Pascal Wehrlein: F1-Comeback 2021 mit neuem Team?
Wenn die Königsklasse 2021 mit einem frischen Reglement antritt, könnten wir neue Rennställe erleben. Formel-1-Sportchef Ross Brawn Ende August: «Eine überraschende Anzahl Teams zeigen Interesse an einem F1-Einstieg. Wir haben diesen Rennställen gesagt: ‚Lasst uns doch erst einmal diese neuen Regeln einführen und sicherstellen, dass diese gut funktionieren, bevor wir neue Teilnehmer suchen.’ Wir sollten sicherstellen, dass neue Teilnehmer wirklich etwas zur Show beitragen. Und wir müssen aus der Vergangenheit lernen. Einige dieser kleinen Teams, die neu eingestiegen sind, kamen und gingen wieder, ohne wirklich etwas zur Formel 1 beizutragen. Ich denke deshalb, dass wir erst eine stabile Situation mit den 2021er-Regeln schaffen müssen, bevor wir prüfen, ob es eine neue Möglichkeit für Neueinsteiger gibt.»
Einer der Interessenten ist nun vorgeprescht: Die Investment-Firma Monaco Increase Management (MIM) gibt an, 2021 in der Formel 1 mitmitmischen zu wollen – mit dem Deutschen Pascal Wehrlein (derzeit in der Formel E und Simulatorfahrer von Ferrari) sowie dem Spanier Álex Palou, der 2019 in der japanischen Super Formula engagiert ist. Beide Fahrer sind bei MIM unter Vertrag.
Die MIM-Gruppe spricht von Treffen mit Formel-1-CEO Chase Carey im Rahmen des Spanien-GP Mitte Mai, dazu von Sitzungen mit Ross Brawn am 15. Mai und 31. Juli.
Hinter dem Projekt stehen der frühere spanische Formel-1-Fahrer Adrián Campos und der Italiener Salvatore Gandolfo, der in der Schweiz aufgewachsen ist und in Monaco lebt.
Campos, der 1987 und 1988 für das Minardi-Team (heute Toro Rosso) Grands Prix gefahren hat. Später hat er Campos Grand Prix gegründet, doch mit diesem Rennstall hat der F1-Einstieg nicht geklappt, daraus wurde das Hispania Racing F1 Team, das ab Bahrain 2010 im GP-Sport antrat, Ende 2012 aber zusperren musste.
Campos ist heute in Form von Campos Racing in der Formel 2 engagiert (Jack Aitken ist Meisterschafts-Vierter) und auch in der Formel 3 am Start (Debüt von Ralf Schumacher in Sotschi).
Campos ist in Rennkreisen bekannt, Gandolfo weniger. Salvatore Gandolfo ist Verwaltungsrats-Chef der Firma Vexatec. Deren intelligentes T-Shirt hat bemerkenswerte Eigenschaften: Die in den leitfähigen Stoff integrierten Sensoren führen bis zu 50 Echtzeit-Messungen pro Sekunde durch. Erhoben werden unter anderem: EKG, Puls, Kalorienverbrauch, Geschwindigkeit, Distanz, Beschleunigung, g-Kraft, Rotation, Körperhaltung, Anzahl Schritte und die Geo-Position. Dabei kommen grosse Datenmengen zusammen, die nicht nur erfasst und gespeichert, sondern auch in Echtzeit übertragen und analysiert werden können. Dies erlaubt Spitzen- und Breitensportlern eine Analyse der Bewegungsabläufe und der Trainingsbelastung.
«Wir haben einfach daran geglaubt, dass es möglich ist, solche intelligenten Kleidungsstücke zu machen. Dann sind wir auf die Suche nach verfügbaren Technologien gegangen», sagt Salvatore Gandolfo. «Offiziell als Firma haben wir erst 2015 angefangen.»
Am neuen Formel-1-Projekt arbeiten Peter McCool als Technikchef (früherer Chefdesigner von SuperAguri, heute Besitzer der Firma «Shape») und Aerodynamiker Ben Wood (der seit mehr als 20 Jahren «Dynamique» führt, ein Unternehmen für Aerodynamik). Wood hat unter Anderem bei Formel-1-Weltmeister Mercedes-Benz als leitender Aerodynamiker gearbeitet.
Seit Juli 2019 befassen sich die Fachleute mit Studien für 2021, es laufen Verhandlungen mit bestehenden Rennställen und Motorherstellern für Partnerschaften ab 2021. Es wird nicht präzisiert, wie die aussehen sollen.
Salvatore Gandolfo: «Wir sehen den Einstieg 2021 als Langzeitprojekt. Wir sind uns bewusst darüber, dass wir vor einer grossen Herausforderung stehen. Aber wir haben Fachleute, die Tag und Nacht an der Umsetzung unserer Pläne arbeiten. Wir sehen eine neue Formel 1 mit Budgetdeckel, anderer Preisgeldverteilung und frischen Technikregeln als prima Gelegenheit für Einsteiger.»
Campos F2 und Campos F3 werden erhalten bleiben, als Talente-Lieferant für die Formel 1. Ein Talent, das MIM auf dem Radar hat: den 17jährigen Spitzen-Kartfahrer David Vidales.
2016 hatten wir elf Rennställe, leider ging dann Manor ein. 2012 hatten wir zwölf Rennställe, doch von den 2010 neu in den Sport gekommenen Rennställen (Virgin, daraus wurde via Marussia dann Manor; Lotus, daraus wurde Caterham; Hispania Racing Team) hat keiner überlebt. Bei HRT gingen Ende 2012 die Lichter aus, bei Caterham Ende 2014, bei Manor Ende 2016. Seit 2016 haben wir dafür das Team des amerikanischen Unternehmers Gene Haas.
FIA-Präsident Jean Todt sagte zum Thema neue Rennställe: «Wenn wir glauben, dass die Zeit dazu reif ist, dann werden wir zwei zusätzliche Plätze ausschreiben. Wir möchten eigentlich wieder auf zwölf Rennställe kommen. Wenn ein grosser Hersteller einsteigen will, dann fällt die Prüfung leichter. Wenn ein unabhängiges Team kommen möchte, dann schauen wir uns das ein wenig genauer an.»
Neulinge brauchen tüchtig Finanzkraft: Nicht nur, dass in Paris 20 Millionen Dollar Kaution hinterlegt werden müssen, sondern ein neues Team muss auch einen Geschäftsplan für fünf Jahre präsentieren, der überzeugen kann. Der Autoverband will auf diese Weise Finanzjongleure, Wichtigtuer, Schaumschläger und Abenteurer abschrecken.