Lewis Hamilton zu Vettel: «Ich hätte das auch getan»
Sebastian Vettel, Martin Brundle und Lewis Hamilton nach dem Kanada-GP
Diese Szene sagt alles über den grossen Respekt zwischen den Champions Lewis Hamilton und Sebastian Vettel. Als der Mercedes-Star auf dem Siegerpodest ein paar Worte sagte, begannen viele Fans zu buhen und zu pfeifen. Da schritt Sebastian Vettel sofort ein und meinte: «Die Leute sollen Lewis nicht auspfeifen oder buhen. Hamilton hat mir gegenüber viel Respekt gezeigt. Wenn jemand ausgebuht gehört, dann die Rennkommissare.»
Einhellige Meinung im Fahrerlager nach dem umstrittenen Urteil in Kanada: Die Strafe gegen Vettel war sehr hart. Was an Bord eines Formel-1-Autos passiert, können nur die Rennfahrer beurteilen. Was sagt jener Mann, der in jener Situation Vettel am nächsten war – Lewis Hamilton – mit etwas Abstand? Der fünffache Weltmeister: «Ich habe mir jetzt die Aufnahmen verschiedene Male angeschaut. Ich kann nur sagen: Wenn ich die Führung hätte und mir würde der gleiche Fehler passieren, dann hätte ich wohl genau so reagiert wie Vettel.»
«Da geht alles so schnell, und du versuchst einfach verzweifelt, deine Position zu halten. Und wenn ich sage, ich hätte das Gleiche getan, dann sage ich auch – ich hätte ebenfalls versucht, ihn einzuklemmen. Wenn es diese Regel nicht gäbe, dann wäre ich da voll auf dem Stempel geblieben, und wir wären wohl kollidiert. So oder so konnte es nur böse enden.»
Aber hat Hamilton nicht am Funk sofort von einer unsicheren Rückkehr Vettels auf die Bahn geredet? «Ja schon, und dabei bleibe ich. Ich schaute mir die Videobilder an und auch die Borddaten. Da ist klar zu sehen, dass ich auf die Bremse musste, um einen Crash zu verhindern. Aber es ist nun mal so – als Racer siehst du eine solche Szene anders denn als Zuschauer. Du handelst instinktiv, und der stärkste Instinkt ist in dieser Sekunde: Platz halten! Kein echter Racer denkt doch: ‘Oh, ich muss ihm jetzt aber zu viel Platz lassen, auch wenn mich das die Führung kosten sollte.’»
«Klar hat er mich blockiert, er war neben der Bahn, seine Rückkehr war unsicher, die Regeln sprechen dazu eine klare Sprache. Aber das ändert nichts daran: Ich hätte das auch so getan, und abgesehen von diesem einen Fehler ist Seb ein fabelhaftes Rennen gefahren.»
«Ferrari hatte in Kanada ein verflixt schnelles Auto. Wenn sie es geschafft hätten, beide Fahrzeuge in die erste Reihe zu bringen, hätten sie einen Doppelsieg einfahren müssen. Im ersten Teil des Grand Prix dachte ich: ‘Mann, sind die schnell! Wie soll ich da mithalten?’ Aber mit zunehmender Dauer wurde ich schneller, und nach dem Reifenwechsel wusste ich, dass ich wieder voll im Rennen bin.»