Fernando Alonso über Michael Schumacher: Der Grösste
Drei WM-Titel wie sein Idol Ayrton Senna – so wollte Fernando Alonso in Formel-1-Rente gehen. Daraus ist nichts geworden: In einer Mischung aus falschen Entscheidungen und Rennpech rann ihm ein Titel nach dem anderen durch die Finger. Dabei könnte Alonso heute leicht fünffacher Champion sein, nur übertroffen vom grossen Michael Schumacher (sieben WM-Titel), auf Augenhöhe mit Lewis Hamilton. Doch 2007 liess der damalige McLaren-Teamchef Ron Dennis Neuverpflichtung Alonso und den jungen Hamilton so lange gegeneinander kämpfen, bis beim WM-Finale von Brasilien Kimi Räikkönen (Ferrari) den Titel abstaubte.
Während seiner fünf Jahre bei Ferrari schrammte Alonso zwei Mal knapp am Titel vorbei, 2010 und 2012. Mit etwas Glück hätte er dort die Titel 4 und 5 geholt. Unglaublich: Nur ein Punkt Rückstand auf den Weltmeister 2007, nur vier Punkte fehlten 2010, nur drei im Jahre 2012 – knapp zehn Punkte in diesen drei Saisons hätten also zu drei Titeln gereicht! Aber auch für Alonso gilt: Mit Hätte, Wenn und Aber gewinnt keiner.
Von allen Gegnern war Michael Schumacher für Fernando Alonso der grösste: «Er war ein harter Wettbewerber. Das ist das Erste, was mir bei ihm in den Sinn kommt. Er war überaus schnell, bisweilen einschüchternd. Wenn sich 2006 die Bridgestone-Reifen am Ferrari bewährten, war er nicht zu schlagen. Wenn aber unsere Michelin besser waren, dann musste trotzdem ständig mit ihm gerechnet werden. Er war für mich der einzige Fahrer, der aus jedem Rennen bessere Ergebnisse schöpfte als das mit seinem Auto eigentlich möglich war.»
Etwas, das wir auch von Fernando Alonso behaupten könnten ...
Fernando weiter: «Ich hüte einen Helm von Michael wie einen Schatz, denn Schumacher war ohne jeden Zweifel der grösste Gegner, gegen den ich je gefahren bin. Er war für mich immer ein leuchtendes Vorbild. Es wäre faszinierend gewesen herauszufinden, was passiert wäre, hätten wir das gleiche Material gehabt. Ein unglaublicher Rennfahrer, unfassbar konkurrenzfähig.»
Wie sollen sich die Leute an Fernando erinnern? Alonso antwortet: «Ich wollte immer in den Spiegel sehen und sagen können – ich habe alles versucht. Ich wollte mir treu bleiben. Ich wollte gegen andere Fahrer und alle Widrigkeiten kämpfen. Mein Erbe, das ist die Arbeit auf der Kartstrecke. Ich will etwas für die nächste Generation machen und mein Wissen weitergeben. Junge Kartfahrer sollen Chancen haben, die ich nicht hatte.»
Auf die Frage nach der schönsten Erinnerung meint der Spanier: «Es ist nicht ein Rennen oder eine bestimmte Erinnerung. Es sind die Menschen, die für mich immer im Mittelpunkt standen. Ich bin jetzt 37, ich habe mein halbes Leben in der Formel 1 verbracht. Ich habe hier unglaubliche Menschen kennengelernt, alle wundervolle Spezialisten ihres Fachs – Fahrer, Mechaniker, Techniker, Journalisten. Uns verbindet eine Menge. Die Formel 1 ist wirklich die Königsklasse. Erst wenn du in anderen Kategorien fährst, dann merkst du, welche Philosophie hier herrscht, diese Disziplin, diese Perfektion. Auf diesem Niveau mit solch wunderbaren Menschen zu arbeiten, das sticht für mich heraus. Und ich weiss, ich werde das Gefühl vermissen, ein Formel-1-Auto zu fahren, dieses Gefühl ist unvergleichlich.»
Ein Kollege hakt nach: Welches Rennen war sein bestes? «Ich würde sagen, Valencia 2012. Wenn ich dieses Rennen noch 99 Mal fahren würde, dann würde ich es nicht schaffen, es nochmals zu gewinnen. Damals hat einfach alles gestimmt – Strategie, Überholmanöver, alles war perfekt. Unser Auto hätte nicht gewinnen dürfen, denn wir waren nicht mal in der dritten Quali. Es war unfassbar.»
Für viele Fachleute ist Fernando Alonso der kompletteste Rennfahrer der Gegenwart. Beim WM-Finale von Abu Dhabi 2018 sagte Fernando Alonso über Michael Schumacher: «Er war mein wertvollster Gegner, und ich sage das mit Emotion, nicht mit Vernunft. Michael war der Fahrer, der damals alles gewonnen hat, und auf einmal stehst du im gleichen Feld, kurz darauf hast du die Möglichkeit, Rad an Rad mit ihm zu fahren und ihn sogar zu schlagen. Das hat mich sehr bewegt. Ich vermisse die Zweikämpfe mit ihm.»