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Zum Tod von Graf Trips: Clark-Mechaniker erzählt

Von Jürgen Schneider
Dem schottischen Ausnahmekönner Jim Clark wurde 1961 vorgeworfen, am tödlichen Unfall von Wolfgang Graf Berghe von Trips Schuld zu sein. Clarks Mechaniker Cedric Selzer erinnert sich.

Der schwarze 10. September im Autodromo Nazionale di Monza: Kollision der Rennwagen von Wolfgang Graf Berghe von Trips und von Jim Clark, der Ferrari-Star sofort tot, Clark unter Schock, aber unverletzt, 15 Zuschauer tot, 60 teilweise schwer verletzt.

Der Schotte hatte erklärt, dass er die Kollision nicht verhindern konnte, vermutlich hatte der Deutsche seinen Gegner nicht gesehen. Das Vorderrad von Clarks Lotus lag dicht am Hinterrad von Clark, der Deutsche bremste wohl einen Hauch früher als der Schotte, daher die Berührung. Zudem wechselte von Trips leicht die Spur, um eine bessere Position auf die Parabolica zu erhalten. Fotos und Filmaufnahmen stützten die Aussagen von Clark. Der britische Racer und sein Team Lotus wurden von jeder Schuld freigesprochen.

Jahre nach der Tragödie von Monza hat Jim Clarks Mechaniker Cedric Selber über die Vorkommnisse in Norditalien gesprochen. Hier sind seine Erinnerungen.

«Ich kam im April 1961 zu Lotus. Zusammen mit David Lazenby war ich bei Lotus für den Wagen von Jim zuständig. Wir waren auf das Rennen in Monza nicht so gut vorbereitet – unser Vierzylinder-Coventry Climax war in Sachen Power gegen die Ferrari-Triebwerke zu schmalbrüstig.»

«Das ganze Talent von Jim nützte auf der Power-Strecke Monza nichts, Clark konnte sich nur als Siebter für den Grossen Preis von Italien qualifizieren, von Trips hatte sich die Pole erobert. Wie überlegen Ferrari war? Sie hatten fünf Autos auf den ersten sechs Startplätzen!»

«Wie immer würde Monza eine Windschattenschlacht werden. Jim arbeitete sich in der ersten Runde in den Windschatten von Ginthers Ferrari vor, der die Führung übernommen hatte. Phil Hill schnappte sich dann Ginther und Jimmy, auch von Trips, der schlecht gestartet war, ging mühelos an Clark vorbei.»

«Bei der Anfahrt zur Parabolica wollte Jim den Grafen angreifen, aber die Räder verhakten sich, von Trips wurde aus dem Auto geschleudert und blieb auf der Strecke liegen. Es war jedem klar, dass hier alle Hilfe zu spät kam. Sein Auto erschlug 15 Zuschauer. Clarks Lotus drehte sich und blieb auch auf der Bahn liegen, aber Jimmy war okay. Wir hatten damals ja keine Live-Übertragung, also wussten wir von all dem nichts.»

«Aus unserer Sicht wurde klar, dass etwas nicht stimmt, als Jim nicht mehr bei Start und Ziel vorbeikam. Uns fiel erst gar nicht auf, dass auch ein Ferrari fehlte. Dann kam einer zu uns in die Box und sagte, dass Jimmy und von Trips einen Unfall gehabt hätten, beide seien aber wohlauf.»

«Kurz darauf trat Clark in unsere Box, er stand unter Schock. Seine Reaktion machte klar, dass es nicht stimmte, dass beide Fahrer unversehrt sind.»

«Als das Rennen vorbei war, luden wir unseren Unfallwagen auf. Er war kaum beschädigt. Als wir gerade fertig aufgeladen hatten, tauchten ein paar Offizielle auf und erklärten uns, der Wagen sei im Rahmen einer Untersuchung beschlagnahmt. Unser Chef Colin Chapman hatte mit den Italienern einen Riesenstreit. Am Ende durften wir Motor und Getriebe ausbauen, das Chassis blieb in Monza.»

«Noch am gleichen späten Nachmittag flog Chapman mit seiner Maschine Jimmy ausser Landes, er fürchtete, dass ein Fahrer und auch er selber verhaftet würden. Wie man uns sagte, ist man in Italien schuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist.»

«Wir beendeten den grauenvollen Tag in einem Nachtklub, um mit einigen Gläsern das Geschehen zu vergessen. Der Unfall machte weltweit Schlagzeilen. Aber ich weiss noch, dass am gleichen Tag eine US-amerikanische Maschine in Irland abstürzte und 83 Menschen in den Tod riss. Und nur einen Tag später kam es zu einem weiteren Flugzeugabsturz, in Marokko, mit 77 Toten. Da sprach niemand mehr vom Autorennen.»


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