Addio, Toro Rosso: AlphaTauri als neues Kapitel
Vierzehn Jahre lang war die Scuderia Toro Rosso fester Bestandteil der Königsklasse. Red Bull hatte den Rennstall aus Faenza dem Australier Paul Stoddart abgekauft – damit ging die Geschichte des von Giancarlo Minardi 1985 gegründeten GP-Teams zu Ende, die kunterbunte Geschichte äusserst symphatischer Underdogs, und ein neues Kapitel wurde aufgeschlagen. Nun beginnt erneut eine frische Ära: Der Rennstall tritt 2020 unter der Bezeichnung AlphaTauri an – am 14. Februar stellt sich die Mannschaft im Hangar-7 von Salzburg vor.
Die Präsentation der Scuderia AlphaTauri wird ab 20.00 Uhr auf Red Bull TV, auf YouTube und Facebook sowie unter dem Link 2020launch.scuderiaalphatauri.com live übertragen.
Niemand zweifelt daran, dass die AlphaTauri-Rennwagen in einem so atemberaubenden Design auftreten wie in den vergangenen Jahren. Unvergessen der dominante, rote Bulle des Osttiroler Künstlers Jos Pirkner, der jahrelang die Toro-Rosso-Rennwagen zierte. Besonders hübsch auch die Lackierung in den letzten Jahren mit metallisiertem Blau sowie silbernen und roten Akzenten.
Für Statistiker hingegen beginnt das grosse Grübeln: Werden sie AlphaTauri als komplett neues Team einstufen? Führen sie die Zahlen von Toro Rosso weiter? Das ist letztlich jedem Zahlenfreund selber überlassen – denn die Formel-1-Führung hat es bis heute nicht geschafft, eine offizielle Statistik zu veröffentlichen.
Egal ob Toro Rosso oder AlphaTauri, der Grundgedanke bleibt der gleiche – im Team von Chef Franz Tost sollen vielversprechende junge Fahrer aus dem Förderprogramm von Dr. Helmut Marko ausgebildet werden, um sie eines Tages bei Red Bull Racing um Siege und Titel kämpfen zu lassen.
Die Scuderia Toro Rosso ging aus dem von Red Bull Ende 2005 erworbenen Minardi-Rennstall hervor, der 1985 in der Formel 1 debütiert hatte. Das Team von Giancarlo Minardi und später Paul Stoddart kam in 340 Rennen auf insgesamt 38 WM-Punkte. 1991 konnte der siebte Platz im Konstrukteurspokal an Land gezogen werden. Minardi war immer einer jener Rennställe, dem die Herzen der Fans zuflogen. Gemessen daran, wie viele Teams von 1985 bis 2005 zusperren mussten, verdient die Truppe aus Faenza für ihre Hartnäckigkeit anhaltenden Applaus.
Toro Rosso hat in 268 Formel-1-WM-Läufen von Bahrain 2006 bis Abu Dhabi 2019 einen Sieg eingefahren, mit Sebastian Vettel in Monza 2008, der Heppenheimer ging damals von der Pole-Position ins Rennen. 2016 in Barcelona errang Daniil Kvyat die einzige beste Rennrunde des Teams. Kvyat war auch der zweite Toro-Rosso-Fahrer auf einem Siegerpodest, als Drittplatzierter beim chaotischen Grossen Preis von Deutschland 2019. Pierre Gasly erreichte dann im dramatischen Grand Prix von Brasilien 2019 den grandiosen zweiten Rang.
2008 ist Toro Rosso Sechster im Konstrukteurs-Pokal geworden, der Rennstall unter Leitung von Franz Tost hat diese Platzierung in der Saison 2019 wiederholt und damit die eigene Bestmarke egalisiert. Auch sonst darf Toro Rosso in der Saison 2019 auf einige Rekorde zurückblicken.
Wenn wir 2008 als Massstab ansehen, dann konnten die beiden Seb (Sébastien Bourdais und Sebastian Vettel) damals 14 Mal in die Top-Ten fahren bei 18 WM-Läufen (Punkte gab es damals nur für die ersten Acht). In der Saison waren es drei Rennen mehr, aber Daniil Kvyat, Alex Albon und Pierre Gasly fuhren 20 Mal unter die besten Zehn.
Der neunte Rang von Kvyat beim WM-Finale von Abu Dhabi bedeutet, dass Toro Rosso mit der schönen runden Zahl von 500 WM-Punkten aufgehört hat.
Toro Rosso hat 2019 88 Prozent aller Rennen zu Ende gefahren, standfester waren die Renner aus Faenza nie.
