Renault/Nissan-Chef Carlos Ghosn: U-Haft verlängert
Carlos Ghosn
Carlos Ghosn sitzt in Tokio hinter Gittern. Dem 64jährigen Franzosen mit libanesischen Wurzeln wird vorgeworfen, Firmengelder für private Zwecke verwendet und Gehälter unkorrekt versteuert zu haben. Eben wurde die Untersuchungshaft um zehn Tage verlängert, maximal kann ein Verdächtiger in Japan ohne Anklage 23 Tage hinter Gittern behalten werden. Für ähnliche Vergehen wie sie Ghosn zur Last gelegt werden, werden in Japan bis zu zehn Jahre Gefängnis ausgesprochen.
Die Absetzung des Nissan- und Renault-Sanierers wirft enorme Wellen. Bei Renault hat Geschäftsleiter Thierry Bolloré den Posten von Ghosn übernommen, allerdings nur als Übergangslösung. Nissan ging entschlossener vor: Der Vorstand des zweitgrössten Autoherstellers von Japan (nach Toyota) hat Ghosn fristlos entlassen und eine unabhängige Untersuchung eingeleitet. Nissan-CEO Hiroto Siakawa in Yokohama: «Wir dulden in unsererm Unternehmen kein solches Verhalten.»
Der Nissan-Vorstand fürchtet die Macht der japanischen Justiz: Durchaus denkbar, dass dem Autohersteller vorgeworfen werden wird, er hätte seiner Gallionsfigur nicht genau genug auf die Finger geschaut. Wird nachgewiesen, dass hier Kontrollinstanzen versagt haben, dann kann Nissan dafür belangt werden.
Noch unklar ist, wie es bei Misubishi weitergeht: Beim dritten Partner der Auto-Allianz wird in der kommenden Woche darüber befunden, was mit dem Vorsitzenden Ghosn passieren soll. Eine weitere Absetzung gilt nur als Frage der Zeit.
Die Vorwürfe gegen Carlos Ghosn sind umfangreich. Der in Brasilien geborene Spitzen-Manager steht im Verdacht, von 2011 bis 2015 systematisch Einkommen zu gering angegeben zu haben, in Höhe von insgesamt fast 40 Millionen Euro. Es ist auch davon die Rede, dass Ghosn mit Firmengeld in verschiedenen Städten Luxuswohnungen gekauft haben soll, in Rio und Paris, in Amsterdam und Beirut. Verdächtig scheint auch ein 1,7-Millionen-Dollar-Beratervertrag für Ghons Schwester. Es wird sogar behauptet, Ghosn habe sich seine Scheidung von der Firma finanzieren lassen.
Für Carlos Ghosn gilt die Unschuldsvermutung.
Die Aktien von Renault und Nissan sind durch die Festnahme des einflussreichen Auto-Managers eingebrochen. Fraglich ist, wie es durch dieses Erdbeben mit der Allianz zwischen Renault und Nissan weitergeht.
Längerfristig steht auch das Formel-1-Team von Renault auf dem Prüfstand. Ghosn hatte sich nach langem Ringen dazu entschlossen, Renault 2016 als Werksrennstall in den Grand-Prix-Sport zurückzubringen. Ob ein Nachfolger nach Ablauf der gegenwärtigen Abkommen mit der Formel 1 das millionenteure Engagement ebenfalls gutheisst, wird sich zeigen.
Renault-Teamchef Cyril Abiteboul: «Carlos Ghosn war zweifellos sehr hilfreich dabei, dass wir in die Formel 1 zurückgekehrt sind. Aber Renault ist seit mehr als vierzig Jahren im Grand-Prix-Sport, und die Entscheidung damals zur Rückkehr war eine Entscheidung des Vorstands, nicht von Ghosn alleine.»