Nick Heidfeld: «Ferrari denkt schon an Saison 2020»
Für den 183fachen GP-Teilnehmer Nick Heidfeld stand schon vor dem Start zum Grossen Preis von Mexiko fest: «Diesen WM-Titel in diesem Jahr hat Hamilton so gut wie in der Tasche, wenn er es nicht in Mexiko macht, dann eben in einem Rennen danach, in Texas oder Brasilien. Daher liegt die Spannung in den verbleibenden Rennen für mich vor allem im Team-internen Konkurrenzkampf bei Ferrari.»
Der 43jährige Heidfeld vertieft als Experte der deutschen Sky: «Während Sebastian Vettel und Charles Leclerc weiter um den Nummer-1-Status im Team kämpfen, wird sich Ferrari aber auch schon verstärkt auf die nächste Saison konzentrieren. Wichtig ist, dass sie jetzt den Speed haben und vor allem aus ihren Fehlern lernen.»
«Ich könnte mir vorstellen, dass wir im nächsten oder übernächsten Jahr einen Wechsel der Kräfteverhältnisse erleben werden und Mercedes an der Spitze abgelöst wird. Das mag aktuell unwahrscheinlich erscheinen, aber ich glaube, dass die Dominanz von Mercedes nicht ewig so weitergehen konnte und die Zeit bald gekommen ist.»
In Sachen Mercedes ist auch die Frage: Wie lange wird Lewis Hamilton noch fahren? Der Mönchengladbacher Heidfeld meint zur Diskussion um einen möglichen Rücktritt des Engländers: «Es ist natürlich schwierig, in die Köpfe der Fahrer zu schauen. Ich finde bei Hamilton allerdings auffällig, dass er auch ausserhalb des Motorsports grosse Interessen im Musik- und Modebereich hat. Vielleicht gibt es noch andere Dinge, die er gerne in seinem Leben erreichen würde.»
«Von aussen betrachtet geht er die Sache in diesem Jahr sehr locker an. Er hat da eine gewisse innere Ruhe. Aber vielleicht fehlt ihm auch manchmal der letzte Kick, wenn er weiss, dass er eh Weltmeister wird. Er ist jetzt 34 Jahre alt. Ich könnte mir daher schon vorstellen, dass er nur noch ein bis zwei Jahre fährt und nicht bis er 40 ist.»
Heisses Thema in Mexiko: Die Strafe für Renault nach dem Japan-GP – beide Autos aus der Wertung genommen, wegen der Verwendung einer unerlaubten Fahrhilfe. Nick Heidfeld, WM-Fünfter von 2007, findet diese Strafe «relativ hart. Das Betriebssystem ist technisch nicht illegal, sondern verstösst
aus Sicht der Rennkommissare gegen das sportliche Reglement. Bei Fahrhilfen hat die Formel 1 zwar kürzlich häufig eine sehr strenge Linie gefahren, jedoch scheint es sich hier wie so oft um eine Grauzone zu handeln.»
«In der Vergangenheit wurde in solchen Fällen eher eine Verwarnung ausgesprochen und das System dann anschliessend verboten, beziehungsweise das Reglement präzisiert. Ich würde Renault hier keine Absicht unterstellen. Es wäre schon relativ riskant, ein irreguläres System zu verwenden, da drohen enorme Strafen.»
«Interessant ist bei diesem Thema vor allem, dass sich die Ereignisse womöglich auf Renaults Zukunft in der Formel 1 auswirken könnte. Beim Autokonzern gab es kürzlich einen Führungswechsel, und die neue Frau an der Spitze, Coltilde Delbos, fährt offenbar einen Sparkurs und ist nicht so Formel-1-affin wie ihre Vorgänger. Die negative Presse, der fehlende Erfolg und die hohen Kosten könnten der Argumentation Munition geben, dass man dem Formel-1-Team den Stecker zieht.»