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Helmut Zwickl: Vom Wilden Westen in die Formel 1

Von Günther Wiesinger
​Der Wiener Journalist und Buchautor Helmut Zwickl ist am 23. Oktober 80 Jahre alt geworden. Der Mann, dem später die besten Rennfahrer der Welt vertrauten, begann seine Karriere – mit einem Wildwestroman.

Helmut Zwickl gehört zu den Mitbegründern der Motorsport-Berichterstattung in den österreichischen Medien. Aber zuerst hat der spätere Tageszeitungs-Journalist, Buchautor und Formel-1-Berichterstatter einen Wildwestroman geschrieben.

Naja, weltberühmt ist der gute HZ durch den Wildwestroman nicht geworden. Aber vielleicht lag das an der Heimtücke eines kleinen Verlags, dessen Name uns sicherheitshalber entfallen ist.

1959 stieß der aufstrebende Schriftsteller Helmut Zwickl auf eine Anzeige in einer Lokalzeitung. «Suchen Autor für Wildwestgeschichte.» Der 20-jährige Helmut setzte sich also hin, fantasierte einen Wildwestroman zusammen, reichte das Manuskript beim Verlag ein, nach einer Weile bekam er die Nachricht, man könne die Geschichte leider nicht verwenden.

«Irgendwann habe ich an einem Kiosk einen Wildwestroman dieses Verlags gekauft und meine Story 1:1 wiedergefunden», erinnert sich der Jubilar. «Man hat nur den Namen des Autos geändert. Aber ich hatte kein Geld, um einen Prozess anzuzetteln.»

Zwickl hat 560 Fomel-1-Grand Prix live miterlebt. Den ersten 1963 in Monaco. «Ich bin mit Curd Barry hingefahren, der damals in der Formel Junior dabei war. Von einem bekamen wir Fahrerlagerausweise, die haben wir dann auf Formel-1-Ausweise verfälscht. Beim Formel-1-Training habe ich mich vor das Tunnel in die Sperrzone gesetzt, ich war ja ahnungslos. Ich bin dort gesessen, bis mich die Polizei abtransportiert hat.»

Damals reiste man im Auto zu den Veranstaltungen, auch die 24 Stunden von Le Mans waren ein Pflichttermin, jahrelang auch die legendäre Safari-Rallye in Nairobi/Kenia.

Auch dorthin reisten Helmut und sein kongenialer Partner und Starfotograf Loisl Rottensteiner mit dem Automobil, zumindest ein Stück weit. Zwickl: «Der billigste Flug zur Safari ging von Zürich. Also sind wir mit dem Auto über den Arlberg in die Schweiz gefahren.»

Aber die Einreise ging nicht ohne Hindernisse vonstatten. Der Zöllner fragte: «Haben sie was anzumelden». Rottensteiner kokett: «Ja, Bedenken.» Danach wurde das Fahrzeug eine Stunde lang auseinandergenommen.

Als Helmut auf die Frage, wohin die Reise gehe, beleidigt und wortkarg mit «Nairobi» antwortete, fühlten sich die Zöllner neuerlich auf den Arm genommen, die Einreise musste noch etwas warten.

Es dauerte bis Anfang der 1980er-Jahre, bis der gelernte Drogist Helmut Zwickl erstmals im Flugzeug zu einer Motorsportveranstaltung reiste.
«Einmal bin ich von Monte Carlo als Passagier im Rennwagentransporter zurück nach Wien mitgefahren», erinnert sich Helmut. «Wir sind am Sonntagnachmittag aufgebrochen und kamen Mittwoch irgendwann in Wien an, weil ich in Italien in jeder Kleinstadt ein Postamt suchte, um per Telex oder Telefongespräch einen Bericht durchgeben zu können.»

Damals wurden die Texte noch an Stenotypistinnen durchtelefoniert, die sie dann noch einmal direkt in die Schreibmaschine tippten.

1963 verfasste Zwickl die ersten kleinen Artikel für den «KURIER». 1964 begann er gemeinsam mit Fotograf Rottensteiner zu den Rennen zu reisen, es begann die Ära von Jochen Rindt, der 1965 sensationell in Le Mans gewann und 1970 posthum Formel-1-Weltmeister wurde.

Da Papa Zwickl, der überdies einen Bestandteil des Kabarettistenduos «Zwickl & Wondrak» bildete und offenbar eine gute Portion Schmäh an den Junior vererbte, an einer kleinen Farbenfabrik beteiligt war, nahm der kleine Helmut die Drogistenlehre in Angriff. «Ich war Chemielaborant. Aber die Firma warf wenig gewinn ab. Es war zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Also wurde sie zugesperrt.»

