Lewis Hamilton: «Vergleich mit Senna macht demütig»
In Kanada 2017 erlebte Hamilton einen überaus emotionalen Moment: Die Familie Senna hatte für den Briten einen Helm von Ayrton organisiert für jenen Moment, wenn der Engländer die Pole-Position-Bestmarke von Senna erreicht. Eine Helm-Replika wurde dem komplett baffen Briten in Montreal überreicht, nachdem die 65. Pole erreicht war (der echte Helm wurde später geliefert).
Lewis brauchte damals in Nordamerika einige Momente, bis er seine Sprache wiederfand: «Ayrton Senna ist für mich bis heute eine Inspiration, ich kann der Familie Senna nicht genug danken für diese tolle Geste.» Anschliessend gab er den Helm nicht mehr aus der Hand. «Ich weiss noch, wie ich als Junge nach Hause eilte, um ein weiteres Abschlusstraining von Senna auf Video zu sehen. Einmal sagte ich: Wenn ich in die Formel 1 komme, dann will ich so viele Poles wie Ayrton erreichen.» Inzwischen steht der Engländer bei 84 Poles.
Wie wichtig Senna für Hamilton ist, verriet der Brite auch nach dem Singapur-GP 2017. «Das war für uns alle eine massive Herausforderung. Ich hätte es leicht wegwerfen können», sagte Hamilton. Wie sein WM-Rivale Sebastian Vettel durch den desaströsen Start-Crash zum Beispiel. «Aber von Zeit zu Zeit kommt mir Senna in den Sinn. Sein Monaco-GP, als er in Führung lag und in die Mauer fuhr. Daran erinnere ich mich und daran, genau das nicht zu tun. Es, als ob er zu mir sagt: ‘Bleibt fokussiert, behalte alles im Griff’», so Hamilton.
Hamilton fuhr deshalb zu Beginn seiner Karriere mit einem weitgehend gelben Helm, weil Senna eine ähnliche Grundfarbe hatte.
Vor kurzem hat der langjährige GP-Pilot und Senna-Stallgefährte Gerhard Berger festgehalten: «Immer wieder wollen Menschen wissen, wie ich einen bestimmten Fahrer an Senna messen würde. Und meine Antwort war immer die Gleiche. ‘Keiner kommt an Senna heran.’ Aber in den letzten Jahren hat sich das ein wenig geändert. Lewis Hamilton ist der Einzige, an den Brasilianer heranreicht. Lewis ist wirklich herausragend schnell. Er macht weniger Fehler als seine Gegner. Was mich aber noch mehr beeindruckt – bei einem solchen Siegfahrer durch und durch würde ich erwarten, dass er sich sagt: ‘Gut, im Moment bin ich hier Zweiter, jetzt greife ich an, entweder gewinne ich oder dann kracht es eben!’ Aber das tut er nicht. Er wartet klug ab, und wenn ein Sieg halt nicht drin liegt, dann wird er Zweiter und punktet üppig. Das macht ihn so stark.»
«Die Grundlage für die vielen Titel von Mercedes-Benz waren der bärenstarke Motor und der tolle Fahrer. Egal ob auf nasser Bahn, auf einer schnellen Strecke oder auf einem langsamen Kurs, ob auf einer klassischen Piste wie Spa-Francorchamps oder Monza oder auf einem neuen Kurs wie Baku, egal ob im Qualifying oder im Rennen, Lewis ist immer da. Klar können die Leute sagen, er sitze ja auch in einem tollen Auto mit dem besten Motor, aber der Punkt ist – er selber ist eben auch der Beste. Nur auf diese Weise konnte ein Fahrer all diese Rennen und letztlich fünf WM-Titel gewinnen.»
In Baku hat Lewis Hamilton auf die Worte von Berger reagiert: «Ich kann Gerhard gut leiden. Von seinem Vergleich habe ich aber erst hier in Aserbaidschan gehört. Gerhard fuhr nicht nur an der Seite von Ayrton, die beiden waren auch befreundet. Wenn Berger also so etwas sagt, dann bedeutet mir das sehr viel. Im gleichen Atemzug wie Senna genannt zu werden, das macht mich sehr demütig.»
«Für mich ragt Senna aus allen heraus, er fuhr auf einem ganz anderen Niveau, und als Rennfahrer versuchst du natürlich, auf solch ein Niveau zu kommen. Wofür er sich einsetzte, welche Werte er vertrat, was er mit einem Rennwagen anstellen konnte – das hat ihn für mich so faszinierend gemacht. Als Kind ist mir zunächst einfach sein Auto aufgefallen, ich fand seinen Fahrstil inspirierend, er war für mich ein Held, und daran hat sich bis heute nichts geändert.»