Zusammen mit allen Test- und Trainingskilometern bedeutet das auch, dass die schnellen Herren Kvyat, Albon und Gasly 2019 rund so viel Distanz zurückgelegt haben wie einmal um die Welt, also knapp 40.000 Kilometer.
Mit dem 2019er Neuling Alexander Albon kommt Toro Rosso auf vierzehn Fahrer, die im Grand-Prix-Einsatz standen – nach Scott Speed (2006 und 2007), Tonio Liuzzi (2006 und 2007), Sebastian Vettel (2007 und 2008), Sébastien Bourdais (2008 und 2009), Sébastien Buemi und Jaime Alguersuari (beide 2009 bis 2011), Daniel Ricciardo (2012 und 2013), Jean-Eric Vergne (2012 bis 2014), Daniil Kvyat (2014, 2016/2017), Max Verstappen (2015/2016) und Carlos Sainz (2015–2017), Pierre Gasly (2017/2018/2019) sowie Brendon Hartley (2017/2018).
Toro Rosso trat in der Formel 1 mit vier Motorpartnern an: mit einem Cosworth-V10-Dreiliter 2006, mit einem 2,4-Liter-V8 von Ferrari von 2007 bis 2013, mit dem V6-Turbo von Renault 2014 bis 2017 sowie mit dem 1,6-Liter-Turbomotor von Honda seit 2018.
In dieser Zeit wurde mit drei Reifenfirmen zusammengearbeitet: mit Michelin 2006, mit Bridgestone von 2007 bis Ende 2010 und mit Pirelli (seit 2011).
Namensänderung im GP-Sport: Gar nicht selten
Dass ein Team seinen Namen wechselt, passiert in der Historie der Königsklasse gar nicht so selten. Meist ergibt sich ein neuer Name aus anderen Besitzverhältnissen. Wir gehen hier auf jene zehn Teams ein, welche 2020 in der Königsklasse antreten.
Keine Namenswechsel finden bei den Formel-1-Urgesteinen Ferrari, McLaren und Williams, die gleichzeitig in dieser Reihenfolge die erfolgreichsten GP-Rennställe sind.
Das Team des US-amerikanischen Unternehmers Gene Haas debütierte 2016, ein Namenswechsel ist keiner in Sicht.
Einen komplexen Werdegang hat der Rennstall von Weltmeister Mercedes-Benz hinter sich.
Mercedes-Benz
1970–1998: Tyrrell
1999–2005: British American Racing (BAR)
2006–2008: Honda F1 Racing Team
2009: BrawnGP
2010 bis heute: Mercedes
Ähnlich bunt waren die Teamverhältnisse des Werks-Rennstalls von Renault.
Renault
1981–1985: Toleman
1986–2001: Benetton Formula
2002–2009: Renault F1
2010: Lotus Renault GP
2011–2015: Lotus F1
2016 bis heute: Renault F1
Und auch beim folgenden Rennstall aus Silverstone war reichlich Bewegung drin.
Racing Point
1991–2005: Jordan Grand Prix
2006: Midland F1 Racing
2007: Spyker F1
2008–2018: Sahara Force India
2018 bis heute: Racing Point
Ab 2021: Aston Martin
Ein wenig kürzer der Weg der vierfachen Weltmeister von Red Bull Racing.
Red Bull Racing
1997–1999: Stewart Grand Prix
2000–2004: Jaguar Racing
2005 bis heute: Red Bull Racing
Die bei Sauber im Zürcher Oberland gebauten Rennwagen standen nur zwei Mal unter anderer Flagge – unter einer deutschen, als BMW das Team übernahm, und unter einer italienischen, seit auf den Autos Alfa Romeo steht, aber noch immer Sauber drinsteckt. Hier hat zur Saison 2019 hin der Name geändert, die Besitzverhältnisse sind aber die gleichen geblieben.
Alfa Romeo Racing
1993–2005: Sauber
2006–2009: BMW Sauber F1 Team
2010–2018: Sauber F1 Team
2019 bis heute: Alfa Romeo Racing
Und last but not least Minardi.
1985–2005: Minardi
2006–2019: Scuderia Toro Rosso
Ab 2020: AlphaTauri
Während der Minardi-Jahre wechselte der Rennstall den Besitz, von Teamgründer Giancarlo Minardi vor der Saison 2001 an den Australier Paul Stoddart, der Kern-Name aber blieb. Dieses Mal bleibt der Besitzer der gleiche (Red Bull), aber der Name ändert.