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Niki Lauda: «Das darfst du jetzt aber net schreiben»

Kolumne von Gerhard Kuntschik
Niki Lauda

Niki Lauda

​Der dreifache Formel-1-Weltmeister Niki Lauda hat am 20. Mai 2019 für immer die Augen geschlossen. Dies ist ein kleiner, sehr persönlicher Blick auf einen aussergewöhnlichen Menschen.

Als Niki Lauda Anfang 2019 seinem 70. Geburtstag entgegenstrebte, wussten Menschen, die den Wiener länger kannten: Sie brauchten ihn gar nicht erst anzurufen wegen der runden Zahl. Geburtstage oder Jubiläen haben ihm nichts bedeutet. Und zu diesem Zeitpunkt war Niki bereits gesundheitlich schwer abgeschlagen.

Jubiläen sagten ihm nichts. Wurde er an einen bestimmten Tag erinnert, als er seinen ersten Grand Prix gewann, als er Weltmeister wurde, an das WM-Finale von Fuji 1976, reagierte er eher erstaunt bis milde verärgert. Lauda war kein Mensch, der in der Vergangenheit lebte.

Blicken wir zurück auf das, was uns spontan aus 47 Jahren Koexistenz mit Niki im Motorsport und Wirtschaftsleben einfällt.

Selbst der junge Herr Lauda war eine Respektsperson, und gemäß eigener guter Erziehung begannen die ersten Gespräche mit dem Formel-2-Fahrer und Grand-Prix-Aspiranten stets mit «Herr Lauda». Die Höflichkeit wurde zwar bald beiderseits ein wenig reduziert, der gegenseitige Respekt blieb.

Als Lauda an die 15 Jahre in Hof bei Salzburg wohnte, war er natürlich noch mehr unser Lokalmatador. Interviews im Anwesen nördlich von Hof waren ein Highlight einer jungen Journalistenlaufbahn. Eine Paparazzi-Angst war bei Lauda nicht zu erkennen.

Etwas schwieriger war das Vereinbaren von persönlichen oder telefonischen Gesprächen, denn ja, es gab eine Zeit vor Mobiltelefonen. Nur Festnetz. Und dazu noch Geheimnummern. Auftragsdienst. Ersuchen um Rückruf.

Lauda rief zurück, wenn er zuhause war. Oder er war im Hotel in irgendwo auf der Welt erreichbar.

March, BRM, Ferrari, Brabham, Kunstpause, McLaren.

Die Anfänge als «Airliner». Lauda erkannte schon früh: Die Medien brauchten ihn, aber er brauchte auch die Medien. Sport. Wirtschaft. Gesellschaft.

Wir waren seine Klientel, und er war für uns greifbar. «Wie macht ihr das mit euren Stars?», fragten später oft deutsche Kollegen, als wir längst dank Handy mit Lauda & Co. sprachen, selbst die Deutsche Presseagentur aber Schumacher-Zitate so deklarieren musste: «… teilte Michael Schumacher auf seiner Homepage mit».

Lauda kam mit fast mit allen Journalisten gut aus, er wusste die Medien einzuschätzen. Er kam deshalb auch selten in die Kritik. Für uns gab er als Rennfahrer genauso viel her wie als Unternehmer.

Salzburg war nicht nur eine Zeit lang seine Heimat, sondern blieb sie auch beruflich längere Ziet. Als die Lauda Air mit den Canadair-Jets einen Minihub in Salzburg errichtete und von hier täglich mehrmals Frankfurt, Brüssel, London und Paris anflog und mit der Austrian Airline Krieg führte, hatte der Salzburg Airport Verbindungen, denen Vielflieger heute noch nachtrauern.

Dazu passte, dass Niki seine erste Boeing 777 auf einer Pressekonferenz in Salzburg vorstellte, noch in Original-Boeing-Bemalung. Die Wiener Presse flog er damit zum Salzburg Airport. Und wieder retour.

Mit Niki im Privatjet zu einem Grand Prix zu fliegen, war ein Erlebnis – und ersparte viel Nachfragen beim Rennen, denn die Fragen des neugierigen Journalisten beantwortete er schon vom Cockpit aus.

Mit ihm verlief alles direkt. Lauda berichtete viel, «was du aber net schreiben darfst», doch die Hintergrundinfo war da. Lauda als Sparefroh, dem jegliches Geldausgeben zuwider war, das war so eine andere Sache. Den Ruf des extremen Sparmeisters hat er sich über die Jahre redlich erarbeitet, doch es kam immer ein Gegenwert.

In den vergangenen Jahren fanden längere Lauda-Interviews, wenn nicht in einem Motorhome auf einer F1-Strecke, stets beim Frühstück statt. Im Wiener Imperial. Wenn der schwarze AMG mit S-Kennzeichen in der ersten Reihe vor dem Eingang vorn parkte, ordinierte Doktor Lauda. Im Café, hinten rechts, hinter dem Paravent.

Es ist nicht lange her, da war ein Herr Sebastian Kurz sein Gesprächspartner unmittelbar vor dem Autor. Das war das billigste Interview für dessen Budget, denn Herr Kurz hatte die Rechnung übernommen. Sonst ging das Frühstücksinterview auf Redaktionskosten: «Schließlich wollt ihr ja was von mir», pflegte der sparsame Niki zu sagen. Strenge Rechnung, gute Freunde – und prächtige Interviews.

Niki war in der Formel 1 eine Legende. Bei den Italienern. Bei den Briten. Bei den Deutschen, wegen seines Journalistenjobs bei RTL. Und sonst auch. Wer meint, die Formel 1 sei heute zu ernst, der brauchte nur Sonntagfrüh bei einem Grand Prix in der Energy Station von Red Bull vorbeizukommen, 1. Stock.

Lauda mit Helmut Marko, oft auch Christian Horner. Manchmal tiefschürfend, manchmal auch kabarettistisch. Seinen trockenen Humor hat Lauda stets behalten.

Den werden wir am meisten vermissen.

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