Stefan Bradl am Wendepunkt: «Muss nach vorne schauen»
Stefan Bradl
Stefan Bradl gibt sich keinen Illusionen hin. Er weiß, er ist bei seiner Karriere an einem Wendepunkt angelangt.
Seit Wochen wird kolportiert, dass er mit HRC wegen eines MotoGP-Testfahrervertrags verhandelt. Honda hat diese Pläne bisher nicht bestätigt.
Schon im Oktober hat Stefan Bradl klargestellt, dass er sich am KTM-Testfahrer Mika Kallio ein Beispiel nehmen und sich durch saubere Leistungen 2018 wieder für höhere Aufgaben empfehlen will, falls so eine Zusammenarbeit zustande kommt.
Denn der Moto2-Weltmeister von 2011 und siebenfache GP-Sieger will irgendwann wieder richtig Rennen fahren, nicht nur zwei- oder dreimal im Jahr.
Schliesslich hat er in fünf Jahren 47 Top-Ten-Plätze in der MotoGP-WM herausgefahren – auf der LCR-Honda, Forward-Yamaha und Werks-Aprilia. Und er war von 2012 bis 2014 dreimal in den Top-Ten der MotoGP-Gesamtwertung. Bestes Ergebnis: 2013 auf Platz 2 in Laguna Seca.
Stefan, du bist im November 28 Jahre alt geworden. Wenn du in der Saison 2018 hauptberuflich Testfahrer wirst, ist das natürlich nicht gerade das Highlight deiner Karriere?
Wenn du es auf den Punkt bringst: Es ist so!
Du willst mittelfristig wieder MotoGP-Stammfahrer werden – wie es Kallio fast gelungen ist? Beschäftigt dich, dass in der MotoGP-WM einige Fahrer unter Vertrag sind, hinter denen du dich nicht unbedingt verstecken musst? Da denke ich nicht nur an Siméon, Rabat, Abraham, Nakagami und Redding.
Ich habe in diesem Jahr einige Erfahrungen durchgemacht. Es ist wieder Zeit, dass man zur Ruhe kommt.
Hast du dich in den drei letzten Jahren manchmal mental zu stark runterziehen lassen, wenn es nicht wunschgemäß gelaufen ist – zum Beispiel 2015 bei Forward und 2017 bim Honda-SBK-Team? Du hast dann oft den Kopf hängen lassen. Die Lehre daraus? Darfst du dich durch Rückschläge nicht so stark verunsichern lassen?
Genau. Ich darf nicht so viel an Einzelheiten festhängen.
Das war in der Vergangenheit bei mir ab und zu der Fall, dass ich bei negativen Ereignissen zu sehr hängen geblieben bin, dass mir solche Sachen zu nahegegangen sind, was nicht hätte sein müssen. Man muss sich bei solchen Vorkommnissen den Mund abwischen, nach vorne schauen – und weiter geht’s.
Ich habe diese negativen Ereignisse vielleicht zu sehr an mich herangelassen.
Ich habe mir vorgenommen, dass ich so etwas in Zukunft nicht mehr so an mich heranlasse.
Denn am nächsten Tag, an dem du aufwachst, geht das Spiel schon wieder neu los.
Ich bin in diesem Punkt abgeklärter geworden, auch was Niederlagen gegen Teamkollegen betrifft. Das habe ich 2016 bei Bautista schon nicht mehr so an mich herangelassen, obwohl das ein sehr, sehr hartes, faires und gutes Duell war.
Ich habe da im Vorjahr sicher besser reagiert als zum Beispiel in der ersten Saisonhälfte 2015 bei Forward gegen Loris Baz.
Als hauptberuflicher Testfahrer würde sich dein Aufgabengebiet 2018 stark verändern.
Ja. Und ich möchte dann mal wieder einen Anhaltspunkt haben: Wo stehe ich als Fahrer persönlich? Auf welchem Niveau kann ich mich zurechtfinden?