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Ferrari mit Mattia Binotto als Teamchef: Ein Fehler?

Von Mathias Brunner
​Gary Anderson, Ex-Technikchef von Jordan, Stewart Grand Prix und Jaguar, geht mit Ferrari ins Gericht: «Den Techniker Mattia Binotto auf Maurizio Arrivabenes Posten des Teamchefs zu setzen, das ist ein Fehler.»

Was ich am Nordiren Gary Anderson immer überaus schätze: Er kann dank seiner reichen Erfahrung Zusammenhänge so erklären, dass die komplexe Formel-1-Technik für unsere Leser zugänglich wurde. Ich habe jahrelang an seiner Seite über jüngste Entwicklungen diskutiert, und dabei fiel mir seine zweite Stärke auf: Der Kerl nimmt kein Blatt vor den Mund. Wenn etwas Mist war, dann hat er es auch Mist genannt und nichts in Verbalwatte verpackt. Das fand ich vor dem Hintergrund schwer verdaulicher politischer Korrektheit immer erfrischend.

Früher war Gary Anderson technischer Leiter bei Jordan, Stewart Grand Prix oder Jaguar. Heute ist der 67jährige Nordire nicht mehr so häufig an der Rennstrecke zu treffen, aber seine Meinung ist noch immer sehr gefragt, und wie gewohnt lassen es seine Antworten nicht an Pfeffer fehlen. Auf der Interview-Bühne von «Autosport International» in Birmingham sagt Anderson klipp und klar: «Ferrari macht einen Fehler, den Techniker Mattia Binotto auf den Posten des Teamchefs zu berufen.»

Anderson erklärt seine knackige Aussage so: «Binotto hat als Manager der Technikabteilung hervorragende Arbeit geleistet. Das ist seine Stärke, und genau aus diesem Grund sollte er weiterhin so arbeiten. Das ist ein Vollzeit-Job, sieben Tage die Woche. So etwas kann man nicht nebenher machen.»

«Wenn Binotto jetzt auch noch Teamchef ist, dann wird das seine Anstrengungen auf technischer Seite ohne jeden Zweifel verwässern. Und deshalb behaupte ich – das ist die falsche Entscheidung. Sie hätten statt Arrivabene einen anderen Mann bringen müssen.»

Ferrari hat sich bislang nicht dazu geäussert, wie das Organigramm nach der Beförderung von Mattia Binotto umgekrempelt wird. Es ist davon die Rede, dass Aerodynamik-Chef Enrico Cardile mehr anpacken muss und Motoren-Chef Corrado Iotti ebenfalls. Aber ob das der richtige Weg ist? Gary Anderson bezweifelt das. Er sagt weiter: «Pardon, aber ich sehe einfach nicht ein, wieso dem besten Techniker eine Management-Rolle übertragen wird, eine Aufgabe, die sehr viel politisches Geschick erfordert, was möglicherweise nicht seine Stärke ist. Wieso um alles in der Welt macht Ferrari so etwas?»

Arrivabene wird unterstellt, eine Firmenkultur gefördert zu haben, in welcher die Leute sich nach Fehlern gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. Ob dem wirklich so war, lassen wir hier mal offen. Gary Anderson sagt zu diesem Thema allgemein: «Ein Klima der Schuldzuweisung ist immer schlecht. Aber irgend jemand ist nun mal verantwortlich. In einem Rennstall muss sichergestellt werden, warum etwas schiefgelaufen ist und dass dies nicht mehr vorkommt. Das ist wichtig, nicht mit dem Finger zeigen.»

Anderson denkt auch über 2019 hinaus. Er gibt zu bedenken: «Was wird bei Ferrari passieren, wenn Red Bull Racing Fortschritte macht und die Italiener die kommende WM nur als Dritter abschliessen? Das kann sehr wohl passieren. Es würde mich nicht wundern, wenn dann der Kopf von Binotto rollen wird. Am Ende könnten sie ihn ganz verlieren. Und dies nur, weil sie ihn in eine Rolle gedrängt haben, in welcher er überhaupt nicht sein sollte.»

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