Formel 1: Ohrfeige für Gegner von Verstappen

Charles Leclerc (Ferrari): «Da ist null Besessenheit»

Von Mathias Brunner
Leclerc gegen Vettel werden wir noch ein paar Mal erleben

Leclerc gegen Vettel werden wir noch ein paar Mal erleben

​Der junge Monegasse Charles Leclerc hätte in Bahrain gewinnen müssen, in Australien und China musste er die Stallorder von Ferrari verdauen. Er sagt über sich selber: «Der Wille zum Sieg ist keine Besessenheit.»

In der Anfangsphase des Grossen Preises von China folgte Sebastian Vettel seinem jungen Stallgefährten Charles Leclerc wie ein Schatten. Seb war zwar gut losgefahren, dann in der ersten Kurve wurde er hinter Bottas eingeklemmt, davon profitierte frech Leclerc. Ex-GP-Pilot Martin Brundle nach sechs Runden: «Es ist klar, dass Vettel nun der schnellere Mann ist. Wann reagiert Ferrari?»

In Runde 9 erhielt Vettel die Aufforderung, Tempo zuzulegen, um vorne die Mercedes nicht entwischen zu lassen. Gleichzeitig erhielt Charles die Warnung: «Du musst schneller fahren, sonst holen wir Vettel nach vorne.»

Es war das Spiegelbild von Bahrain: Damals lag Vettel vorne, doch der dahinter fahrende Leclerc konnte offenbar mehr Tempo zeigen.

Eine Runde später der Befehl an Leclerc: «Lass Seb vorbei!» Charles wehrte sich: «Aber ich ziehe ihm doch weg.» Nein, tat er nicht. Vettel ging vorbei.

Leclerc maulte danach am Funk, worauf vom Ferrari-Kommandostand kühl zurückkam: «Wir machen hier unseren Job, konzentrier dich aufs Fahren.»

Vettel konnte sich frelich nicht so vom zweiten Ferrari absetzen wie geplant, er liess zwei Mal ein Rad blockieren, sprach später von Schwierigkeiten mit den Reifen. Leclerc meldete sich unaufgefordert zu Wort und sagte patzig: «Ich verliere hier Zeit – nur falls ihr das vielleicht wissen wollt.» Antwort von den Technikern: «Wir diskutieren das.»

Diskutiert wird bis heute. Unmittelbar nach dem Rennen zeigte sich Leclerc sehr enttäuscht, mit etwas Abstand sprach er davon, die Entscheidung nachvollziehen zu können. Aber so richtig überzeugend wirkt der Monegasse dabei nicht.

Das Thema Stallorder hat Ferrari bis nach Baku begleitet. Dort sagt Charles: «Ich bin einer, der nach einem Rückschlag bald nach vorne blickt. Gewiss bin ich ungeduldig, meinen ersten Sieg einzufahren. Jeder von uns will zeigen, was ihn ihm steckt, jeder von uns ist mit Leidenschaft bei der Sache. Und das zeigt sich auch in gewissen Reaktionen auf der Bahn.»

«Es ist frustrierend, wenn du Stallorder bekommst. Aber in gewisser Weise habe ich Verständnis für die Entscheidung des Teams. Seb ist ein vierfacher Champion und in seinem fünften Jahr bei Ferrari. Ich habe bei Ferrari eben erst begonnen und muss noch viel beweisen.»

Aber fühlt sich Leclerc unter Druck, endlich den ersten Sieg einzufahren? «So weit würde ich nicht gehen. Ich will einfach ein gutes Rennwochenende zeigen. Die Voraussetzungen dafür sind gut. Ich fühle mich generell auf Strassenkursen gut, und hier in Baku ist es für mich immer gut gelaufen.»

«Aber ich sehe die Jagd nach dem ersten Sieg nicht als Besessenheit. Das wäre keine gute Einstellung. Ich will vielmehr das Beste aus den Möglichkeiten machen. Wenn mir das gelingt, dann weiss ich – der erste Sieg kommt. Ich weiss nur nicht wann.»

Wird Leclerc eine weitere Stallorder akzeptieren? «Unter gewissen Umständen – ja. Aber das ist eher eine Frage an Teamchef Mattia Binotto.»

Glaubt Charles, dass er Vettel über eine ganze Saison schlagen kann und das auch darf? Leclerc druckst herum: «Das ist eine tückische Frage. Ich glaube, dass ich das kann. Aber es ist das Eine, so etwas zu sagen, und etwas ganz Anderes, das auch zu schaffen. Ich weiss, dass ich dafür noch sehr viel arbeiten muss.»

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