Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Anthoine Hubert: Im Gedenken an ein verlorenes Talent

Von Mathias Brunner
Anthoine Hubert in Paul Ricard 2019

Anthoine Hubert in Paul Ricard 2019

Am 31. August 2019 kam der Franzose Anthoine Hubert bei einem Formel-2-Unfall in Spa-Francorchamps ums Leben. Wir erinnern an einen Piloten, den Alain Prost für einen potenziellen GP-Sieger hielt.

Ist es wirklich schon zwei Jahre her, dass Anthoine Hubert verstorben ist? Alle Erinnerungen kehren schlagartig zurück an den unglückseligen 31. August 2019: Es war längst Nacht, als ich damals das Formel-1-Fahrerlager des Circuit de Spa-Francorchamps verliess. Nur noch wenige Menschen waren noch anzutreffen. Bei Renault sassen drei Männer am Tisch, der Blick auf Punkte fixiert, die nur sie kannten. Ich blieb einen Moment stehen. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Was gab es auch zu sagen für die französische Rennlegende Alain Prost, für den damaligen Renault-Teamchef Cyril Abiteboul, für ART-Teamgründer Fred Vasseur? Sie alle haben Anthoine Hubert gekannt, sie alle haben mit ihm gearbeitet, nun war dieser vielversprechende junge Mann tot, verstorben nach einem fürchterlichen Crash im Hauptrennen der Formel 2.

Lewis Hamilton hatte sich am Samstagabend an seine Fans gewandt. Der Formel-1-Champion brachte das sehr gut auf den Punkt: «Wenn ein Einziger von euch, der diesen Sport beobachtet und geniesst, auch nur eine Sekunde lang denkt, dass das, was wir tun, sicher ist, dann irrt er sich gewaltig.» Es waren Worte, die Hamilton auch nach der Regen-Farce des Nicht-GP von Belgien am 29. August 2021 hätte sagen können.

Absolute Sicherheit im Rennsport ist eine Illusion, Kohlefaser-Monocoque hin, Titan-Kopfschutz Halo her. Es wird immer Unfälle geben, welche auch die besten Vorkehrungen der Rennexperten aushebeln. Der Formel-2-Unfall von Anthoine Hubert in Runde 2 des Hauptrennens in Spa-Francorchamps war ein solcher Unfall.

Hubert war seitlich in die Pistenbegrenzung gekracht, bei Raidillon, gleich nach der berüchtigten Eau-Rouge-Senke. Er wollte dem Wagen seines Landsmannes Giuliano Alesi ausweichen, der mit einem Reifenschaden langsam unterwegs war. Anthoines Wagen schleuderte nach dem ersten Aufprall rechts auf die Bahn zurück und wurde mit voller Wucht vom daherschiessenden Renner von Juan Manuel Correa getroffen. Der US-Amerikaner stand vor wenigen Tagen in Belgien wieder am Start, nach mehr als zwei Dutzend Operationen und einem Jahr Wiederaufbau.

Selbst die Überlebenszellen in den Nachwuchsserien sind gemessen an den Rennwagen von früher unfassbar widerstandsfähig geworden. Aber jede Belastung hat ihre Grenzen, und wir sind längst am Punkt angelangt, an welchem bei gewissen Unfällen der Mensch das schwächste Glied geworden ist. Der Wagen von Hubert wurde in drei Teile zerfetzt, als er von Rennfahrzeug von Correa torpediert wurde.

Es gibt kein Rennauto der Welt, das fast im Stillstand einem Aufprall widersteht eines anderen Fahrzeugs, das mit gut 270 km/h dahergeschossen kommt. Und selbst wenn die Zelle intakt bliebe – kein menschlicher Körper überlebt einen solchen Zusammenstoss. Offiziell wurde Hubert zwei Stunden nach dem Unfall für tot erklärt.

