Forward Racing: Kein Yamaha-Material für 2016?
Forward Racing musste wegen der Inhaftierung von Teambesitzer Giovanni Cuzari auf die Teilnahme am Indianapolis-GP verzichten. Am heutigen Donnerstag um 17 Uhr wurde Cuzari wieder auf freien Fuss gesetzt. Er darf aber die Schweiz nicht verlassen und bekam strenge Auflagen von den Behörden, er soll quasi unter Hausarrest stehen.
Die Forward-Mannschaft tritt in Brünn wieder in beiden Klassen an, in der MotoGP-WM wird Stefan Bradl durch Claudio Corti ersetzt.
Aus dem Team ist zu hören, dass vorläufig nur die nächsten drei Rennen (also noch Silverstone und Misano) gesichert seien.
Denn eines ist klar: Eine halbe Saison mit vier Fahrern kostet mindestens 1,5 bis 2 Millionen Euro – für Spesen, Fahrergagen, Prämien, Gehälter, Reifen, Sprit, Leasingraten, Motoren und so weiter.
«Ich habe Teammanager Marco Curioni die Hand geschüttelt und mich mit einigen Teammitgliedern unterhalten, darunter Crew-Chief Sergio Verbena und Tex Geissler. Sie haben alle Verständnis für meinen Weggang», schilderte Stefan Bradl.
Elektronik-Chef Dirk Debus wird nicht nach Brünn kommen.
Forward versucht, mit möglichst geringen operativen Kosten durchzukommen, deshalb wurde die zweite Hospitality nicht nach Tschechien gebracht, in der meistens Teambesitzer Cuzari seine Gäste und Sponsoren bewirtet hat.
Yamaha wird Forward bis zum Saisonende mit Material versorgen, versicherte Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Factory Racing, im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Lin, Forward braucht auch einen Vertrag für die nächste Saison. Wird Yamaha auch für 2016 Material liefern?
Das können wir momentan nicht beurteilen. Denn es sind so viele Sachen für die Zukunft unklar. Deshalb ist es für uns unmöglich, überhaupt an die Zukunft zu denken. Wir können keinen Kommentar zu unserer Zukunft mit Forward abgeben, denn die Situation ist zu unübersichtlich.
Giovanni Cuzari kam heute aus der Haft. Aber dass er aus dem Gefängnis kam, bedeutet nicht, dass der Fall vorbei ist, denn die Anklagepunkte bleiben alle aufrecht. Die Untersuchungen und Ermittlungen werden weiter geführt.
Bevor dieser Gerichtsfall nicht abgeschlossen ist, können wir in Zusammenhang mit Giovanni Cuzari keinen Kommentar abgeben.
Es fehlt euch bei Forward ein Ansprechpartner, der alle Vollmachten hat?
Ja, das sehe ich auch so. Unser Vertrag ist mit Forward Racing abgeschlossen, diese Firma gehört zu 100 Prozent Cuzari. Unsere grösste Sorge ist, dass alle Zahlungen für diese Saison geleistet werden.
Aber ich bin zuversichtlich, dass wir unser Geld bekommen werden. Es sind bereits 85 Prozent oder mehr bezahlt worden. Alle bis heute fälligen Zahlungen sind geleistet worden.
Unser Vertrag besagt, dass wir Forward mit Motoren, Chassis und Schwingen beliefern. Wir werden diesen Support 2015 bei allen Rennen gewährleisten, bei denen sie antreten. Das ist unser Ziel – bis zum Saisonende.
Aber es existiert bisher kein Vertrag zwischen Forward und Yamaha für 2016? Und ihr könnt damit nicht mehr lange warten?
Das grösste Problem: Es ist alles unsicher, alles unklar. Bevor wir keine Klarheit über die Zukunft von Forward haben, können wir nichts zusagen. Zuerst müssen wir wissen, wie die Zukunft aussehen wird.
Yamaha muss wissen, welche Partei das Team führt. Sollte Giovanni Cuzari Teambesitzer bleiben, müssen wir das Ergebnis des Gerichtsfalls wissen.
Sollte das Team an einen Dritten verkauft werden, müssen wir den neuen Partner und Besitzer kennenlernen samt seinen Plänen. Wir fangen also mit dem neuen Besitzer bei Null an.
Das grösste Problem, das wir haben, ist das Timing für alle Teile. Es mag sich simpel anhören, einfach Teile für ein ein drittes Team zu produzieren und zu liefern. Aber wir müssen auch Teile für das erste und das zweite Team produzieren... Und dann für das dritte Team. Das ist ein komplizierter Vorgang. Vom Zeitplan her stecken wir für das dritte Team jetzt schon in Schwierigkeiten.
Was ist die letzte Frist für einen Vertrag mit Forward, wenn sie Material für 2016 haben wollen?
Das ist schwierig zu sagen. Aber bereits jetzt wird es schwierig, für den Beginn der Saison 2016 Material liefern zu können.
Aber Forward oder das Nachfolge-Team könnten bei den Tests und ersten Rennen mit dem diesjährigen Material fahren?
Das grösste Problem mit so einem Konzept wäre die Standfestigkeit und die Lebensdauer der Motoren, die am Ende der Laufzeit sein werden.
Bevor wir nicht wissen, wie der Plan bei Forward aussieht, können wir nicht planen und nachforschen, welche potenziellen Lösungen vorhanden sein könnten.
Ich würde sagen: Es wird auf jeden Fall schwierig.
Aber der MotoGP-Vertrag von Forward mit der IRTA und Dorna wird wertlos, wenn sie nicht bald einen Hersteller als Partner für 2016 vorweisen können.
Es muss ja nicht verpflichtend Yamaha der Partner sein...
Aber Aprilia würde sich zum Beispiel aus denselben Gründen wie Yamaha abwartend verhalten. Auch Honda. Und Suzuki will kein zweites Team.
Hm. Sicher. Der kostbarste Firmenwert von Forward sind die beiden MotoGP-Plätze, die für 2016 automatisch erhalten bleiben, wenn sie die Saison 2015 durchstehen.
Aber Forward darf nur zwei Rennen verpassen, auf eines haben sie schon verzichtet.
Ja, sie müssen teilnehmen. IRTA und Dorna haben ihnen erlaubt, bei zwei Rennen zu fehlen, da haben sie eine besondere Freistellung bekommen. Wenn sie jetzt nur noch einmal fehlen, bleiben ihnen die beiden Plätze für die nächste Saison erhalten.
Aber natürlich brauchen sie dazu konkurrenzfähiges Material.
Momentan muss man anerkennend sagen, dass Marco Curioni sein Bestes gibt, um die Show am Laufen zu halten – unter sehr schwierigen Umständen.