Pirelli-Test in Abu Dhabi: Ocon im Renault, Bottas 1.
Es herrscht eine merkwürdige Stimmung bei einem Reifentest im Anschluss ans WM-Finale: Die Tribünen sind leer, im Fahrerlager stehen haufenweise Kisten herum, mit Material, das nach Europa zurückgeschickt wird, per Luft- oder Seefracht, Safety- und Medical-Car sind auch schon reisefertig. Und dazu plärrt aus den Lautsprechern an der Rennstrecke «Santa Clause is coming town» – skurriler geht es kaum.
Weihnachtsgefühle hat hier noch keiner. Am Montag, 2. November hatten die Vereinigten Arabischen Emirate ihren Nationalfeiertag, der 48. Geburtstag des Landes. Einmal mehr herrscht Postkartenwetter, Stürme und Regen kommen, aber erst in der nächsten Woche.
Als wir ins Medienzentrum kommen, fährt Lewis Hamilton noch immer einem Formel-1-Sieg entgegen, das Interesse an den 36 Stunden von Abu Dhabi hält sich in Grenzen – zwei Kollegen sind schon da, sonst herrscht gähnende Leere. Voll sind hier nur die Abfalleimer vom vergangenen Wochenende, eine Putzkraft schlurft gelangweilt durch den Saal, an ihrer Motivation müssen wir noch arbeiten.
Worum geht es also, nachdem alles entschieden ist? Es geht um einen Zankapfel der Formel 1, der in den letzten Wochen vor sich hinfaulte: Es geht um die 2020er Reifen von Pirelli, die bei einem ersten Versuch in Texas wenig überzeugt hatten.
Die geplanten Konstruktionen und Mischungen für 2020 wurden im ersten freien Training zum USA-GP in Austin ausprobiert und von den Piloten als null Fortschritt bezeichnet, um es höflich auszudrücken. Pirelli-Rennchef Mario Isola verteidigte sich mit dem Argument, dass es in Texas verhältnismässig kalt gewesen sei, das habe das Verhalten der neuen Reifen beeinträchtigt. Die Fahrer, so der Mailänder, sollten doch bitteschön den Test in Abu Dhabi abwarten.
Geduld ist keine Stärke von Fahrern und Teams. Normalerweise werden die neuen Reifen für die folgende Saison am 1. September definiert. Wieso die Rennställe so verärgert sind: Die 2020er Reifen weisen eine anders geformte Reifenschulter auf. Das beeinflusst wesentlich, wie der Unterboden angeströmt wird. Sollte der zweite Test mit den neuen Reifen so verlaufen wie in Texas, ist der Weg offen, im kommenden Jahr mit 2019er Reifen zu fahren – allerdings müssten die Fahrzeuge dann punkto Aerodynamik angepasst werden.
Racing Point-Teamchef Otmar Szafnauer: «Die Top-Teams haben ganz andere Ressourcen, um auf eine solche Änderung zu reagieren. Es gibt ja einen Grund, warum wir eine Frist vom 1. September eingeführt haben. Ich verstehe das nicht. Die Formel-1-Führung will, dass das Feld zusammenrückt. Dann kommt so etwas, das zieht das Feld doch eher auseinander. Wir haben ja noch nicht einmal Windkanalreifen für die 2020er Form erhalten!»
Einige Teamchefs forderten bereits, dass im kommenden Jahr mit den 2019er Mischungen gefahren werden müsse. Um das durchzupauken, müssen sieben von zehn Rennställe zustimmen.
Und dieses Dutzend Fahrer lotet am 3. Dezember hier auf dem Yas Marina Circuit die 2020er Walzen des Mailänder Traditionsunternehmens aus:
Abu Dhabi-Test: Stand nach 2 Stunden
1. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes-Benz W10 EQ Power+, 1:39,235 (40 Runden)
2. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF90, 1:39,788 (25)
3. Lando Norris (GB), McLaren MCL34-Renault, 1:40.810 (21)
4. Romain Grosjean (F), Haas VF-19-Ferrari, 1:40,822 (23)
5. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB15-Honda, 1:41,085 (32)
6. George Russell (GB), Williams FW42-Mercedes, 1:41,610 (19)
7. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo-Sauber C38-Ferrari, 1:43,108 (24)
8. Sergio Pérez (MEX), Racing Point RP19-Mercedes, 1:43,373 (18)
9. Sean Gelael (IND), Toro Rosso STR14-Honda, 1:43,533 (23)
10. Esteban Ocon (F), Renault R.S.19, 1:46,199 (19)
Am Nachmittag im Einsatz:
Daniil Kvyat (RU), Toro Rosso STR14-Honda
Roy Nissany (IL), Williams FW42-Mercedes