Sebastian Vettel: Wieso der WM-Titel verpatzt wird
Sebastian Vettel in Texas
Vielleicht ist das typisch für Ferrari in der zweiten Saisonhälfte: Kurz vor der Medienrunde mit Sebastian Vettel weiss keiner, wo das Gespräch stattfinden wird. Draussen? Drinnen? Die Journalisten irren herum. Die Ferrari-Teammitglieder schauen irritiert. Eine Mitarbeiterin bringt eine Platte Leckereien, denn an sich ist fürs Mittagessen aufgedeckt – für das Team, nicht für die Journalisten. Das ist okay, wir haben ohnehin mehr Appetit auf ein paar Wortspenden von Sebastian Vettel. Wir sind nicht wegen des Essens bei Ferrari nach Texas geflogen.
Die Mechaniker schleppen eine Markise heran, das ist nett, finde ich, die Journalisten sollen wohl doch nicht mit TV-Kameras und Aufnahmegeräten im Regen stehen müssen. Aber mamma mia – der Schutz ist für die Reifen gedacht! Dutzende von Berichterstattern drängeln sich dann vor einer sponsorengeschmückten Wand, wo sich Vettel im Regen den Fragen stellt. Das passt alles zusammen. Ein wenig desorganisiert, nicht übertrieben effizient, Ferrari steht im Regen. Wer in der dritten Reihe die Ohren spitzt, hört leider nichts. Stimme aus der vierten Reihe: «Typische Arroganz von Ferrari.» Der Mann verlässt die Szene kopfschüttelnd. «Ich bin zu alt für so etwas.»
Wir harren noch ein wenig aus (in der Hoffnung, dass der Regen unser Aufnahmegerät nicht lahmlegt) und hören von Sebastian Vettel: «Es liegt an uns zu verhindern, dass Lewis Hamilton Weltmeister wird. Das schaffen wir nur, wenn wir vorne liegen. Darauf konzentrieren wir uns. Wir müssen alles perfekt auf die Reihe bekommen, um zu gewinnen.»
Lewis Hamilton hat behauptet: Mercedes habe deshalb in der zweiten Saisonhälfte die Nase vorne, weil sein Team effizienter gearbeitet worden sei. Seb meint: «Ich kann nicht sagen, wie bei Mercedes gearbeitet wird. Wir müssen uns auf unsere Sache konzentrieren. Wenn wir die WM-Situation anschauen, dann liegt Mercedes vorne. Also wäre es nicht falsch zu sagen, dass sie mehr richtiggemacht haben als wir. Wir konzentrieren uns aufs Rennwochenende.»
«Die Ergebnisse waren nicht so gut, wie wir es uns gewünscht hätten. Aber es ist nicht leicht, von aussen immer alles zu verstehen, was in einem Rennstall passiert. Wir hatten Schwierigkeiten. In den letzten Wochen ist uns der Speed verloren gegangen, das ist der Grund, wieso wir nicht dagegenhalten kommen. Die letzten Wochen waren nicht gut für uns, vor allem was die Punkte angeht.»
«Der WM-Ausgang liegt nicht mehr komplett in unserer Hand. Wir müssen uns darauf fokussieren, was in unserer Hand liegt. Es ist schwer genug, die kommenden vier Rennen perfekt zu absolvieren, also im Idealfall alle zu gewinnen. Selbst dann weiss jeder, dass es nicht nur an uns liegt.»
Noch einmal: Was ist schiefgelaufen? «Wir könnten jetzt nach Ausreden suchen. Mir selber sind Fehler passiert. Aber unterm Strich waren wir einfach nicht schnell genug. Wir haben es in den letzten Rennen verpasst, die entsprechenden Fortschritte zu machen. Wir müssen verstehen, wieso das so war. Der mangelnde Speed war einer der Gründe, warum wir vielleicht mehr Risiken eingehen mussten, und auch dabei ist nicht alles reibungslos verlaufen. Wenn du nicht schnell genug bist, tust du dich eben schwer.»