«Helmut war Giftmischer», entsetzt sich Irene Zwickl heute noch.

«Nach dem Rindt-Sieg in Le Mans 1965 bin ich am Mittwoch nach Wien zurückgekommen und habe mich entschlossen, die Drogistenlaufbahn zu beenden. Ich bin dann freischaffender Journalist geworden. Ich hatte damals schon einen 1600er Porsche Roadster, den mir Curd Barry verkauft hatte. Damit bin ich als Drogist in der Farbenfabrik vorgefahren, mein Chef kam mit der 71er-Linie der Straßenbahn. Das gab böses Blut.»

Zwickls Journalistenkarriere nahm parallel zu den Erfolgen von Jochen Rindt Fahrt auf. «Durch den internationalen Aufstieg von Jochen haben die Zeitungen in Österreich endlich begriffen, dass sie regelmäßig über die Formel 1 berichten mussten. Der Stellenwert des Motorsports wuchs, gleichzeitig und deswegen wurden mit dem Österreichring und dem Salzburgring zwei neue permanente Rennstrecken eröffnet.»

«Als dann Jochen Rindt 1970 in Monza tödlich verunglückt ist, brach für uns eine Welt zusammen», blendet HZ zurück. «Wir saßen danach am Abend in einem Restaurant und dachten, der Motorsport in Österreich würde wieder in der Bedeutungslosigkeit versinken. Aber dann tauchten Lauda, Marko, Quester, Berger, Gartner, Höttinger, Ratzenberger und Wurz auf dem Firmament auf. Österreich hat immer gute Rennfahrer hervorgebracht.»

Aber auch zahlreiche erfolgreiche und renommierte Motorsport-Berichterstatter aus Österreich machten international Karriere. Neben Zwickl machten auch Dieter Stappert, Heinz Prüller und Herbert Völker von sich reden, alle einschlägigen deutschen und Schweizer Fachmagazine verwöhnten die Leser mit den unterhaltsamen und fachkundigen Reportagen und Features der rot-weiß-roten Edelfedern.

«Ich bin zuerst von ‚auto motor und sport‘ geholt worden, dann bin ich durch Rainer Braun zur ‚autozeitung‘ gekommen, nachher zu ‘Motorsport aktuell‘ und ‘Speedweek‘», erinnert sich Helmut.

Mario Andretti bezeichnete Zwickl gern als besten Formel-1-Reporter im Paddock. «Ich verstehe zwar kein Deutsch, aber ich erkenne das schon an seinen Fragen», sagte der US-Superstar anerkennend.

Mit dem charismatischen Weltmeister Nigel Mansell war Zwickl so eng befreundet wie kein anderer Journalist. Mit Niki Lauda vereinte ihn die gemeinsame Liebe zur Luftfahrt.

Sein hinreißender «Wiener Schmäh», sein Wortwitz und seine Schlagfertigkeit erleichterte Helmut den Zugang zu anderen Menschen.
Als wir im vergangenen Frühjahr in Schmiding bei Wels ein Bauernwirtshaus besuchten, meinte der Ennstal-Classic-Miterfinder: «Da kommst normal auch nur bei einem Flugzeugabsturz her.»

Auf den Stationen der Motorsport-Events kam Helmut zu vielen entlegenen Destinationen. Manche blieben ihm verschlossen.

So lernte er 1959 den kauzigen und extrem geizigen Wiener Fotografen Arthur Fenzlau kennen, der jedem österreichischen Rennfahrer nach jedem Rennen Dutzende Schwarz-Weiß-Fotos per Nachnahme zuschickte, meist alle aus der gleichen Kurve, denn er war korpulent und nicht sehr spazierfreudig. Bei den Bergrennen taten es ihm die Startfotos an, denn nachher ging es ja beschwerlich bergauf. Da konnten sich bis zur ersten Kurve schon 40 Höhenmeter zusammenläppern.

Fenzlau besaß einen Peugeot, aber keinen passenden Führerschein, also erkor er den jungen Zwickl 1960 zu seinem Chauffeur. Zwickl: «Einmal sind wir vom Gaisberg runtergefahren. Ich schlug vor, wir sollten ins benachbarte Berchtesgaden fahren und dort die neuen Formel-Junior-Rennwagen von Hersteller Hartmann fotografieren. Doch Fenzlau rief entsetzt aus: ‚Was, nach Berchtesgaden? Wer zahlt mir denn das?‘ Daran musste ich einmal denken, als ich in der Business Class zu einen Grand Prix geflogen bin.»


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