Jarno Trulli zu Ferrari: Kimi warf Vettel die Tür zu
Jarno Trulli
Der Unmut ist gross in Italien: Zwei Ferrari in der ersten Startreihe, aber kein Ferrari als Sieger des Traditions-GP von Monza, das ist schwerer zu verdauen als ein Tiramisu, das zu lange an der Sonne gestanden hat. Die meisten Fachleute meinen zu Sebastian Vettels Berührung mit Lewis Hamilton: bedauerlich, aber selber schuld. Doch so einfach ist das alles nicht, wie auch Jarno Trulli betont, der in der Formel 1 zwischen 1997 und 2011 insgesamt 252 Grands Prix bestritten hat.
Auch der 44jährige Italiener war perplex, als er miterlebte, wie sich die erste Runde des Grossen Preises von Italien entwickelte. Der Monaco-GP-Sieger von 2004 sagt in der Sendung «Tutti Convoacati» von Radio24: «Gleich nach dem Start hätte sich Vettel an die Innenseite platzieren müssen, so hätte sich als Ferrari-D-Zug aus Sebastian und Kimi eingereiht.»
«Stattdessen hat Kimi den Team-Leader hinter sich gehalten und Vettel beim Anbremsen der zweiten Schikane auf eine ungünstige Linie gedrängt. Hamilton hat später gesagt, er sei davon überrascht gewesen. Das glaube ich wohl. Der Engländer hatte wohl damit gerechnet, dass Ferrari strategisch vorgehen würde, aber davon habe ich nichts erkennen können.»
Der WM-Sechste von 2004 weiter: «Es gehört zum Rennsport, dass es Grands Prix gibt, in welchen du die richtigen Entscheidungen triffst, und dann gibt es WM-Läufe, in welchen du falsch handelst. Aber Vettel hat das beste Auto, und er hat nun mehr als einmal die falsche Entscheidung getroffen.»
«Klar ist der Start in Monza knifflig, die Anfahrt zur ersten Kurve ist lang, und du kannst nicht alle Eventualitäten durchspielen. Aber es hätte für diese Situation doch eine strategisch klügere Vorgehensweise geben müssen!»
«Der Patzer von Hockenheim ging klar auf die Kappe von Vettel. Die weiteren Fehler wie in Baku oder Frankreich gehören ins Kapitel „kann vorkommen“. Das Problem ist: Im WM-Kampf gegen Lewis Hamilton kannst du dir keine Fehler erlauben.»
«Alle sagen immer, wie toll der Ferrari sei, seit Anfang Sommer das beste Auto und das alles. Das mag ja sein, aber wir erleben Mercedes-Boliden, die im Rennen wirklich stark sind. Die Rennwagen von Ferrari und Mercedes liegen für mich absolut auf Augenhöhe, und die Top-Piloten bewegen sich am Limit – in diesem Bereich ist es sehr leicht, einen Fehler zu machen.»