Anthoine Hubert, der Hoffnungsträger

In den Köpfen vieler heissblütiger Nachwuchsfahrer ist verankert: «Mir kann so gut wie nichts passieren.» Ein gefährlicher Trugschluss. Früher dachten die Piloten aus Erfahrung anders. Im Mittelalter des Sports standen an jener Stelle Bäume. Wer von der Piste abkam, riskierte sein Leben. Die einzige Knautschzone war der eigene Körper. Noch vor zwanzig Jahren hatten wir an vielen Stellen Kiesbetten. Wer von der Piste abkam, riskierte einen Überschlag.

Ich kann nicht behaupten, dass ich Anthoine Hubert gut gekannt hätte. Wir haben uns einmal kurz unterhalten. Ich mochte das Glitzern in seinen Augen, als er davon sprach, dass er in die Nachwuchsförderung von Renault aufgenommen worden war. Ich spürte seinen Hunger. Jeder entlang der Rennpiste konnte sehen, welches Talent hier heranwächst.

Die Brille gab Hubert immer ein leicht unschuldiges, fast schon schüchternes Aussehen. Aber am Lenkrad war fertig mit schüchtern. Anthoine galt als überaus fairer, aber harter Gegner. Aus Renault-Kreisen war zu spüren: Hier wächst ein kommender GP-Sieger heran.

Die französische Rennlegende Alain Prost hielt grosse Stücke auf Hubert und glaubt daran – Anthoine hatte das Zeug zum GP-Sieger.

Sein früherer Kumpel Pierre Gasly begab sich vor wenigen Tagen an die Unfallstelle, um in einem ruhigen Moment seinem verstorbenen Freund zu gedenken. Dieser Moment repräsentiert: Wir haben Anthoine Hubert verloren, aber wir werden ihn nicht vergessen.

Belgien-GP

01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB16B-Honda, 3 Runden
02. George Russell (GB), Williams FW43B-Mercedes, +1,8 sec
03. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W12, +4,4
04. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren MCL35M-Mercedes, +7,7
05. Sebastian Vettel (D), Aston Martin AMR21-Mercedes, +12,0
06. Pierre Gasly (F), AlphaTauri AT02-Honda, +16,3
07. Esteban Ocon (F), Alpine A521-Renault, +17,8
08. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF21, +20,6
09. Nicholas Latifi (CDN), Williams FW43B-Mercedes, +22,3
10. Carlos Sainz (E), Ferrari SF21, +23,8
11. Fernando Alonso (E), Alpine A521-Renault, +27,9
12. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W12, +29,8
13. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo C41-Ferrari, +32,5
14. Lando Norris (GB), McLaren MCL35M-Mercedes, +39,0
15. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri AT02-Honda, +45,4
16. Mick Schumacher (D), Haas VF-21-Ferrari, +55,7
17. Nikita Mazepin (RUS), Haas VF-21-Ferrari, +1:02,6 min
18. Lance Stroll (CDN), Aston Martin AMR21-Mercedes, +1:12,4
19. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo C41-Ferrari, +1:18,3
20. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing RB16B-Honda, +1:21,5

WM-Stand nach 12 von 23 Rennen

Fahrer
1. Hamilton 202.5 Punkte
2. Verstappen 199.5
3. Norris 113
4. Bottas 108
5. Pérez 104
6. Sainz 83.5
7. Leclerc 82
8. Ricciardo 56
9. Gasly 54
10. Ocon 42
11. Alonso 38
12. Vettel 35
13. Tsunoda 18
14. Stroll 18
15. Russell 13
16. Latifi 7
17. Räikkönen 2
18. Giovinazzi 1
19. Schumacher 0
20. Mazepin 0

Teams
1. Mercedes 311
2. Red Bull Racing 304
3. McLaren 169
4. Ferrari 166
5. Alpine 80
6. AlphaTauri 72
7. Aston Martin 53
8. Williams 20
9. Alfa Romeo 3
10. Haas 0

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