liberty Media haben angekündigt: Wir denken in alle Richtungen. So wird beispielsweise auch daran gedacht, zu den Startaufstellungen von früher zurückzukehren – will heissen: Drei Fahrer in der ersten Startreihe, zwei Rennwagen in der zweiten, dann wieder drei Piloten in der dritten Reihe und so fort. Marc Surer erwidert: «Das ist für mich von der Sicherheit her inakzeptabel. Wir haben heute schon immer das Gedränge in der ersten Kurve. Wenn nun drei Piloten nebeneinander zur ersten Kurve streben, dann kann das eigentlich nur schiefgehen. Früher hatte man längere Bremswege, man konnte sich da eher aussortieren, da mag solch eine Regelung funktioniert haben.»
«Zudem: Wenn einer beim Start stehenbleibt, was wird dann passieren? Die Fahrer, die weiter hinten stehen, überlegen sich schon vorher einen Fluchtplan, wie sie auf solche Ereignisse reagieren. Wir sollen einen Kopfschutz Halo ans Auto bauen, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Und auf der anderen Seite macht man sich solche Gedanken – nicht zu glauben!»