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Silvia Arias Surer: «Corona-Bedrohung früh erkannt»

Von Mathias Brunner
Silvia und Marc Surer

Silvia und Marc Surer

​Silvia Renée Arias Surer ist derzeit rund 10.000 Kilometer von ihrem Ehemann Marc Surer entfernt: Sie weilt in Argentinien, er ist in Spanien. Die Journalisten erzählt von der Coronakrise in ihrer Heimat.

Der frühere Formel-1-Fahrer Marc Surer hat uns kürzlich erzählt, wie die Coronakrise mit den ganzen Reisebeschränkungen zu einer Fernbeziehung geführt hat – Marc ist in Spanien, seine Gattin Silvia in Argentinien. Marc sagte: «Als wir entschieden haben, dass sie von Spanien nach Südamerika fliegt, war das Problem Corona in Argentinien so gut wie unbekannt, es gab eine Handvoll Fälle, mehr nicht. Geplant war das so: Wenn ich nach Australien fliege, begibt sie sich in ihre Heimat. Das haben wir jedes Jahr so gemacht. Dann hat das Schweizer Fernsehen entschieden, nicht nach Melbourne zu reisen. Ich dachte: Gut, ich fliege dennoch nach Argentinien. Aber in der Folge hat sich die Lage fast über Nacht geändert.»

Wir haben mit Silvia Kontakt aufgenommen, um mit ihr über die Corona-Situation in Argentinien zu sprechen. Stand an diesem Morgen des 2. April: 1133 Krankheitsfälle, 33 Todesopfer.

Silvia erzählt: «Unser Präsident Alberto Fernández hat am 29. März die Ausgangssperre verlängert, von zunächst zwei auf jetzt vier Wochen, bis nach Ostern. Wer nicht im Gesundheitswesen tätig ist oder die Lebensmittelversorgung aufrechterhält, der bleibt zuhause. Der Plan besteht darin, dass die ausgefallenen Arbeitsstunden in den anderen Branchen später nachgeholt werden. An alle Menschen, welche mit dem Geld nicht mehr auskommen, werden Lebensmittel verteilt, und es gibt auch finanzielle Soforthilfe.»

«Wenn ich mir ansehe, was in der Welt los ist, dann ist die Corona-Verbreitung in Argentinien moderat. Wir konnten sehen, was sich in Italien und Spanien zusammenbraute und ganz besonders, was in China los war, also hat die Regierung gehandelt.»

«Wir haben den Eindruck, dass Präsident Fernández klug genug war, auf die Spezialisten in seinem Team zu hören. Natürlich profitieren wir davon, dass die Ausbreitung nicht so dramatisch verläuft wie in anderen Ländern. Fernández ist nun seit drei Monaten an der Macht, und in diesen Zeiten hat er sich als Politiker gezeigt, dem die Gesundheit des Volkes wichtiger ist als die Wirtschaft.»

«In den vergangenen Jahren hatte das Land unter politischem Streit der Parteien gelitten. Nun stehen alle zusammen in diesem beispiellosen Kampf gegen einen Virus. Das ist nicht selbstverständlich, weil zum Beispiel die Landesregierung politisch anders gefärbt ist als die einflussreiche Stadtregierung von Buenos Aires.»

«Das Gesundheitssystem in Argentinien ist in drei Bereiche geteilt: Öffentlich, sozial versichert, privat. Diese drei Bereiche arbeiten in dieser Krise Hand in Hand. Ich würde das Gesundheitssystem von Argentinien nicht als das beste der Welt bezeichnen, aber wir sehen, welche Anstrengungen unternommen werden, um die Menschen so gut es geht zu versorgen. Die Fachkräfte bereiten sich darauf vor, gerüstet zu sein, wenn es mehr Kranke geben sollte. So wie in allen Ländern besteht einer der Pläne darin zu verhindern, dass die Menschen sterben, weil die Intensivstations-Plätze ausgehen. Wir erleben gerade in der ganzen Welt, wie das Gesundheitswesen in gewissen Regionen kollabiert. Natürlich hoffen wir, dass es hier nicht so weit kommt.»

«Ich bin der Meinung, dass die Bedrohung Corona hier früh erkannt wurde – weil sie von unserem Präsidenten sehr ernst genommen wird. Zum Vergleich: Ich bin am 8. März von Spanien nach Argentinien geflogen, und in Spanien wurde das Problem damals heruntergespielt. Ich will das niemandem vorwerfen, angesichts des unsäglichen Leids in Spanien. Das ist eine Krise, welche in den Menschen das Beste und Schlechteste hervorbringt. Und wenn das für die Bevölkerung gilt, wieso sollte das nicht auch für Politiker gelten?»

«Was mich persönlich angeht, so hat die Krise nicht meine tägliche Routine geändert, wohl aber meine Stimmung. Ich reise pro Jahr zwei Mal in meine Heimat, und nun sitze ich wie die meisten meiner Landsleute in Isolation. Nicht nur, dass ich von meinem Marc getrennt bin, ich bin auch von meiner Familie getrennt, die 70 Kilometer entfernt wohnen.»

«Bislang geht es allen gut. Mein Vater ist 86 Jahre alt, und bevor die Ausgangssperre verhängt worden ist, ging er jeden Tag zur Arbeit. Er ist Flugzeugmechaniker. Es fällt ihm nicht leicht, zuhause zu bleiben. Aber er weiss, dass dies das Beste für alle ist.»

«Es tut weh, Marc nicht an meiner Seite zu haben. Es ist jedes Mal schwierig, sich einige Wochen nicht zu sehen, aber das hier ist ganz anders. Was in Spanien passiert, das besorgt mich zutiefst, wegen meines Ehemanns und wegen unserer Freunde. Ich bin italienische Staatsbürgerin und habe Cousins dort. Es schmerzt mich zu sehen, wie die Menschen leiden. Ich mache mentales Training und sage mir – all dies wird vorbeigehen.»

«Wir hoffen darauf, dass die ganzen Massnahmen die Verbreitung des Virus verlangsam und anhalten. Je länger die Isolation anhält, desto weniger wird SARS-CoV-2 übertragen. Mehr und mehr Menschen haben verstanden, wie wichtig es ist, unser Leben zu schützen.»

«Nicht nur das öffentliche Leben steht still, auch der Motorsport in Argentinien. Unser Top-Tourenwagenserie hat ‚TC race at Home’ ins Leben gerufen, die Rennen werden also virtuell ausgetragen. Zahlreiche Rennfahrer nehmen daran teil. Im Rahmen dieser Rennen wird auch Geld gesammelt – zur Finanzierung von medizinischem Material. Die Wirtschaft wird in allen Bereichen leiden, weil sie derzeit extrem verwundbar ist.»

Silvia berichtet regelmässig von Formel-1-Rennen. Wie geht es in der Königsklasse weiter? «Ich bin Optimist. Also glaube ich an einen Saisonbeginn im Juli. Aber werden wir uns beim Reisen sicher fühlen – im Flugzeug, in Hotels? Da bin ich mir nicht so sicher. Viele Vorhersagen scheinen mir ein wenig voreilig zu sein. Wir alle lieben die Formel 1 so sehr. Ich hoffe einfach, dass wir so bald als möglich zur Normalität zurückfinden.»

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