1000. Grand Prix: In Shanghai 2019 statt Silverstone
Formel-1-Fans wissen – Silverstone ist die Wiege der Formel-1-Weltmeisterschaft: Am 13. Mai 1950 fand auf dem früheren Flugfeld der erste WM-Lauf statt. Vier Alfa-Romeo-Renner gingen aus Reihe 1 ins Rennen, Nino Farina gewann von Pole-Position aus, später wurde der Italiener auch erster Formel-1-Weltmeister. 60 Jahre später organisierte der langjährige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone in Arabien ein fabelhaftes Fest: In Bahrain 2010 waren fast alle damals lebenden Weltmeister zu Gast, nur Kimi Räikkönen und Nelson Piquet schwänzten. Trotz seiner 83 Jahre reiste Sir Jack Brabham an, John Surtees liess es in seinem früheren Ferrari knallen, Emerson Fittipaldi wetzte im wunderbaren Lotus 72 um die Kurven. Anschliessend wurde gefachsimpelt mit seinem Freund Sir Jackie Stewart. Bahrain 2010 war eine von den arabischen Gastgebern mit viel Liebe organisierte Feierstunde mit den Champions Mario Andretti, Keke Rosberg, Jody Scheckter, Nigel Mansell und Mika Häkkinen genossen es sichtlich, ihre Weltmeisterkollegen zu treffen; klar durften auch Michael Schumacher, Damon Hill, Lewis Hamilton, Jenson Button, Jacques Villeneuve, Alan Jones, Alain Prost, Niki Lauda und Fernando Alonso nicht fehlen.
Nun taucht am Horizont eine andere Feierstunde auf: der 1000. WM-Lauf seit Silverstone 1950. Nach 21 Rennen in dieser Saison 2018 werden wir im kommenden November bei 997 Läufen stehen, anders gesagt – der dritte WM-Lauf 2019 wird zum 1000. Formel-1-WM-Rennen.
Gegenüber der britischen Sky hat Formel-1-Geschäftsleiter Sean Braches jetzt zugegeben: Dieser Meilenstein der WM-Historie wird mit grosser Wahrscheinlichkeit in China gesetzt! «Silverstone ist die Wiege dieses Sports», sagt der in Berlin geborene US-Amerikaner. «Wir wollten das 1000. Rennen in Silverstone austragen. Aber nach Gesprächen mit John Grant, dem Vorstands-Chef der englischen Rennstrecke, sind wir zum Schluss gekommen – das Wetter dort wäre im April einfach nicht optimal.»
Dagegen spricht tatsächlich das Silverstone-Rennen vom April 2000, als unzählige Besucher samt ihrer Autos im Schlamm absoffen. Das Wochenende war die reinste Katastophe. Die mit Regen vollgesogenen Wiesen wurden zu Autofallen, Fans wurden gebeten, zuhause zu bleiben, ein unfassbares Chaos.
Bratches glaubt: «China ist doch ein toller Rahmen für dieses besondere Rennen. China ist Teil unserer Zukunft.»
Bei allem Respekt für Sean Bratches, aber der 1000. WM-Lauf auf dem blutarmen Shanghai International Circuit? In einem Land ohne Formel-1-Geschichte? Dafür haben viele Fans kein Verständnis, wie Reaktionen in der Internetgemeinde zeigen.
Es gäbe durchaus eine Alternative.
Die Formel 1 könnte Australien, gewiss mit reicherer GP-Historie als Bahrain und China, zum dritten Rennen machen. Problem hier: Melbourne fühlt sich eigentlich in der Rolle des WM-Auftakts sehr wohl. Und wie bei China gilt: Wer würde zur Feierstunde so weit fliegen wollen?
Anderer Schachzug: Einen Traditions-GP vorziehen. Aber Silverstone ist wegen des Wetters unmöglich. Monza im April? Schon besser. Aber wollen das die Italiener?
Spa-Francorchamps im April? Dann hätten wir nicht nur Regen wie in Silverstone, sondern saukalten Regen. Oder gleich Schnee in den Ardennen!
Monaco: Frühling am Mittelmeer klingt prima, aber wären die Monegassen gewillt, vom Traditionstermin Ende Mai abzuweichen und den prestigeträchtigsten aller Grands Prix einen Monat früher auszutragen?
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, aber derzeit scheint der 1000. Lauf wirklich im Reich der Mitte stattzufinden. Schade.
Formel-1-WM: Die Meilensteine
1. Grand Prix: Silverstone 1950
100. GP: Nürburgring 1961
200. GP: Monaco 1971
250. GP: Watkins Glen 1974
300. GP: Kyalami 1978
400. GP: Spielberg 1984
500. GP: Adelaide 1990
600. GP: Buenos Aires 1997
700. GP: Interlagos 2003
750. GP: Shanghai 2005
800. GP: Singapur 2008
900. GP: Sakhir 2014