Renault im Visier: Kommt nun der WM-Ausschluss?
Daniel Ricciardo in Suzuka
Der Protest in Suzuka kam aus heiterem Himmel: Der Rennstall Racing Point (vormals Force India) hat beim Autoverband FIA die Legalität des Formel-1-Renault in Frage gestellt. Racing Point wirft den Franzosen vor, gegen das Technik- und Sportgesetz verstossen zu haben. Es geht um die angebliche Verwendung einer voreingestellten Bremskraftverteilung. Der Vorwurf bedeutet nichts weniger, als dass die Franzosen ein illegales Auto einsetzen würden.
Die drei wichtigsten Fragen nun: Stimmt das? Und falls ja, waren die Franzosen damit nur in Japan auf der Strecke? Oder ist dieses System schon zuvor zum Einsatz gekommen? Von diesen drei Fragen hängt das allfällige Strafmass ab.
Der Fall wird vom Autoverband FIA als so gravierend eingestuft, dass darüber nach ersten Anhörungen nicht am Sonntagabend in Japan geurteilt wurde, sondern die Angelegenheit gegenwärtig in aller Ruhe und Gründlichkeit untersucht wird.
Die Rennkommissare in Suzuka: «Die FIA-Techniker sind angewiesen worden, elektronische Steuereinheiten sowie die Lenkräder der Fahrzeuge 3 (Ricciardo) und 27 (Hülkenberg) zu beschlagnahmen und zu versiegeln, um diese Teile gründlich zu erforschen. Die Untersuchung wird sich nicht nur auf die Hardware beschränken, auch Software und Daten werden unter die Lupe genommen. Sodann werden die technischen Delegierten der FIA einen detaillierten Bericht verfassen, mit einer Einschätzung, ob es sich hier potenziell um einen Regelverstoss handelt.»
Renault teilt zu den Vorgängen mit: «Wir haben den Protest von Racing Point in Sachen Bremskraftverteilung zur Kenntnis genommen. Aufgrund der Komplexität des zwölfseitigen Dossiers, das Racing Point dazu vorbereitet hatte, wird die Angelegenheit später vertieft. Renault wird die Zeit bis dahin nutzen, eine ebenso umfangreiche Verteidigung vorzubereiten.»
Die FIA wollte nicht im Detail darauf eingehen, wie dieses Dossier von Racing Point aussieht. In Artikel 11.1.3 des technischen Reglements ist zu lesen, dass «jedes automatisierte System verboten ist, welches Konfiguration und Leistungsfähigkeit des Bremssystems verändert». Betroffen ist hier auch Artikel 27.1 aus dem Sportgesetz, wonach «der Fahrer ohne fremde Hilfe sein Auto bewegen muss».
Anders gesagt: Bremskraftverteilung ja, aber sie muss vom Piloten selber justiert werden. Ein System, welches die Verteilung selber einstellt, indem GPS-Daten gemessen werden, um den Zeitpunkt der Einstellung zu definieren und die Bremse selbstständig nachzuregeln, das hingegen wäre nicht gestattet.
Für Renault gilt die Unschuldsvermutung.
Sollte den Franzosen für den WM-Lauf von Japan ein unerlaubtes System nachgewiesen werden können, würden sie die Ränge 6 (Daniel Ricciardo) und 10 (Nico Hülkenberg) verlieren. Kompliziert wird es, wenn der Beweis erbracht würde, dass Renault schon zuvor mit illegalem Auto gefahren ist. Von einem Punkteabzug, einer Geldbusse bis hin zum WM-Ausschluss ist die Bandbreite des Strafmasses beträchtlich.
Formel-1-Sportchef Ross Brawn meint zum Fall Renault: «Es war richtig, die Entscheidung über ein so kompliziertes Thema nicht in Japan zu fällen, sondern zu verschieben. Ein solcher Fall erfordert eine umfangreiche Untersuchung. Nun schwebt ein Fragezeichen über einem schönen Rennresultat, das nach schlechtem Trainingsergebnis kam; es war, als hätte ein Durstiger in der Wüste Wasser gefunden. Dies für einen Rennstall, der gemessen am vergangenen Jahr nicht den erwarteten Fortschritte nicht geschafft hat und von seinem Kunden McLaren geschlagen wird.»
Die FIA hat angekündigt, zu gegebener Zeit über den Stand der Ermittlung zu informieren.