Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Wirbel um Ferrari: Stallorder, von Pirelli bevorzugt?

Von Mathias Brunner
​Hat Ferrari in Monaco einen potenziellen Sieg von Kimi Räikkönen zu Gunsten der WM-Chancen von Sebastian Vettel geopfert? Und baut Pirelli für Ferrari besondere Reifen? Zwei Fragen, zwei Antworten.

Es war unmittelbar nach dem Monaco-GP die heisseste Frage im Fahrerlager: Hat Ferrari in Monaco einen potenziellen Sieg von Kimi Räikkönen zu Gunsten der WM-Chancen von Sebastian Vettel geopfert?

Niemand kann von der Hand weisen, dass die Reifenwechsel-Strategie von Ferrari Vettel in die Hände gespielt hat. Als der führende Räikkönen hereingeholt wurde, erhielt der Heppenheimer freie Fahrt. Seine sensationell schnellen Runden daraufhin reichten, um nach dem eigenen Stopp in Führung zu sein.

Kimi, so argumentiert Ferrari, wurde hereingeholt, um eine potenzielle Bedrohung durch den drittplatzierten Valtter Bottas zu verringern. Sie reagierten auf den Stopp des Mercedes-Finnen.

Aber Ferrari musste klar sein, dass Kimi danach im Verkehr hängen bleiben würde. Das, zusammen mit den erwähnten, schnellen Runden von Vettel, reichte, um die Führung zu verlieren. Das Gesicht von Kimi im Ziel sagte alles.

Also nochmals: Stallorder bei Ferrari, ja oder nein? Teamchef Maurizio Arrivabene sagte nach dem Rennen klipp und klar: «Wir geben keine Stallorder und basta.»

Der Italiener betont aber: «Vettel ist auf gebrauchten Reifen unglaublich schnell gewesen, er hatte auch ein unglaubliches Auto.»

Wer in Monte Carlo Ferrari unterstellt, das Ergebnis beeinflusst zu haben, vergisst: Vettel war der schnellere Mann, Räikkönen konnte nicht mithalten. In Sachen Markenwertung spielt es keine Rolle, wer vor dem anderen ins Ziel kommt. In Sachen Fahrerwertung durchaus. Natürlich war Vettel vor Räikkönen insofern das bessere Ergebnis, aber keiner kann behaupten, Sebastian sei der Sieg geschenkt worden.

Arrivabene weiter: «Kimi fährt nicht für Ferrari, um einfach zu guten Ergebnissen beizutragen. Klar will er Rennen gewinnen. Beide sind fabelhaft gefahren. Aber nochmals – Ferrari gibt keine Stallorder, die Fahrer dürfen frei fahren.»

Zweites heisses Gerücht in Monte Carlo: Es ist nicht nur glasklar, welch vorzügliches Rennauto Ferrari 2017 gebaut hat. Vettel und Räikkönen fällt es offensichtlich auch leichter, die Reifen im besten Wirkungsfenster zu halten, als den Piloten von Mercedes. Lewis Hamilton hatte nach Sotschi nun zum zweiten Mal ein Wochenende, an welchem er Fahrzeug und Reifen nicht in Einklang bringen konnte.

Das führt zur Unterstellung: Sind die Pirelli-Reifen dieser Saison auf Ferrari massgeschneidert worden?

Mercedes-Teamchef Toto Wolff wiegelt ab: «Ferrari schafft es besser als wir, die Walzen optimal zum Arbeiten zu bringen. Wenn sie das können, müssen wir das auch können.»

Was sagt Pirelli zum Gerücht einer möglichen Bevorzugung von Ferrari? Firmenchef Marco Tronchetti Provera im Radioprogramm von GR Parlamento: «Es ist sehr einfach – die Reifen sind für alle gleich. Mercedes hat grosse Erfolge gefeiert, derzeit spüren sie ein wenig Gegenwind. Aber ich bin überzeugt davon, dass die bald wieder vorne mitfahren. Der Grund für die guten Leistungen von Ferrari ist schlicht, dass dieses Team ein hervorragendes Auto gebaut hat. Vielleicht hat dieser Fortschritt einige Leute überrascht. Wir sollten diese Leistung anerkennen.»

Den Nachsatz muss Provera gar nicht aussprechen, er hängt auch so in der Luft: Und nicht unterstellen, sie würden eine Sonderbehandlung erhalten.

Pirelli wird als Alleinausrüster ohnehin Formel-1-Weltmeister. Die Reifen werden vor Ort ausgelost, können also nicht gezielt zugeteilt werden. Die Daten bei der Entwicklung der 2017er Reifen lagen allen Rennställen offen. Die Unterstellung, Ferrari werde bevorzugt, hält einer genauen Betrachtung einfach nicht stand.

Was aber nicht von der Hand zu weisen ist: Sebastian Vettel hat immer als Erster die Hand hochgehalten, wenn es darum ging, sich freiwillig für Reifentests zu melden.

Und Provera sagt denn auch: «Sebastian Vettel hat unheimlich seriös gearbeitet, was die Entwicklung der 2017er Reifen angeht, er hat sich uns ständig zur Verfügung gestellt, andere waren nicht so oft verfügbar.»

Durch die Blume bestätigt Provera, was der frühere Ferrari-Werkspilot Stefan Johansson schon vorher wusste: «Ich habe im Spätsommer 2016 vorhergesagt – ich wette darauf, dass es von Vorteil sein wird, wie sich Sebastian Vettel in die Testarbeit mit Pirelli reinhängt. Er war der einzige Top-Fahrer, der sich in dieser Weise engagiert hat. Ich war überzeugt davon, das wird sich für Vettel und damit für Ferrari auszahlen, und genau danach sieht es nun aus.»

«Es fällt mir schwer zu verstehen, wieso sich die anderen Piloten diese Gelegenheit entgehen liessen. Wenn es eine simple Abkürzung zur besseren Rundenzeit gibt, dann über die Reifen. Je mehr Verständnis du im Umgang mit den Pirelli-Walzen gewinnen kannst, desto besser. Es wird noch vorteilhafter, wenn du wie Vettel sogar Einfluss auf die Entwicklung hast.»

«Ich kann es nicht genug betonen: Das war einer der Gründe für die Dominanz von Michael Schumacher mit Ferrari. Michael fuhr Tag und Nacht mit den Bridgestone-Reifen herum, und am Ende kam ein japanisches Produkt heraus, das auf ihn massgeschneidert war. Viele andere Piloten hatten ihre liebe Mühe, die Walzen zum Arbeiten zu bringen, aber zu Schumi haben sie perfekt gepasst.»

«Klar hat jede Reifenfirma die eigene Philosophie, wie sie Rennreifen bauen. Aber wenn du als Pilot einen Einfluss nehmen kannst, dann kann das einen enormen Unterschied erzeugen. Mehr Erfahrung mit diesen Walzen, das bedeutet, dass du mit mehr Vertrauen in die Kurven stechen, ein ganz klein wenig härter fahren kannst als deine Rivalen. Die Unterschiede mögen gering sein, aber in der modernen Formel 1 machen Nuancen aus, ob ein Team gewinnt oder verliert. Ich finde das alles prima für Vettel und eine Schande für alle anderen, die da weniger zum Schuften gewillt waren.»

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