Sebastian Vettel: Lob für Räikkönen – reine Taktik?
Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel
Kimi Räikkönen steht mit 38 Jahren im Herbst seiner Karriere. Jedes Jahr wird darüber spekuliert, ob Ferrari dem beliebten Finnen nochmals einen Vertrag gibt. Räikkönen selber hat klargemacht: «So lange ich Lust aufs Fahren habe und man mich will, so lange bleibe ich.» Seitens Ferrari heisst der Stehsatz: «Wenn Räikkönen seine Rolle erfüllt, dann spricht nichts gegen eine Vertragsverlängerung.» Die Rolle bedeutet, wie wir mehrfach gesehen haben, vor allem eines – Vettel den Rücken freihalten.
Seit 2015 fahren Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel bei Ferrari. Ginge es nur nach der Statistik, müsste Ferrari ernsthaft den zehn Jahre jüngeren Ricciardo als Kimi-Ersatz in Betracht ziehen: In etwas mehr als drei GP-Saisons hat Vettel zehn Rennen gewonnen, Kimi keines. Vettel stand doppelt so oft auf dem Siegerpodest (35:17), bei den Pole-Positions steht es 8:1 für den Deutschen, bei den Führungsrunden 691:63, in Sachen WM-Punkten 873:589. Eine klare Sache also, könnten wir glauben. Aber die Zahlen sagen eben nicht alles, betont Sebastian Vettel.
2018 fällt auf, dass Räikkönen näher an Vettel dran ist als in den letzten Jahren. GP-Sieger Johnny Herbert: «Ich könnte mir vorstellen, dass dies an zwei Gründen liegt – an den Charaktereigenschaften des Autos sowie am Verhalten der Reifen.»
Vettel meinte im Rahmen des Aserbaidschan-GP: «Es reicht nicht, wenn man nur die nackten Ergebnisse anschaut, man muss schon ein wenig in die Tiefe gehen. Wir sind in allen Trainings und auch im Rennen meist in der Nähe voneinander, und an einigen Tagen ist er mit dem Wagen besser zurechtgekommen. Ich hingegen hatte Mühe, den Wagen sofort zu verstehen. Ich habe den Eindruck, Kimi kompensierte gewissen Probleme mit seinem natürlichen Talent. Ich glaube auch, die Ergebnisse vom vergangenen Jahr haben das Bild verzerrt, was die Leistungsfähigkeit von Kimi angeht.»
Kimi selber äussert sich nicht darüber, dass er angeblich mit dem 2018er Auto besser zurechtkomme: «Nur Ergebnisse zählen, der Rest ist Geschwätz. Die Leute, die mit uns zusammenarbeiten, wissen genau, was Sache ist.»
Nochmal Sebastian Vettel: «Wir sind ein optimales Arbeitsduo, es gibt keine Probleme zwischen uns. Ich halte das für einen grossen Vorteil, weil wir uns auf die Arbeit konzentrieren können.»
Hat das Lob vielleicht den Hintergrund, dass Sebastian Vettel ein Stallgefährte namens Kimi Räikkönen lieber wäre als der jüngere Daniel Ricciardo? Vettel verneint das: «Wer für Ferrari fährt, das ist nicht meine Entscheidung. Ich hätte kein Problem damit, wenn Ricciardo zu Ferrari kommt. Wir haben schon einmal zusammengearbeitet, das war 2014. Kein gutes Jahr für mich damals, aber ich kenne Daniel seit vielen Jahren, er ist ein guter Kerl.»